Dortmund. Borussia Dortmund führt nach der Hinrunde die Liga souverän an. Dennoch verbieten die Verantwortlichen sich noch Träumereien.

Während seine Spieler noch ratlos schauen, setzt sich Lucien Favre blitzschnell in Bewegung. Mit einem behänden Sprung überwindet der 61-Jährige das Gepäckband, um einen heruntergefallenen Koffer zu bergen. Doch weil sein deutlich jüngerer Assistent Edin Terzic (36) noch etwas flinker ist, muss der Trainer von Borussia Dortmund nicht mehr eingreifen. So oder so: Das Problem ist gelöst.

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Lösungen finden – darum ging es für Borussia Dortmund in den Tagen vor dem Rückrundenstart bei RB Leipzig am Samstag (18.30 Uhr/Sky). Denn die Entwicklung der Hinrunde hatte den Borussen zunehmend Sorgen gemacht: „Am Anfang der Saison waren die Spiele torreicher und vielleicht einfacher“, erklärte Mittelfeld-Kämpfer Thomas Delaney. „Jetzt stehen viele Mannschaften ganz tief und wir müssen lernen, damit umzugehen, einen Schlüssel zu finden.“

Im neuntägigen Trainingslager in Marbella wurde vor allem daran gefeilt: Immer wieder ließ Favre seine Profis auf engstem Raum agieren und nach Lösungen suchen, um sich gegen viele Abwehrbeine durchzukombinieren. Eins-gegen-eins-Duelle ließ er ebenso trainieren wie Vier-gegen-vier-Situationen, und gegen Ende der Vorbereitung stand dann die Spielauslösung auf dem Programm: Favre und die Spieler erarbeiteten komplexe Spielzüge und Passmuster, mit denen es sich vom eigenen bis vor das gegnerische Tor kommen lässt.

Das Thema Konterabsicherung dagegen blieb erst einmal unbearbeitet. Gegen Ende der Hinrunde hatten die Dortmunder etwa beim 1:2 gegen Fortuna Düsseldorf Probleme offenbart, wenn der Gegner nach Ballverlusten blitzschnell ihr Tor attackiert. „Das stimmt, wir könnten daran arbeiten“, meinte Marcel Schmelzer. „Aber wir hatten noch andere Sachen, an denen wir gezielt gearbeitet oder die wir besprochen haben.“

Das Feilen an der Defensive wäre auch nur unter erschwerten Bedingungen möglich gewesen: Manuel Akanji verpasste wegen Hüftproblemen das komplette Trainingslager, der Ausfall des Abwehrchefs trifft den BVB schwer. In Abdou Diallo konnte ein weiterer Innenverteidiger erst gegen Ende des Trainingslagers ins Mannschaftstraining einsteigen, Dan-Axel Zagadou sogar erst zu Beginn dieser Woche. Zum Rückrundenstart dürfte neben Ömer Toprak, der einzig verbliebenen Fachkraft im Zentrum, erneut Mittelfeldspieler Julian Weigl aushelfen.

BVB: Intensive Trainingsarbeit

„Das war natürlich ein Problem, dass immer wieder Spieler aussetzen mussten“, sagte Sportdirektor Michael Zorc. Denn auch Torjäger Paco Alcácer konnte über weite Teile der Vorbereitung nur ein individuelles Programm absolvieren, Kapitän Marco Reus fehlte lange wegen Magenproblemen.

Beobachter wie Nationalmannschafts-Co-Trainer Marcus Sorg und Henrik Pedersen, einst Assistent unter Jens Keller bei Union Berlin, waren dennoch beeindruckt von der Intensität, mit der die Dortmunder zu Werke gingen – und von den Fähigkeiten der Spieler ohnehin. Die Testspiele wurden allesamt gewonnen, gegen den Ligakonkurrenten Fortuna Düsseldorf (3:2) ebenso wie gegen die niederländischen Erstligisten Willem II Tilburg (3:2) und Feyenoord Rotterdam (2:1).

Sportdirektor Michael Zorc hielt es dennoch für nötig, eine Mahnung auszusprechen: „Die Gier im positiven Sinne, die Gier auf Erfolg, müssen wir uns weiter erhalten“, forderte er im Gespräch mit dieser Zeitung. „Aktuell ist es so: Du guckst auf die Tabelle, Weihnachten kommt, dann Neujahr, du bist im Urlaub und viele klopfen dir auf die Schultern. Wir müssen die Zügel jetzt wieder anziehen.“

Es gilt, die Sinne zu schärfen, denn sie spüren in Dortmund, dass Großes möglich ist in dieser Saison: Sechs Punkte Vorsprung auf Bayern München, da wollen sie die Tabellenführung natürlich bis zum letzten Spieltag ins Ziel retten. Nur sagen möchten sie das noch nicht so wirklich: „Für Träumereien bekommen wir keinen Sieg, keinen Punkt, nicht mal einen Einwurf“, gibt Zorc vor.