Marbella. Roman Bürki legt seine Karriere in der Schweizer Nationalmannschaft auf Eis. Er konzentriert sich auf den BVB. Dort ist er Leistungsträger.
Um 17.17 Uhr am Sonntag betrat dann auch Roman Bürki erstmals den Platz am Dama de Noche Training Center von Marbella. Bis dahin hatten Oberschenkelprobleme den Torhüter von Borussia Dortmund gebremst, nun konnte er immerhin schon wieder einige leichte torwartspezifische Übungen machen: Bälle fangen, Bälle annehmen, abrollen. Für den BVB war das eine gute Nachricht: Bürki liegt voll im Plan, der vorsieht, dass er zum Rückrundenstart bei RB Leipzig am 19. Januar einsatzfähig ist. Und auf ihren Torhüter würden die Dortmunder ungern verzichten, der 28-Jährige ist in der Hinrunde zum absoluten Leistungsträger geworden.
BVB-Torwart Bürki ist im Nationalteam nur die Nummer zwei
Das bringt Selbstbewusstsein, das ist auch zu spüren, als er am Sonntagnachmittag auf der Terrasse des Mannschaftshotels Gran Melia Don Pepe zum Gespräch erscheint. Bürki weiß um seine Fähigkeiten und bringt das auch klar zum Ausdruck – etwa wenn es darum geht, dass er vorerst nicht mehr für die Schweizer Nationalmannschaft spielen wird. Um den Körper zu schonen, einerseits. Aber auch, weil er sich für zu gut hält, um nur der Bank zu sitzen und dem Gladbacher Yann Sommer beim Spielen zuzugucken: „Neun Länderspiele in sechs Jahren sind sehr wenig für einen Torhüter, der bei einem Klub wie Borussia Dortmund spielt, der zu den europäischen Topklubs gehört“, findet Bürki.
Auch interessant
Worte, die er in der Hinrunde mit Taten untermauerte: Nur einmal pro Spiel musste der Torhüter in der Bundesliga im Schnitt hinter sich greifen, in der Champions League blieb er ganz ohne Gegentreffer. In vielen Partien konnte er sich durch starke Paraden auszeichnen und es unterlief ihm kein einziger Patzer, der zu einem Gegentor führte.
Das war mal anders. Immer wieder patzte Bürki entscheidend, wirkte oft unsicher – und wurde entsprechend kritisiert. „Ich hatte enorme Schwierigkeiten, damit umzugehen“, sagt er heute erstaunlich offen. „Man sagt immer, man kriegt es nicht mit, oder will es nicht lesen. Aber man kriegt es trotzdem immer mit.“ Und trotzdem müsse man immer wieder auf dem Platz stehen, müsse sich dem ausliefern, was die anderen denken, Zuschauer, Mitspieler, Trainer. „Das macht dich kaputt“, sagt Bürki.
Längst vergessen. „In der letzten Saison haben wir nicht das geleistet, was wir uns alle vorgestellt haben, ich persönlich und die ganzen Mannschaft“, sagt Bürki. „Aber ich konnte einen Strich drunter ziehen und sagen, es geht nochmal bei Null los.“ Der Torhüter analysierte seine Spiele, seine Fehler. Er fand nicht immer wirklich heraus, was er falsch gemacht hatte, aber er erkannte, dass er eine bessere Mischung brauchte aus Anspannung und Lockerheit – und Rituale, um genau das zu erreichen. Eines davon: Am Spieltag quatscht er mit seinem besten Kumpel über dies und das, schiebt die Anspannung so zur Seite und fährt mit deutlich besserem Gefühl zum Stadion.
Bürki lobt den neuen BVB-Torwarttrainer Kleinsteiber
Bürki hat sich verändert – aber er profitiert auch von den vielen Veränderungen im Klub. Vom neuen Trainer Lucien Favre etwa, dem zwar ein gepflegter Spielaufbau wichtig ist, der seinem Torhüter aber auch vermittelte: Du stehst auf dem Platz, du triffst die Entscheidung. Und wenn es nötig ist, den Ball lang nach vorne zu schlagen, dann schlag ihn lang nach vorne.
Auch interessant
Und dann ist da noch das neue Torhüterteam mit Bürkis Landsmann Marwin Hitz, mit dem U23-Torwart Eric Oelschlägel und mit Torwarttrainer Matthias Kleinsteiber, mit denen sich der Stammtorhüter blendend versteht. Kleinsteiber ist zwar schon länger dabei, ist aber erst seit Sommer offiziell der Verantwortliche für die Torhüter. Er löste Teddy de Beer ab, der zwar eine Klubikone ist, dessen Arbeitsmethoden und Vorstellungen vom Torwartspiel aber vielen im Klub als veraltet erschienen. „Matze ist in der Trainingsarbeit ein bisschen fortschrittlicher, als es Teddy war“, sagt der Schweizer dazu. „Heutzutage ist es als Torhüter wichtig, lange stehen zu bleiben, nicht zu spekulieren, vielleicht mit dem Fuß noch einen rauszuholen. Darauf haben wir viel Wert gelegt und die richtigen Trainings waren auch ein Grund dafür, dass es so gut läuft.“ Bis zum Ende der Woche will er das dann auch im Mannschaftstraining unter Beweis stellen.