Dortmund/Gelsenkirchen. . Thomas Delaney und Jadon Sancho schossen die Tore für Borussia Dortmund beim 2:1-Sieg gegen Schalke. Das sind zwei ungleiche Derbyhelden.
Als er nach dem Spiel im Bauch der Gelsenkirchener Arena mit den Fernsehjournalisten sprach, hatte Jadon Sancho Tränen in den Augen. Es waren einfach zu viele Emotionen, die auf den 18-Jährigen einprasselten: Mit Borussia Dortmund hatte er das Derby auf Schalke 2:1 (1:0) gewonnen, was dem BVB fünf Jahre lang nicht gelungen war. Er selbst hatte den 2:1-Siegtreffer erzielt, was ihn ganz nebenbei zum jüngsten Derby-Torschützen der Klubgeschichte machte. Sancho war ein Derby-Held – aber ein trauriger: „Leider ist meine Großmutter in dieser Woche gestorben“, erzählte er nach dem Schlusspfiff und widmete ihr seinen Treffer.
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Erst am Freitag war der Engländer aus London zurückgekehrt – rechtzeitig zum Abschlusstraining. Doch als Trainer Lucien Favre ihn fragte, ob er lieber draußen bleiben wolle, war die Antwort eindeutig: „Er hat sehr deutlich gemacht, dass er dieses Derby unbedingt spielen möchte“, sagte Sportdirektor Michael Zorc dieser Zeitung. „Es gab keinen Grund, ihn nicht spielen zu lassen, ganz im Gegenteil.“
Zorc zieht den Hut vor BVB-Torschütze Sancho
Die Entscheidung erwies sich als goldrichtig: Zwar dauerte es etwas, bis der junge Engländer mit seinen Dribblings auch einen zählbaren Ertrag erreichte. Doch dann kam die 74. Minute: Sancho ließ auf der linken Seite Alessandro Schöpf stehen, dann mit Raphael Guerreiro durch einen simplen Doppelpass Sebastian Rudy ins Leere laufen. Mit kurzer Körpertäuschung hielt er sich Matija Nastasic vom Leib, und schließlich schlenzte er den Ball kaltschnäuzig ins lange Eck.
„Wenn man weiß, was diese Woche war, kann man vor ihm nur den Hut ziehen“, lobte Zorc. „Das war eine Ausnahmeleistung.“ Auch Kapitän Marco Reus zeigte sich beeindruckt: „Es freut mich besonders für Jadon, dass er sich belohnt hat“, sagte er. „Im Training weiter zu lachen und so fokussiert zu sein auf das Spiel – das ist schon eine starke Mentalität. Kompliment an ihn.“
Trotz der so schwierigen Woche sprühte Sancho vor Spielfreude, stürzte er sich immer wieder in Dribblings, die zwar nur gelegentlich Torgefahr brachten – aber doch ihren Wert hatten: „Ich fand ihn sehr stark, weil er immer wieder mit seinen Läufen für Entlastung gesorgt hat“, meinte Zorc.
Delaney war der zweite BVB-Derbyheld
Sancho war aber nur einer von zwei recht ungleichen Derby-Helden an diesem Tag. Der andere hieß Thomas Delaney, der ausgerechnet im Derby seinen ersten Treffer für Schwarz-Gelb erzielte: Per Kopf traf er nach einem Freistoß von Marco Reus zum 1:0 (7.), dazu fing er im Mittelfeld viele Bälle ab und sorgte mit dafür, dass der BVB die Partie nahezu komplett kontrollierte und aus dem Spiel keine wirkliche Schalker Chance zuließ.
Der Däne war mit seiner körperlichen Präsenz und Zweikampfstärke geradezu prädestiniert für dieses Kampfspiel. Zorc verneinte zwar, dass er konkret diese Partie im Kopf gehabt habe, als er Delaney im Sommer für 20 Millionen Euro von Werder Bremen holte. Aber: „Ich habe mir schon von ihm versprochen, dass er nicht nur seine Zweikampfstärke und seine körperliche Robustheit einbringt, sondern auch Kopfballstärke und Torgefahr bei Standardsituationen.“
Meist im Schatten von Witsel und Alcácer
Schon einmal wäre das Delaney fast gelungen. Im Spiel gegen RB Leipzig (4:1) allerdings wurde sein Kopfball abgewehrt, und Axel Witsel vollstreckte per Seitfallzieher. Über den starken Kopfball sprach danach keiner mehr. Das passt zu Delaneys Saison, bislang stand er meist im Schatten der herausragenden Neuzugänge Witsel und Paco Alcácer – auch weil es bislang mit dem Toreschießen noch nicht klappte, auch weil er meist eher dafür zuständig war, die starken Offensivspieler abzusichern. „Aber er ist jemand, der immer vorne mit reingeht, und das soll er auch nicht ablegen“, sagte Zorc – zumal sich Mittelfeld-Zweikämpfer Delaney nach anfänglichen Schwierigkeiten im Spiel mit dem Ball deutlich gesteigert hat. „Spielerisch hat er noch einmal einen Schritt nach vorne gemacht“, attestierte Zorc.
Und als Derby-Held ist die Zeit im Schatten ohnehin vorbei.