Gelsenkirchen. Tage nachdem Jadon Sancho seine Großmutter verloren hat, entscheidet er das Revierderby. Die Achterbahnfahrt eines 18-jährigen Supertalents.
Diesen großen Moment, der soviel Freude verdient gehabt hätte, nutzte Jadon Sancho zum Innehalten. Er sendete einen Gruß in den Himmel, fiel auf die Knie, ehe er vom Jubel der Mannschaftskollegen eingeholt wurde. Sancho reihte sich an diesem Samstagnachmittag in die Ahnengalerie der Spieler von Borussia Dortmund ein, die sich mit einem Siegtreffer im Revierderby gegen den FC Schalke 04 unvergesslich machen. Derby-Held mit zarten 18 Jahren. Ein trauriger Derby-Held allerdings.
Denn unter der Woche fehlte der junge Engländer im Dortmunder Mannschaftstraining. Er war wegen eines Trauerfalls in der Familie freigestellt, reiste nach London. „Dieses Tor ist für meine Großmutter, die kürzlich verstorben ist. Es ist für meine Familie“, begründete Sancho seinen Jubel. „Es war ein schweres Spiel, ein Derby eben.“ Aber so schnell wie er, wollte sonst niemand zur Tagesordnung übergehen.
Zorc: "Eine Ausnahme-Leistung"
„Wenn man weiß, was diese Woche war, kann man vor ihm nur den Hut ziehen. Das war eine Ausnahmeleistung“, belobigte Dortmunds Sportdirektor Michael Zorc den jungen Mann, der erst Ende der Woche aus England zurückkam. Trainer Lucien Favre hatte ihn gefragt, ob er sich imstande sehe, zu trainieren und auch zu spielen. Tat er. Das Derby wollte er nicht verpassen. Zum Glück für den BVB.
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Sanchos Dribblings fehlte es gegen Schalke lange an der gewohnten Zielstrebigkeit. Oft verhedderte er sich, zögerte zu lang. Aber es zeichnet ihn aus, dass er im richtigen Moment am richtigen Ort auftauchte und den entscheidenden Treffer markierte. Die Position auf der rechten Seite hatte er aufgegeben, hatte sich nach links geschlichen und einen feinen Pass von Raphael Guerreiro und eine Viertelstunde vor dem Spielende das Spalier zweier tatenloser Schalker für einen Schlenzer an Schalkes Torwart Ralf Fährmann vorbei ins Tor genutzt. Es war Dortmunds erster Torschuss in der zweiten Halbzeit. Sancho setzte ihn präzise.
Auch Kapitän Marco Reus war durchaus beeindruckt von der Leistung seines jungen Kollegen. „Es freut mich besonders für Jadon, dass er sich belohnt hat. Im Training weiter zu lachen und so fokussiert zu sein auf das Spiel – das ist schon eine starke Mentalität. Kompliment an ihn“, sagte der Nationalspieler.
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Damit setzte Sancho seine bislang sehr eindrucksvolle Saison fort. Sein Treffer gegen Schalke macht ihn zum jüngsten Dortmunder Derby-Torschützen. Mit acht Vorlagen ist er weiterhin der beste Vorbereiter der Liga. Hinzu kommen nun fünf Saisontore. Und zusammen mit dem einen Tor aus der vergangenen Saison ist Sancho der jüngste Dortmunder Spieler, der die Marke von sechs Saisontoren erreichte.
Unter Favre nimmt seine Karriere Schwung auf
Spitzenwerte in allen Bereich für das Talent, das im Sommer 2017 für die vergleichsweise niedliche Ablösesumme von sieben Millionen Euro von Manchester City ins Ruhrgebiet gelotst werden konnte und vor einigen Wochen seinen Vertrag bis 2022 verlängerte. In der durchwachsenen vergangenen Saison blitzte sein Können nur dann und wann auf. Die Trainer Peter Bosz und Peter Stöger setzten nur vereinzelt auf ihn. Doch mit Favre nahm Sanchos Karriere in Dortmund so richtig Fahrt auf: Stammspieler beim BVB, Einladung zur englischen Nationalmannschaft.
Kurz vor dem Ende der Partie gegen Schalke wurde Jadon Sancho dann von seinem Trainer ausgewechselt. Die mitgereisten Dortmunder Fans verabschiedeten ihn mit Applaus, feierten ihn mit Sprechchören. Verdienter Lohn an einem traurigen schönen Tag.