Dortmund. Marcel Raducanu, in den 1980er-Jahren Mittelfeldspieler beim BVB, schwärmt von Jürgen Klopp – und spricht von seiner Flucht zum BVB.

Marcel Raducanu ist ganz offen: Na klar, er wäre gerne lieber heute Fußballprofi als damals, in den 1980er-Jahren. „Da muss ich mal mit meiner Mama schimpfen, sie hat mich zu früh geboren“, erzählt Raducanu beim WAZ-Städteabend im Deutschen Fußballmuseum in Dortmund und muss lachen. Der für seine Dribbelkunst von BVB-Fans verehrte Mittelfeldregisseur erlebte eine sportlich schwierige Zeit beim BVB. Nur knapp schaffte er mit der Borussia den Klassenerhalt. Er erlebte „in sechs Jahren acht Trainer“.

„Schön war das nicht“, sagt Raducanu ehrlich. Am liebsten habe er unter Branko Zebec gearbeitet. Er war sein erster Trainer beim BVB. „Er war nicht einfach, manchmal kam er auch mal betrunken zum Training, aber er konnte die Spieler motivieren, hat auch mal Dinge vorgemacht, mitgespielt. Das war schon schön.“

Raducanu selbst hat nach seiner aktiven Karriere die Trainerlizenz erworben, seit vielen Jahren betreibt er eine Fußballschule in Dortmund, die auch die drei Götze-Brüder Fabian, Mario und Felix besucht haben. Wie für Raducanu selbst der perfekte Trainer sein müsste? Darauf hat er eine einfach Antwort: „Wie Klopp.“

Die Zeit von Diktator Ceaușescu

Jürgen Klopp, der sieben erfolgreiche Jahre beim BVB geprägt hat, und heute den FC Liverpool trainiert hält er für den idealen Trainer. Klopp gilt als Menschenfänger, als einer, der mitreißen kann. Fritz Lünschermann, langjähriger BVB-Teambetreuer, nennt ihn „positiv speziell“. „Er konnte auch mal eine Wasserflasche durch die Kabine werfen, aber dann war auch gut“, sagt Lünschermann.

Bei all der Freude, die Marcel Raducanu ausstrahlt, wenn er über den BVB und über Fußball spricht, erinnert er sich auch an den schweren Teil seiner Geschichte.

Auf dem Podium im Fußballmuseum sprach er von seinem Weg zum BVB. Der war nicht etwa wie heute von Verhandlungskünsten von Beratern und Managern geprägt – sondern von einer Flucht.

Der heute 64-Jährige spielte in einer Zeit Fußball, in der sein Heimatland Rumänien von Diktator Nicolae Ceaușescu regiert wurde. „Ich wollte damals aber beweisen, dass ich auch im Westen spielen kann“, erinnert sich Raducanu. „Ich hatte allerdings etwas Muffe.“

Raducanu erinnert sich an seine Angst

Doch 1981 setzte Raducanu um, was er für sein Glück für notwendig hielt: Die Flucht. Bei einem Länderspiel in Dortmund täuschte er in der Pause eine Verletzung vor, wurde nach einer starken ersten Hälfte nicht mehr eingesetzt. „Ich war dann und duschen und dann, ja, dann bin ich abgehauen“, erzählt er. Ein Freund wartete vor dem Stadion auf ihn mit einem Wagen, zusammen fuhren sie zu dem Freund nach Hannover. „Natürlich hatte ich Angst“, erinnert sich Raducanu. „Ich konnte nicht schlafen, meine Frau wusste von nichts.“

In Abwesenheit wurde Raducanu in Rumänien zu fünf Jahren und acht Monaten Haft verurteilt. In seine Heimat kehrte er erst neun Jahre später zurück. „Ich habe meine Mama so lange nicht gesehen.“ Seine Frau und seinen Sohn holte er nach Deutschland nach.

Und dann beging er „eine große Dummheit“. Er unterschrieb zwei Verträge – einen bei Hannover, einen bei Dortmund. Dafür wurde er von der Uefa für ein Jahr gesperrt, letztlich lief er ab 1982 für den BVB auf. Die Angst war aber nie ganz verschwunden.

„Irgendwann bekam ich Anrufe, wurde bedroht“, erzählt er. „Ich hatte zuvor nicht so schöne Dinge am Telefon gesagt, das wurde offenbar abgehört.“ In seiner Verzweiflung wandte er sich an den BVB – der half ihm, bald standen Kripo-Beamte vor seiner Tür. Mit der Zeit wurde die Angst weniger, dem BVB ist noch heute verbunden.

WAZ-Städteabend im Deutschen Fußballmuseum

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