Dortmund. . Paco Alcacer entschied das 4:3 des BVB. In drei Teilzeit-Einsätzen hat er sechs Bundesligatore erzielt – dabei ist er noch nicht in Topform.
Norbert Dickel war auch am Tag danach noch euphorisiert: Der Stadionsprecher von Borussia Dortmund veröffentlichte bei Instagram eine Grafik mit der Aufschrift „Wir können alles. Außer langweilig.“ Was sich am Samstag vor 81.365 begeisterten Zuschauern ereignet hatte, das hatte auch der langgediente BVB-Sportdirektor Michael Zorc noch nicht oft erlebt: „Das war außergewöhnlich, mich hat es sogar ein bisschen an das Spiel gegen Malaga erinnert“, sagt er im Gespräch mit dieser Zeitung. „Man hätte die Dramaturgie nicht besser planen können.“
Das Champions-League-Viertelfinalrückspiel gegen den FC Malaga im April 2013, als der BVB dank zweier Tore in der Nachspielzeit noch 3:2 gewann, ist in Dortmund die Chiffre schlechthin für ein Spiel voller Spannung, Dramatik und Emotionen. Dass der sonst so nüchterne Zorc diesen Vergleich wählt, zeigt endgültig: Die Bundesligapartie zwischen Dortmund und dem FC Augsburg war eine ganz besondere, entsprechend elektrisiert waren die Anhänger, die schon von der Meisterschaft sangen – zumindest im Umfeld sprießen also die ersten zarten Titelträume.
Verrückte Schlusspointe
Der Führungstreffer der Augsburger durch Alfred Finnbogason nach 22 Minuten war noch weitgehend fußballerische Normalität. Doch nach der Pause ging es Schlag auf Schlag: das 1:1 durch den eben erst eingewechselten Paco Alcácer (62.), die erneute Gäste-Führung durch Philipp Max (71.), der abermalige Ausgleich durch Alcácer (80.), das 3:2 durch Mario Götze (84.), das 3:3 durch Michael Gregoritsch (87.) und als verrückte Schlusspointe das 4:3 durch Alcácers herrlichen Freistoß in der 96. Minute.
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Drei Treffer in 32 Minuten – nicht nur deswegen gehen Mitspielern und Verantwortlichen langsam die Superlative für den Neuzugang aus. Mit sechs Treffern ist er bester Bundesliga-Torschütze, und das in nur 81 Spielminuten. „Das konnte man sich ja noch nicht einmal erhoffen“, sagt Zorc. Natürlich war man zuversichtlich, dass Alcácer mit seiner Spielweise gut zum BVB und seinen technisch starken Angreifern wie Marco Reus oder Jadon Sancho passen würde. „Aber dass er so viele Tore in so wenigen Minuten schießt, ist natürlich ein Glücksfall“, so Zorc.
Zorc: "Paco hat sich bei uns gut eingelebt"
Da schwingt durchaus Erleichterung mit, denn so ganz sicher waren sie sich in Dortmund nicht, ob der neue Stürmer funktionieren würde. Zwar kam der mit der Empfehlung, Spieler des FC Barcelona zu sein – allerdings einer, der dort nur selten gespielt hatte. Deswegen entschieden sich die Dortmunder für die Leihe mit Kaufoption, im Sommer kann der BVB Alcácer für 23 Millionen Euro plus Boni fest verpflichten – bei den derzeit am Transfermarkt vor allem für Stürmer aufgerufenen Preisen geradezu ein Schnäppchen.
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Er könne sich sehr gut vorstellen, zu bleiben, signalisierte der Stürmer am Samstag, und auch Zorc lobte: „Paco hat sich bei uns gut eingelebt. Er ist in der Mannschaft beliebt, ein bodenständiger Mensch.“ Mit der Entscheidung, ob er die Kaufoption zieht, hat Zorc aber noch bis nach der laufenden Saison Zeit – er kann in Ruhe abwarten, ob der Stürmer weiter regelmäßig glänzt und trifft.
Sinnbildlich für den gesamten BVB
Zurzeit steht der ja durchaus sinnbildlich für den gesamten BVB: Er ist noch gar nicht auf der vollen Höhe seines Schaffens, noch nicht in der Lage, sein Potenzial über 90 Minuten abzurufen – in seinem Fall, weil noch die Fitness fehlt. Aber das, was bislang zu sehen ist, weckt die Fantasie, dass in Dortmund in dieser Saison Großes möglich ist. Bei den Titelträumereien mag Zorc aber nicht mittun: „Unsere Herangehensweise sollte sich tunlichst nicht ändern“, sagt er. „Wenn ich jetzt irgendetwas dazu sage, spielen wir kein bisschen besser.“
Erst einmal steht jetzt die Länderspielpause an, die Alcácer mit der spanischen Nationalmannschaft verbringt – was die Dortmunder mit gemischten Gefühlen sehen. Einerseits freuen sie sich für den Stürmer, der bei den Transfergesprächen in Barcelona schon deutlich gemacht hatte, dass die Rückkehr in die Seleccion sein Ziel ist. Andererseits hätten sie lieber gesehen, dass der Spanier in Dortmund einen vernünftigen Fitness-Aufbau betreibt.
Marco Reus sagte indes die Reise zur Nationalelf vorsichtshalber ab: Nach sieben Spielen in 22 Tagen hat er leichte Kniebeschwerden.