Dortmund. Dortmunds Marco Reus galt lange als hochbegabt, aber nicht als Führungsfigur. Der Star-Dribbler hat die Vourteile abgelegt und beeindruckt.

Einen guten Anführer macht aus, dass er nicht nur sich selbst, sondern vor allem das Gemeinwohl im Blick hat. Und so wurde Paco Alcacer mitten im Champions-League-Spiel von Borussia Dortmund gegen die AS Monaco bei Marco Reus vorstellig mit dem Wunsch, Tätigkeiten aus dessen Chefbereich erledigen zu dürfen. Dass der neue Stürmer den Elfmeter verschoss, geriet ob des am Ende ungefährdeten 3:0-Sieges und der Tabellenführung in der Königsklassengruppe zur Randnotiz. „Natürlich wollte ich auch schießen“, sagte Reus, der Nationalspieler und Mannschaftskapitän: „Aber ich habe instinktiv gesagt: Paco, schieß!“

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Reus hatte das Gefühl, dass der neue Stürmer sein Erfolgserlebnis an diesem Abend erhalten sollte, nachdem dieser eine engagierte Leistung gebracht hatte. Und so überließ er ihm in der 69. Minute den Ball in einem Akt der Selbstlosigkeit und musste es nicht bereuen, weil sowohl Alcacer (72.) als auch Reus (90.+2) nach der Führung durch Jacob Bruun Larsen (51.) noch trafen. Für Reus war es der 17. Champions-League-Treffer. Damit ist er zusammen mit Robert Lewandowski Rekordschütze des BVB in diesem Wettbewerb. Aber vor allem ist er: endlich ein Anführer.

Es gab ja Zeiten, da hätte man das schwerlich erwartet, weil dieser Marco Reus als körperlich zu anfällig und von der Persönlichkeit her als zu still galt. Seit dem Sommer aber ist der gebürtige Dortmunder Kapitän seiner Borussia. „Die Verantwortung nimmt er an, sie tut ihm gut“, sagt Sportdirektor Michael Zorc: „Er ist Dortmunder und stolz, der Kapitän des BVB zu sein.“

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Früher als erwartet kehrte er von der WM zurück und hatte unverhofft viel Zeit, den durchaus geschundenen Körper auf die Strapazen der Saison vorzubereiten. Folge: Bisher macht der 29-Jährige fast jedes Spiel. Fast immer über annähernd die komplette Zeit. Und fast immer macht er den Unterschied. Sechs Tore und sechs Vorlagen sammelte er in den neun Pflichtspielen der jungen Saison. So half er zum Beispiel, auch verloren geglaubte Spiele wie jenes in Leverkusen (4:2) nach 0:2-Rückstand noch zu drehen. „Wie er die Mannschaft mitgerissen hat, war außergewöhnlich“, sagt Zorc: „Marco ist niemand, der in der Kabine große Reden hält. Er geht auf dem Platz voran. Er ist als Führungsspieler zu 100 Prozent akzeptiert. Und: Die jungen Spieler beobachten ihn ganz genau.“

Sancho: "Reus zeigt mir, reif am Ball zu sein"

Und auch diese leitet er offenbar gekonnt an. „Er ist ein großartiger Spieler und ich bin froh, mit ihm spielen zu können“, sagt Jadon Sancho, das englische Supertalent, das mit seinen vielen Vorlagen bereits in den Bestenlisten der Liga steht, am Donnerstag erstmals für die englische Nationalmannschaft berufen wurde und in dieser Woche seinen Vertrag in Dortmund bis 2022 verlängert hat. Auch wegen Reus. „Er bringt mir viel bei. Er zeigt mit, reif am Ball zu sein, ruhig zu bleiben, mein Spiel zu spielen. Das konnte ich nicht, als ich kam. Das hilft sehr“, sagt Sancho.

Reus ist zum Kümmerer und Bessermacher geworden. „Das zeigt, dass es die richtige Entscheidung war, ihn zum Kapitän zu machen“, sagt Zorc, der zudem feststellen darf, dass das neue Alphamännchen die Kollegen auch zu verteidigen imstande ist. Das musste neulich der wortreiche Rekordnationalspieler Lothar Matthäus feststellen, der als Fernsehexperte erneut den nicht im Kader befindlichen Mario Götze zum Thema machen wollte. „Lothar, ganz ehrlich“, sagte Reus, der im Interview direkt neben Matthäus stand: „Wir sollten aufhören, täglich über Mario zu reden. Das tut uns nicht gut, das tut ihm nicht gut. Das bringt nichts." Ein Machtwort von einem, dem man so viel Kraft lange nicht zugetraut hätte.