Dortmund. Borussia Dortmund trifft in der Champions League am Mittwoch auf den AS Monaco - wie nach dem Anschlag auf den Bus. Die Bilder sind noch präsent.
Sebastian Kehl erlebte alles aus der Ferne. Damals, vor anderthalb Jahren, war er noch kein offizieller Teil von Borussia Dortmund. Mittlerweile ist er als Leiter der Lizenzspielerabteilung auch für das allgemeine Wohl der Mannschaft zuständig. Dafür, dass nichts die Leistungsfähigkeit beeinträchtigt. „Wir haben es oft besprochen: Wir wollen dieses Spiel einfach als ein normales Champions-League-Spiel annehmen, das wir hoffentlich gewinnen“, sagt Kehl vor dieser Partie am Mittwoch (21 Uhr/Sky), die schwerlich eine normale sein kann.
Erinnerungen bei BVB-Fans und TV-Zuschauern schwemmen nach oben
Borussia Dortmund trifft in der Königsklasse des europäischen Fußballs auf die Top-Mannschaft AS Monaco aus der französischen Liga. Das Wiedersehen zweier Klubs, deren Begegnung im Viertelfinale der Champions League am 11. April 2017 von einem Sprengstoff-Anschlag auf die Dortmunder Mannschaft überschattet wurde. Das Hinspiel musste eine Stunde vor dem Anpfiff abgesagt werden. Neuansetzung am Tag danach.
Erinnerungen, die nun wieder nach oben schwemmen. Bei Fans und Fernsehzuschauern. Aber vor allem bei den Spielern. Kurz nach der Abfahrt vom Mannschaftshotel im Stadtteil Höchsten detonierten damals in einer nahegelegenen Hecke drei mit Metallstiften gefüllte Sprengsätze. Sie durchdrangen die Karosserie des Busses, zerstörten Teile der Seitenscheiben. Der spanische Verteidiger Marc Bartra erlitt damals einen Unterarmbruch und musste noch in der Nacht operiert werden. Ein Polizist wurde verletzt. Alle anderen blieben unversehrt. Oder genauer: ohne sichtbare Verletzungen.
Denn das Erlebte wog schwer und bleibt ein Leben lang. Manch einer litt unter Schlafstörungen oder Alpträumen, andere sind noch heute schreckhaft oder begaben sich in psychologische Betreuung. Vergessen werden sie diesen Abend nie, aber er schien zumindest verarbeitet, verdrängt.
Aber die Paarung bringt die Bilder zurück. Zumindest bei jenen sieben Profis, die damals im Bus saßen: Torwart Roman Bürki, der neben Bartra saß, Raphael Guerreiro, Lukasz Piszczek, Julian Weigl, Marcel Schmelzer, Shinji Kagawa und Christian Pulisic. Elf Spieler des damaligen 18-Mann-Kaders haben den Verein aus unterschiedlichen Gründen verlassen: Bartra hielt es in Dortmund nicht mehr aus, Matthias Ginter ging, Nuri Sahin, Sokratis und Sven Bender und viele andere auch. Der Trainer Thomas Tuchel verließ den BVB, vor allem weil es in den Tagen danach zu einem Zerwürfnis mit der Vereinsführung kam. Der Abend des Spiels gegen Monaco bedeutete nicht weniger als eine Zäsur.
BVB-Mannschaftshotel wird auch am Mittwoch bezogen
„Wir wollen den Anschlag gar nicht groß zum Thema machen und haben das intern auch aufgearbeitet“, sagt Sebastian Kehl. Der BVB ist um ein größtmögliches Maß an Normalität bemüht. Ob sie sich vor diesem Hintergrund so leicht herstellen lässt, ist eine andere Frage. Kehl und Sportdirektor Michael Zorc haben in die Mannschaft gehorcht, mit ihr Rücksprache gehalten, ob am Mittwoch etwas am gewohnten Ablauf verändert werden soll.
Das Mannschaftshotel von damals ist bei allen Heimspielen noch immer das bevorzugte Quartier. So entschieden es die Spieler. Es wird auch am Mittwoch bezogen. Auch das ist eine Team-Entscheidung. In ein anderes Hotel zu wechseln, war im Klub zumindest in Erwägung gezogen worden. Anfahrt, Zeitplan, Spielvorbereitung – alles wird wie immer sein. Alles soll wie immer sein.