Dortmund. BVB-Neuzugang Delaney spricht beim 4:1 nach Rückstand von “guter Mentalität“. Dortmund-Trainer Favre hatte aber auch viele Kritikpunkte.
Wie so oft nach Bundesligaspielen präsentierten sich anschließend zwei Trainer mit komplett gegensätzlichen Gefühlswelten. „Wir haben ein richtig gutes Spiel gemacht“, urteilte der eine, während der andere eine veritable Mängelliste präsentierte: „Sie waren besser als wir, vor allem in den ersten 25 Minuten. Sie waren schneller, sie waren besser in den Zweikämpfen. Es war gefährlich, sie hatten Chancen oder Halbchancen, weil wir nicht gut verteidigt haben. Es war zu leicht, Chancen gegen uns zu kreieren.“ Der Mann, der da so massiv mit dem Spiel seiner Mannschaft haderte, war Lucien Favre, Trainer von Borussia Dortmund – dessen Mannschaft RB Leipzig eben mit 4:1 (3:1) besiegt hatte.
Delaney: Gegentor war "Schlag ins Gesicht"
Ralf Rangnick dagegen, Trainer der unterlegenen Mannschaft, wirkte trotz der krachenden Niederlage weitgehend zufrieden. Und beide hatten sie nicht unbedingt unrecht. Aus Dortmunder Sicht hatte der Sonntagabend denkbar schlecht angefangen: Nach 31 Sekunden verloren Thomas Delaney und Mahmoud Dahoud einen Dreikampf mit Kevin Kampl, dann setzte sich Yussuf Poulsen gegen Axel Witsel durch, den Pass in die Spitze verlängerte Manuel Akanji unglücklich per Kopf und Jean-Kevin Augustin entwischte Abdou Diallo und schob frei vor Roman Bürki ein. Es war eine kapitale Dortmunder Fehlerkette, die zum frühen 0:1 führte. „Das war natürlich nicht Teil des Plans, sondern ein Schlag ins Gesicht“, meinte Delaney. „Dass wir dann zurückkommen, zeigt die gute Mentalität der Mannschaft.“
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Es dauerte aber, bis die sich zeigte. Erst einmal agierte der BVB nervös, leistete sich viele Fehlpässe und wurde von den stark pressenden Leipzigern immer wieder weit in die eigene Hälfte zurückgedrängt. Ein geordneter Spielaufbau gelang selten. Leipzig dagegen fand in der Anfangsphase mit schnellem und direktem Kombinationsspiel immer wieder Lücken im Dortmunder Defensivverbund – vorerst aber ohne zu weiteren Chancen zu kommen.
BVB-Torwart Bürki zu Glanzparade gezwungen
Erst nach 20 Minuten konnte sich der BVB erstmals für längere Zeit befreien – und belohnte sich prompt: Marcel Schmelzers präziser Flanke köpfte Dahoud vollkommen freistehend zum 1:1 ein (21.) - sein erstes Pflichtspieltor für den BVB. Dortmund war nun besser im Spiel, aber Leipzig zeigte weiter die reifere Spielanlage und Bürki musste mit einer Glanzparade gegen den völlig frei durchgelaufenen Augustin den erneuten Rückstand verhindern (28.). „Überragend!“, urteilte Rangnick, „fantastisch“ fand Favre.
Dass wenig später ein Dortmunder Doppelschlag die Partie entschied, fand auch der BVB-Trainer etwas glücklich: Erst unterlief Leipzigs Marcel Sabitzer bei Marco Reus‘ Freistoß ein Eigentor (40.), dann wurde es artistisch: Gulacsi kratzte Delaneys Kopfball sehenswert von der Linie, doch Witsel staubte ab – per Seitfallzieher (43.). „Ich habe gar nicht groß nachgedacht in diesem Moment“, sagte der Belgier. „Der Ball war plötzlich in der Luft und ich habe den Fallrückzieher angesetzt, das war alles.“
Leipzig in der zweiten Hälfte nur selten gefährlich
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Diese Lockerheit hatte der 20 Millionen Euro teure Neuzugang auch auf dem Platz gezeigt. Erstmals stand er in der Startaufstellung, Mario Götze musste weichen. Und Witsel lenkte das Dortmunder Aufbauspiel mit zunehmender Spieldauer immer umsichtiger, er strahlte große Sicherheit und Ruhe aus und half dem BVB, das Geschehen mehr und mehr in den Griff zu bekommen.
In der zweiten Halbzeit wurde Leipzig nur noch selten gefährlich – und dann war Bürki zur Stelle. Erst riss er bei Lukas Klostermanns Volley aus kurzer Distanz blitzschnell den Arm hoch (50.), dann rettete er gegen Timo Werner mit starker Fußabwehr (85.).
Freitag geht es zu Hannover 96
Dortmund versäumte es lange, die zunehmend größeren Räume zum endgültig entscheidenden Konter zu setzen. Erst in der Nachspielzeit traf Reus zum 4:1 und schoss den runderneuerten BVB damit sogar an die Tabellenschritte. Für die Fans Anlass zu Euphorie, für Favre nicht: „Wir haben viel zu korrigieren, viele taktische Kleinigkeiten waren heute nicht gut“, kritisierte er. „Aber darüber können wir jetzt nicht sprechen, sonst brauchen wir Stunden.“
Und die Zeit ist knapp - am Freitag schon muss der BVB bei Hannover 96 antreten.