München. . Nach einer erschreckend schwachen ersten Hälfte muss sich der chancenlose BVB in München mit 0:6 geschlagen geben. Lewandowski trifft dreimal.
Seite an Seite sprinteten Jerome Boateng und Mahmoud Dahoud auf die Torauslinie zu, lieferten sich kurz ein Laufduell um den Ball – bis der schmächtige Dahoud am stabil gebauten Boateng abprallte und über den Rasen rollte, während der deutsche Nationalspieler ohne sichtbare Regung weitertrabte.
Es war nach gut einer Stunde eine Szene, die die Partie zwischen dem FC Bayern und Borussia Dortmund auf vortreffliche Weise illustrierte: Die Bayern zerlegten den völlig indisponierten BVB nach allen Regeln der Kunst, gewannen vor 75.000 Zuschauern 6:0 (5:0) – ohne dass der Rekordmeister den Eindruck vermittelte, sich dabei über Gebühr anzustrengen. Dennoch waren die Hausherren den Gästen in allen Belangen drückend überlegen, spielerisch und in Sachen Zweikampfführung hatte der BVB kaum etwas entgegenzusetzen.
Gerade in der Anfangsphase bekamen die Schwarz-Gelben überhaupt keinen Zugriff auf ihre Gegenspieler, sodass das Debakel für den BVB schon nach fünf Minuten seinen Lauf nahm: Thomas Müller spazierte nach einem Dortmunder Ballverlust unbedrängt durchs Mittelfeldzentrum und steckte durch auf Robert Lewandowski, der in abseitsverdächtiger Position lauerte und den Ball über den früh zu Boden gehenden Roman Bürki hob. Schiedsrichter Bastian Dankert gab den Treffer nach Rücksprache mit Video-Assistent Harm Osmers. Wenig später lag der Ball erneut im Dortmunder Tor, dieses Mal aber hatte Osmers eine knappe Abseitsstellung des Schützen Franck Ribery gesehen (9.).
Enttäuschender Castro muss früh raus
Doch der BVB konnte nur kurz aufatmen: James Rodriguez spielte den Ball nach außen auf David Alaba und stieß dann vor in den Strafraum, um die flache Hereingabe des Österreichers über die Linie zu drücken (14.). Wieder war von Dortmunder Gegenwehr wenig zu erkennen, vor allem im Mittelfeldzentrum versagten die eher offensiv veranlagten Gonzalo Castro und Mahmoud Dahoud völlig dabei, den Münchener Spielfluss zu bremsen. Die wenigen Dortmunder Angriffe endeten mit harmlosen Schüssen oder versandeten gleich völlig, Mittelstürmer Michy Batshuayi hatte – auch mangels Unterstützung – gegen die Bayern-Abwehr um den Ex-Dortmunder Mats Hummels nicht den Hauch einer Chance.
Sinnbildlich für Castros Leistung fiel dann das 0:3: Der Mittelfeldspieler wagte ein Dribbling gegen gleich zwei Bayern und verlor den Ball, die anschließende Überzahlsituation veredelten James mit seiner Flanke und der völlig freistehende Müller mit seinem Volley ins Tor (23.).
BVB-Trainer Peter Stöger reagierte, brachte Julian Weigl für Castro (29.). Der führte sich mit einigen robusten Zweikämpfen und Fouls ein, konnte der Partie aber keine Wendung geben. Im Gegenteil: Ribery ließ Lukasz Piszczek auf der rechten Dortmunder Abwehrseite wie einen Schuljungen geben, seine Hereingabe flipperte in den Strafraum, wo sie Lewandowski im Zweikampf mit Sokratis über die Linie drückte. Wieder wurde Osmers nach seiner Meinung gefragt, der Video-Assistent hatte keine Einwände – und es stand 0:4 aus Dortmunder Sicht (44.). Und damit nicht genug: Weigl spielte unbedrängt einen Fehlpass in die Füße von Ribery, der nach einem Doppelpass mit Lewandowski frei vor Bürki auftauchte und diesen überlupfte (45.+1). Mit hängenden Köpfen und einem 0:5-Halbzeitstand schlichen die Dortmunder in die Kabine – und mussten sich noch den Spott der Bayern-Fans anhören, die skandierten: „Ihr seid schlechter als der HSV!“
Lewandowski trifft zum Endstand
Und BVB-Sportdirektor Michael Zorc bettelte dem TV-Sender Sky zufolge schon um Schonung: „Bitte, bitte seid gnädig“, raunte er demzufolge Bayern-Co-Trainer Hermann Gerland zu. Tatsächlich nahmen die Münchener das Tempo etwas heraus, hatten vielleicht schon die Champions-League-Partie gegen den FC Sevilla am Dienstag im Hinterkopf. Die Dortmunder aber konnten das kaum einmal nutzen. Mario Götze traf von der Strafraumgrenze den Außenpfosten (67.), Lukasz Piszczek aus 20 Metern Torhüter Sven Ulreich (79.). Ansonsten behielten die Bayern die Kontrolle und kamen auch zu Chancen: So musste Bürki Lewandowskis Schuss aus 18 Metern zur Ecke lenken (74.).
Ansonsten trudelte das Spiel auf eher seichtem Niveau seinem Ende entgegen – bis die Münchener doch noch einmal zuschlugen: Joshua Kimmich wurde auf der rechten Seite freigespielt, seine Hereingabe musste Lewandowski aus kürzester Distanz nur noch über die Linie drücken (87.).
So stand zum Schluss eine hochverdiente Dortmunder Niederlage, die den Rückstand auf den Tabellenzweiten Schalke 04 auf vier Punkte anwachsen lässt – und dem BVB in den kommenden Tagen scharfe Diskussionen bescheren wird.