Dortmund. BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke will die Klubführung durchlüften. Im Interview verrät er die Gründe und an welche Personalien er denkt.

Wenn es blöd läuft, wird das Auswärtsspiel heute Abend in München (18.30 Uhr/Sky) ein bitteres ­Ende nehmen. Dann müssen die Profis von Borussia Dortmund mitansehen, wie der größte Rivale vor ihren Augen den vorzeitigen Titelgewinn feiert. Verpasst der Tabellenzweite Schalke 04 (15.30 Uhr / Sky) nämlich drei Punkte gegen den SC Freiburg, reicht dem FC Bayern ein Sieg zur sechsten Meisterschaft in Folge. BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke beschäftigen ganz andere Gedanken: nämlich wie er die Klubführung durchlüften kann. Watzke überrascht in diesem Interview mit der Ankündigung von spektakulären Personalien.

Herr Watzke, Samstag spielen Sie in München.

Hans-Joachim Watzke: Auf das Spiel mag ich im Vorfeld gar nicht ausführlich eingehen. Besser weniger drüber reden und gut spielen...

Müssen Sie aber. Der BVB hat 18 Punkte Rückstand auf Bayern.

Watzke: Das ist alles andere als schön, für mich aktuell aber von völlig untergeordneter Bedeutung. Es geht jetzt nur um das Erreichen der Champions-League-Plätze.

Entspricht der Rückstand Ihrem Anspruch?

Watzke: Natürlich nicht. Aber um die Historie zu bemühen: Wir waren 2013, glaube ich, 25 Punkte hinter Bayern. Und waren im Endspiel der Champions League danach dennoch nicht chancenlos.

Die Bayern-Übermacht kümmert Sie also nicht?

Watzke: Ich registriere sehr wohl die Hoffnung vieler deutscher Fußballfans, dass wir den Bayern zumindest wieder näher auf den Leib rücken. Das ist langfristig auch unser Ziel.

Sie wollen die Bayern-Übermacht beenden?

Watzke: Wir wollen wieder näher heranrücken. Das mag im Moment vermessen klingen. Aber wir haben 2006 auch gesagt: Wir wollen wieder auf Augenhöhe mit Hamburg, Schalke, Bremen und Stuttgart kommen. Damals haben uns die Leute ausgelacht und gemeint: Der hat sie nicht alle! Die Bundesliga benötigt mehr Spannung, gar keine Frage. Wir werden hart daran arbeiten. Mehr können wir nicht versprechen.

Die Wahrheit ist: Der BVB hat den Anschluss verloren.

Watzke: 2016 waren wir mal näher dran, im Frühjahr nur fünf Punkte von der Spitze entfernt. Im Sommer ist Mats Hummels dann nach München gewechselt. Von den drei Hochkarätern, die uns 2016 verlassen haben (Mkhitaryan, Hummels, Gündogan, d. Red.), hat uns sein Weggang sportlich und strukturell am meisten getroffen und Mats hat Bayern zusätzlich stabilisiert. In Aubameyang und Dembele haben wir danach noch mehr internationale Klasse verloren. Abgänge müssen wir ja seit Jahren kompensieren. Aber in dieser geballten Häufung wie zuletzt: Das konnten wir fast nicht schaffen.

Mögen Sie die Spielweise Ihrer Mannschaft überhaupt mitansehen?

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Watzke: Wir hatten einen Trainerwechsel von Peter Bosz zu Peter Stöger. Damals waren wir Achter. Mit unfassbaren drei Punkten aus acht Spielen. Und haben in der Champions League zwei Unentschieden gegen Nikosia geschafft. Stöger musste eine verunsicherte Mannschaft übernehmen. Danach haben wir in der Bundesliga zwölf Spiele nicht verloren und 26 Punkte geholt — das ist top!

Es geht um die Spielweise.

Watzke: Ich habe den Eindruck, dass die Art, wie wir spielen, besser wird. Die erste Hälfte gegen Hannover war gut, wir haben monatelang nicht mehr so oft aufs Tor geschossen. Aber insgesamt, da haben Sie Recht, ist das noch nicht der Fußball, den wir bei Borussia Dortmund spielen wollen. Man muss sich aber fragen: Kann man nach dieser extremen und vielschichtigen Vorgeschichte der vergangenen eineinhalb Jahre, die jedem bekannt sein dürfte, aktuell besseren, befreiteren, nicht so kopflastigen Fußball spielen?

Kann man?

Watzke: Richtig ist: Der Fußball ist ausbaufähig, und im Europapokal haben wir in dieser Saison sowohl in der Königsklasse als auch in der Europa League komplett versagt! Die Salzburger sind zwar erheblich besser, als viele Menschen in Deutschland meinen, aber am Ende müssen wir sie ausschalten, ja. Insofern besteht unsere Europapokal-Saison aus „Pleiten, Pech und Pannen“. Die Diskussion über die Qualität des deutschen Fußballs wäre nicht in dieser Form geführt worden, wenn wir weitergekommen wären. Das nehmen wir auf unsere Kappe. Bayern und Dortmund im Viertelfinale der Champions League, RB Leipzig weiter: Dann wären wir exakt so erfolgreich wie England. Hat nicht funktioniert. Aber in der Bundesliga sind wir von Platz acht auf drei marschiert. Ich bin Peter Stöger extrem dankbar.

Welchen Fußball wollen Sie?

Watzke: Einen dynamischen, einen aktiven Fußball. Wir sind auf dem Weg!

Schalke liegt vor Ihnen.

Watzke: Wer am Ende der Saison vorne steht, werden wir sehen. Fakt ist: Es hat sich hier beim BVB eingebürgert, dass wir vor Schalke stehen. Dass das der Normalfall ist. Das wird aber nie ein Selbstläufer sein. Unser Anspruch ist: dass wir häufiger vor Schalke stehen als umgekehrt. In der Bundesliga-Geschichte hat es immer wieder den Fall gegeben, dass Schalke in zehn Jahren zwei oder drei Mal vor dem BVB stand. Wie 2015. Verhindern können wir es nicht immer.

Was hat Schalke voraus?

Watzke: Schalke hat den Vorteil, dass der Klub in den letzten Jahren nicht komplett vom Erfolg verwöhnt war und zuletzt keine internationalen Zusatzbelastungen während der Woche hatte. Sie spielen dort auch keinen schöneren Fußball als Borussia Dortmund, werden aber anders wahrgenommen, weil sie tabellarisch von unten kommen - wir hingegen von oben. Und - das erkenne ich total an - sie erarbeiten sich das Spielglück. Die Mannschaft wirkt kompakt und laufstark. Es ist kein Zufall, dass sie dort stehen, wo sie stehen. Sie machen es sehr gut! Und das darf auch nicht unter den Tisch fallen...

Tut das nicht weh?

Watzke: Wir haben keine Privatveranstaltung mit Schalke 04. Für den Fußball hier im Revier wäre es cool, wenn beide in die Champions League kämen. Idealerweise wir vor Schalke, klar. Als die Schalker in all den Jahren so weit hinter uns lagen, hat uns etwas gefehlt.

Und wie wollen Sie die Lücke zu Bayern schließen?

Watzke: Wir fahren unser eigenes Rennen. Über unsere Situation haben wir uns in den vergangenen Monaten viele Gedanken gemacht und wirklich lange analysiert. Es geht längst nicht nur darum, welcher Spieler gerade kommt, geht oder spielt. Wir mussten den gesamten BVB betrachten und haben festgestellt: Die Entwicklung in den vergangenen zehn Jahren hat uns überrannt. Als ich hier anfing, hatten wir 150 Mitarbeiter. Heute sind es 850. Damals hatten wir 75 Millionen Euro Umsatz. Heute sind es 500 plus X. Und das stemmen wir immer noch mit den gleichen Leuten an der Spitze. Die sportliche Verantwortung liegt bei Michael Zorc, die Gesamtverantwortung bei mir.

Was folgern Sie daraus?

Watzke: Wir werden eine neue Position unterhalb von Michael Zorc schaffen und einen Leiter für die Lizenzspieler-Abteilung verpflichten. Diese Position umfasst ein ganz enges Heranrücken an die Mannschaft. Nicht nur im organisatorischen Bereich.

Wir sind ganz Ohr.

Watzke: Er muss vor allem vier Eigenschaften haben. Erstens: Kompetenz — was alleine ja schon bedeutet, dass er ein aussagekräftiger Spieler gewesen sein sollte. Zweitens: Loyalität. Drittens: Kreativität. Viertens: Identität — was wiederum besagt, dass er eine BVB-Vergangenheit haben sollte. Wir führen gerade die Gespräche und haben klare Vorstellungen, wen wir wollen.

Spontan fallen uns zwei Kandidaten ein: Sebastian Kehl und Lars Ricken.

Watzke: Sie verstehen, dass ich Namen nicht kommentieren kann. Es sind nicht alle Gespräche geführt.

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Sitzt er auf der Bank?

Watzke: Beim Trainer auf der Bank sitzt Michael Zorc. Ob der neue Mann ebenfalls immer dort sitzt oder nur manchmal, das werden wir sehen. Das ist auch nicht wichtig. Entscheidend ist, dass er die ganze Woche über bei der Mannschaft ist und als Bindeglied fungiert — zwischen Mannschaft, Trainer, Michael Zorc. Ich werde mich dadurch ein Stück weiter zurücknehmen.

Mit Michael Zorc besteht Konsens darüber?

Watzke: Das ist so, ja. Michael hat den Anstoß gegeben. Ich empfand das als sehr souverän.

Und das soll funktionieren?

Watzke: Intern soll der neue Mann eine klare Einschätzung abgeben können und zum Beispiel alle Aspekte der Funktionsteams im Verein hinterfragen. Organisatorische, fußballerische, athletische, medizinische Aspekte — alle. Das wird schon eine sehr wichtige Position bei Borussia Dortmund.

Was wir noch nicht verstanden haben: Wie ist die genaue Abgrenzung zu Michael Zorc?

Watzke: Die ist ganz einfach. Wir sind ein börsennotiertes Unternehmen. Es gibt klare Berichtslinien. Der Leiter der Lizenzspielerabteilung ist Michael Zorc unterstellt und wird deutlich jünger sein. Wir wollen eine noch bessere Diskussionskultur, noch mehr fachlichen Austausch, wir wünschen uns Reibung, aber immer mit klaren Entscheidungskriterien. Michael Zorc trägt in sportlichen Fragen die Verantwortung. Er wird das bestätigen: In 13 Jahren habe ich ihn, was ich ja als Chef könnte, nicht ein einziges Mal überstimmt.

Warum braucht es dann einen Leiter Lizenzspieler-Abteilung?

Watzke: Die Anforderungen sind mit den Jahren immer größer geworden, es gibt viel mehr potenzielle und tatsächliche Kaderbewegungen in den Transferperioden, das Geschäft ist schnelllebiger, die Medienlandschaft ist explodiert. Michael Zorc ist ja zu 70 Prozent seiner Arbeitszeit mit Transferfragen beschäftigt. Schon damit wäre er eigentlich ausgelastet. Wir müssen und möchten uns den Gegebenheiten anpassen. Auf höchstem Niveau.

Die Personalmaßnahme wird reichen, um Bayern zu jagen?

Watzke: Noch einmal: Es geht nur um uns. Wir möchten wieder besser werden. Durch Maßnahmen wie diese. Es wird aber nicht die einzige bleiben.

Nicht?

Watzke: Nein! Ich habe mich seit geraumer Zeit bemüht, Matthias Sammer wieder stärker an Borussia Dortmund heranzuführen. Wir befinden uns in guten Gesprächen.

Matthias Sammer zurück zum BVB?

Watzke: Nach Möglichkeit, ja. Er hat seine fußballerische Heimat — neben Dresden — vor allem bei Borussia Dortmund. Als Spieler und Trainer war Matthias über zehn Jahre lang hier und hat die größten Erfolge mit dem Verein gefeiert. Meisterschaften, Champions League-Triumph, Europas Fußballer des Jahres. Im Tagesgeschäft will er nachvollziehbar nicht mehr täglich und in einer festen Struktur eingreifen. Aber er kann uns trotzdem sehr helfen.

Wie sind Sie auf diese Idee gekommen?

Watzke: Wir benötigen einen wie ihn. Seine Analyse-Fähigkeit, seine Leidenschaft, seine Identifikation, seinen klaren Blick von außen.

Aber er war bei Bayern.

Watzke: Eben. Wir waren 2012 an München vorbeigezogen. Und dann kam zuerst Matthias Sammer. Nicht Pep Guardiola. Prompt haben sie das Triple gewonnen. Das hatte auch mit Matthias zu tun. Von dem Moment an haben wir uns voneinander entfernt. Er hat ja jobbedingt zugegebenermaßen schön bei uns gewildert. Das hat uns nicht ruhen lassen. Die Frage war: Wie können wir eine so außerordentliche Kompetenz, die auch noch diese BVB-Vergangenheit hat, an uns binden, ohne ihn in eine Struktur zu pressen?

Was soll er konkret beim BVB machen?

Watzke: Wir können uns Matthias Sammer gut als externen Berater vorstellen. Ein Diskussionspartner mit hoher BVB-Affinität: Der den Blick von außen hat und unsere internen Diskussionen bereichert. Die Bereitschaft bei ihm ist sehr hoch, die Gespräche sind aber noch nicht finalisiert. Frischer Wind und hohe Kompetenz — wenn man die hat, dann können wir alle sportlichen Ableitungen über die Spieler, den Trainerstab und das Funktionsteam daraus treffen.

Waren Sie damals nicht im Streit mit Sammer?

Watzke: In der 90er-Jahren waren wir sehr, sehr eng miteinander und immer vertrauensvoll. Dann war er Trainer, als der Verein in seiner Existenz bedroht war. Da kann es natürlich unterschiedliche Sichtweisen geben. Wir haben uns, als er 2004 ging, ein bisschen entfremdet. Dann kam seine Zeit in München, als wir Kraft unserer Persönlichkeiten mit voller Wucht gegeneinander gearbeitet haben. Das gehört dazu. Unsere Vereine erwarten das von uns.

Und wann haben Sie sich versöhnt?

Watzke: Als seine Bayern-Zeit zu Ende ging, wir älter und reifer und vernünftiger wurden, haben wir uns sukzessive angenähert. Heute haben wir, ehrlich gesagt, ein Verhältnis, wie es vor 20 Jahren war. Ich habe schnell gemerkt, dass Matthias eine viel höhere BVB-Affinität hat als viele glauben. Zu Klubs, bei denen du erfolgreich gespielt hast, hast du immer eine engere Bindung. Die Zeit war prägend, sein Sohn Marvin ist in Dortmund geboren worden, er kennt noch jede Straße. Er ist nicht fremd hier.

Einen Ja-Sager holen Sie sich nicht ins Team.

Watzke: Das wollten wir auch nicht. Auch der neue Leiter der Lizenzspieler-Abteilung wird kein Ja-Sager sein. Das brauchen wir auch nicht. Unser Anspruch: Alles kritisch auf den Prüfstand zu stellen. Diese unbequeme, aber von Vertrauen geprägte Diskussionskultur ist wichtig, und wir werden auch Prüfungen ausgesetzt sein.

Bisher dachten wir, dass die Bereitschaft zur Diskussionskultur beim BVB unterentwickelt ist.

Watzke: Das täuscht. Mit Jürgen Klopp, Michael Zorc und mir war der Austausch immer sehr rege. Das ist nur nie nach draußen gedrungen. Es zeugt von Größe, wenn Michael Zorc sagt: Die Diskussion mit Matthias Sammer macht uns besser. Er macht damit bei uns die Fenster auf — und jetzt wird durchgelüftet. Wir müssen uns untereinander klipp und klar die Meinung sagen. Aber eines ist auch klar: Wenn wir vier da diskutieren, machen wir danach keine Abstimmung. Die sportlichen Entscheidungen trifft Michael Zorc, und ich gebe vorab sicher auch meinen Senf dazu.

Wie werden die BVB-Fans reagieren?

Watzke: Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Fans einen Mann mit dieser BVB-Vita ablehnen. Sie verstehen, dass sich Matthias Sammer zu seiner Bayern-Zeit mit aller Vehemenz für seinen Klub eingesetzt hat. Wir können ihm da nichts vorwerfen.

Das klang damals anders. Ihr Trainer Klopp damals: Ohne Sammer hätte Bayern nicht einen Punkt weniger. Der Satz ist legendär.

Watzke: Die Rolle von Matthias Sammer bei Bayern war dominanter als wir das hier wahrgenommen haben. Ich habe von mehreren Spielern gehört, welche Bedeutung Matthias für das Mannschaftsgefüge hatte.

Durch bessere Strukturen allein wird der BVB nicht besser.

Watzke: Es gibt absolut Optimierungsbedarf, richtig. Die Spieler ziehen im Moment wirklich gut mit und können sich empfehlen. Aber es werden sich Dinge ändern.

Sie haben nicht mal einen Trainer für die neue Saison.

Watzke: Er ist im sportlichen Bereich die wichtigste Person. Aber ich bin kein Anhänger davon, dass der Trainer die Transferpolitik bestimmt. Das halte ich für falsch. Die Verweildauer eines Trainers beträgt heutzutage oft nur noch zwei bis drei Jahre. Den Kader muss man über diesen Zeitraum hinaus planen. Sicherlich werden wir die Trainerfrage zuerst klären. Und Peter Stöger ist erster Ansprechpartner.

Wann denn?

Watzke: Noch im April. Dann gehen wir alles andere an. Wegen der WM wird der Transfermarkt sowieso erst spät in Bewegung kommen. Vorher müssen wir andere Fragen klären.

Zum Beispiel?

Watzke: Wir müssen etwa die Frage „Ist unsere Mannschaft erfahren genug? beantworten. Unser Justierungsprozess wird definitiv länger dauern als ein Jahr. Trotzdem müssen wir nächste Saison international liefern. Das kann man nicht nur mit 18- und 19-Jährigen. Wir haben als BVB eine hohe Expertise, junge Spieler in die höchste Klasse zu führen. Das hat sich in ganz Europa rumgesprochen. Aber steht jeder dieser jungen Spieler auch den Druck von 81.000 Zuschauern durch? Es gibt Spieler, die sich anderswo in einem kleineren Verein mit 30.000 Zuschauern wohler fühlen und dort besser spielen. Die Stadt Dortmund lebt diesen Verein sieben Tage die Woche, 24 Stunden am Tag. Das schafft nicht jeder Spieler.

Sie meinen Toljan?

Watzke: Einzelne Namen diskutiere ich nicht.

In der Innenverteidigung haben Sie Hummels nie gleichwertig ersetzt.

Watzke: Das schafft man nicht. Er ist einer der besten Innenverteidiger der Welt. Aber ich sehe mit viel Freude die Entwicklung von Manuel Akanji. Er bringt alle Voraussetzungen mit. Wir müssen insgesamt eine bessere Balance zwischen druckresistenten, physischen und kreativen, explosiven Spielern finden. Und wir müssen intensiv an der Hierarchie innerhalb des Kaders arbeiten.

Geld haben Sie genug.

Watzke: Wir haben gewisse Möglichkeiten, ja. Aber keine unendlichen. Wir werden weiterhin sinnvoll investieren. Wenn einer glaubt, dass wir Robert Lewandowski zurückholen, wird das nicht funktionieren. Dogmen gibt es bei den Ablösesummen allerdings nicht.

Bayern wird zum sechsten Mal in Folge Meister. Auch zum siebten Mal?

Watzke: Die Bayern verdienen meinen allerhöchsten Respekt. Aber es gibt keinen Meister-Automatismus. Auch sie stehen vor Umbrüchen. In allen Bereichen. Es geht nicht nur um den Trainer. Sie haben eine Weltklasse-Mannschaft. Aber auch viele Weltklasse-Spieler, bei denen du das Ende der Karriere mittelfristig absehen kannst. Wenn sie wie 2013 alle Entscheidungen richtig treffen, haben wir kaum eine Chance. Wenn nicht, dann können wir auch mal wieder heranrücken. Unser Weg, den ich Ihnen hier angedeutet habe - und das möchte ich noch einmal unterstreichen - wird aber ein längerer sein. Wir werden ihn 2018/2019 nicht bis zum Ende gehen können.

Ganz ehrlich: Bereuen Sie Thomas Tuchels Entlassung im Nachhinein?

Watzke: Ganz ehrlich: Ich habe mit dem Thema längst abgeschlossen. Ich habe meinen inneren Frieden gefunden.

Dürfen wir das bezweifeln?

Watzke: Dürfen Sie. Aber es ist so. Ich wünsche ihm, weil ich ihn für einen überragenden Fachmann halte, an seiner neuen Wirkungsstätte Erfolg. Ich musste viel unberechtigte Kritik einstecken, die ich mit einem Satz vom Tisch hätte wischen können. Habe ich aber nicht. Ich wollte ihn als Mensch nie beschädigen. Wenn er irgendwann außerhalb von Borussia Dortmund seinen zweiten Titel gewinnt, freue ich mich wirklich für ihn. Und irgendwann, davon bin ich auch überzeugt, werden Thomas Tuchel und ich wieder miteinander sprechen.