Dortmund. Der beim Tabellenletzten Köln entlassene Peter Stöger soll Borussia Dortmunds Absturz aufhalten. Für Peter Bosz gab es keine Argumente mehr.

Die Mama war nicht hoch erfreut. Ihr Sohn, Peter Stöger, war ja am Samstagabend gerade erst in der Heimat in Wien angekommen, als sein Handy schellte und sich am anderen Ende der Leitung Hans-Joachim Watzke meldete. Der Geschäftsführer von Borussia Dortmund schilderte seine Notlage. Den Koffer ließ Stöger unausgepackt, am Sonntagmorgen flog er bereits zurück nach Deutschland. Was blieb war „ein halbstündiges Essen“ mit der Mama, wie Stöger bei seiner Präsentation als neuer BVB-Trainer am Sonntagmittag in Dortmund berichtete. „Sie hat sich trotzdem gefreut, aber es war anders geplant.“

Ex-BVB-Trainer Bosz erfuhr es am Samstagabend

Anders geplant – ein treffendes Motto ist das für die Dinge, die sich beim BVB seit dem Sommer getan haben. Mit Peter Bosz hatte der Verein einen Trainer ausgewählt, der als Nachfolger des aufwühlenden Thomas Tuchel für Ruhe und Kontinuität sorgen sollte. Doch auf die imposante Siegesserie zu Beginn der Saison (19 Punkte aus sieben Spielen) folgte der nicht weniger imposante Absturz (drei Punkte aus acht Spielen): Saisonziele in Gefahr, Ratlosigkeit ob der Gründe für den Absturz.

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„An irgendeinem Punkt ist etwas passiert. Wir wissen auch nicht genau was. Irgendetwas auch im psychologischen Bereich“, tastete sich Sportdirektor Michael Zorc durch den Nebel. Letzter Ausweg: Trainerwechsel. Am Samstagabend nach dem 1:2 gegen Werder Bremen überbrachten Watzke und Zorc dem bisherigen Trainer die Nachricht. Die Entscheidung sei ihnen schwer gefallen, wie sie sagen, „ich halte Peter Bosz nach wie vor für einen tollen Trainer und großartigen Menschen“, meinte Watzke, dem die aus Vereinssicht alternativlose Entlassung Tuchels nun wieder vor die Füße fällt. „Wer meint, mich oder Michael Zorc für die Entscheidung im Sommer kritisieren zu wollen, soll das tun. Das müssen wir akzeptieren.“

Auch aufgrund dieser Gemengelage hätte der BVB Bosz gern noch gehalten. Doch die Darbietung gegen den Tabellenvorletzten geriet ungewollt zu einem 75-minütigen Plädoyer, dass es mit Bosz schwerlich weitergehen konnte. Das in seiner Wichtigkeit hervorgehobene Spiel bestritt die Mannschaft größtenteils lethargisch, verkrampft, überfordert. Boszs überraschendes Experiment, auf beide defensiven Mittelfeldspieler Nuri Sahin und Julian Weigl zu verzichten und stattdessen die offensiveren Mahmoud Dahoud und Shinji Kagawa mit dem verantwortungsvollen Job in der Zentrale zu betrauen, wirkte zudem höchst befremdlich.

Mit Stöger kommt nun jener Mann, der erst vor einer Woche beim Tabellenletzten 1. FC Köln gefeuert worden war. Vom gescheiterten Krisen-Manager zum neuen Hoffnungsträger in der Krise. „Ich hab’s Aki (BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, d. Red.) am Telefon auch gesagt: Ich bin der Trainer, der in dieser Saison drei Punkte geholt hat“, scherzte Stöger, der den FC in den Jahren zuvor aus der Zweiten Liga bis in den Europapokal geführt hatte.

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Schon im Sommer hatte der BVB vor der Verpflichtung von Bosz die Fühler nach dem Österreicher ausgestreckt, wie Watzke bestätigte. Aber da war Stöger emotional und vertraglich noch an den FC gebunden. Nun soll er dem schwarz-gelben Patienten mit Besonnenheit und Freude zurück zu alter Stärke verhelfen. „Wir haben mit keinem anderen Trainer gesprochen. Wir waren nicht sicher, ob er es macht, umso dankbarer sind wir, dass er das mit Haut und Haaren angeht“, sagt Watzke.

Denn es ist in der Tat eine schwierige Aufgabe, die der 51-Jährige da übernimmt. Zusammen mit seinem Co-Trainer und Vertrauten Manfred Schmid sowie dem zum Trainerstab aufsteigenden früheren BVB-Profi Jörg Heinrich muss er schnell für Besserung sorgen. Schon am Dienstagabend steht beim FSV Mainz das erste Spiel unter der neuen Leitung an. Es folgen die Partie gegen die TSG Hoffenheim und das DFB-Pokal-Achtelfinale beim FC Bayern.

Was Stöger bis dahin verändern kann? Kleinigkeiten. „Insbesondere fehlt uns defensive Stabilität. Wir erhoffen uns von Peter, dass wir das spätestens in der Rückrunde hinkriegen“, sagt Zorc. Ein paar Pünktchen sollen bis zur Winterpause schon noch dazu kommen. „Peter hat dank seiner empathischen Fähigkeiten gezeigt, dass er eine Mannschaft wieder zusammenführen kann, wenn Risse da sind“, sagt Zorc. Ein Satz, der tief ins Innenleben der Mannschaft blicken lässt.

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Stögers Vertrag, den er bei seiner Vorstellung noch nicht unterschrieben hatte, gilt lediglich bis zum Ende der Saison. Das nährt den Verdacht, dass hinter den Kulissen weiter an einer Verpflichtung von Julian Nagelsmann (TSG Hoffenheim) ab dem Sommer gearbeitet wird. Aber Stöger empfand die Aufgabe offenbar als zu reizvoll, um abzusagen. „Ich bin stolz, dass man mir das zutraut und ich freue mich riesig, mit dieser Mannschaft in diesem Stadion zu arbeiten. Wenn man mich gefragt hätte, ob ich es für 14 Tage mache, hätte ich auch zugesagt.“

BVB-Training fällt Schnee zum Opfer

Schon am Sonntagnachmittag sollte er die erste Einheit auf dem Platz leiten. Doch die schönen Fernsehbilder mit dem neuen Hoffnungsträger fielen dem Schneetreiben zum Opfer. Die Mannschaft trainierte im Innern des Gebäudes. Das war – anders geplant.