Dortmund. Nach der 1:2-Niederlage gegen Werder Bremen war BVB-Kapitän Marcel Schmelzer mächtig geladen – und übte in deutlichen Worten Kritik.

Herr Schmelzer, nach der 1:2-Niederlage von Borussia Dortmund gegen Werder Bremen die gleiche Frage wie so oft zuletzt: Wie ist dieser Auftritt zu erklären?

Marcel Schmelzer: Tja. Ich stehe Woche für Woche hier und muss euch immer wieder die gleichen Sätze vorträllern. Ich verstehe, dass alle davon genervt sind. Es ist jetzt wirklich nicht mehr an der Zeit, darüber zu reden, es ist an der Zeit, dass wir Spieler uns endlich mal wieder den Arsch aufreißen und nicht so auftreten, wie wir es heute getan haben.

Kurz nach der Pause lief es plötzlich, da hat die Mannschaft gezeigt, was sie kann. Warum nur so kurz?

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Schmelzer: Ich habe gar keine Lust mehr darüber zu reden, weil es mich wirklich ankotzt, wie wir auftreten. Vor drei Tagen habe ich gesagt, in Madrid zu spielen ist schön für jeden. Aber dann auch wieder im Alltag aufzutreten, zu Hause gegen Bremen die Wende schaffen zu wollen, da musst du da sein und dir den Arsch aufreißen und Leidenschaft zeigen. Deswegen kann ich komplett verstehen, dass die Fans uns auspfeifen. Wenn sie sehen, dass du dir den Arsch aufreißt und alles gibst, dass es aber nicht gelingt, ist es okay. Aber wenn du so auftrittst, wie wir bis auf die zehn, fünfzehn Minuten nach der Pause, ist das eine absolute Frechheit.

Sie kritisieren also die Einstellung?

Schmelzer: Ja, was würden Sie denn tun? Die erste Halbzeit: Was machen wir da? Es ist für mich eine absolute Frechheit, wie wir in der ersten Halbzeit hier zu Hause auftreten.

Dadurch wächst automatisch der Druck auf den Trainer.

Schmelzer: Der Trainer ist die ärmste Sau. Wir Spieler stehen auf dem Platz, schießen die Bälle ins Aus, schießen die Tore nicht und verteidigen bei der Ecke schlecht. Der Trainer kann ja für uns nicht das Tor schießen oder hinten den Ball abwehren. Das sind wir Spieler, wir sind dafür verantwortlich. Und das heute geht mir wirklich tierisch auf den Sack.

Was war denn nach der Pause besser?

Schmelzer: Die zehn, fünfzehn Minuten haben wir Fußball gespielt. Da hat sich jeder gezeigt, da wollte jeder kurz das Spiel drehen. Da haben wir einander geholfen und Optionen gegeben, wenn der andere den Ball hatte. Natürlich ist es für die Zuschauer doof, wenn du immer wieder nach hinten spielst. Aber wenn wir uns so wenig bewegen wie in der ersten Halbzeit und dann wieder nach dem 1:1, dann ist es halt nicht anders möglich. Bremen hat uns vorgemacht, wie es geht, sich mit zwei Stürmern vorne gegen vier oder fünf durchzusetzen, indem man sich einfach bewegt. Gegen Madrid funktioniert es ja auch. Aber es muss einfach in unsere Köpfe rein, dass es in der Bundesliga funktionieren muss. Denn in der Champions League bei Madrid zu spielen, schaffst du nur, wenn du auch in der Bundesliga deine Hausaufgaben machst.

Der Trainer hat alles versucht: Ein neues System, eine neue Aufstellung, neue Spieler. Was gibt es überhaupt noch für Möglichkeiten, die Wende zu schaffen?

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Schmelzer: Hier (tippt sich an Kopf). So langsam müssen einfach mal die Köpfe aus dem Hintern gezogen werden und nicht geredet werden. Sondern auf dem Platz einfach mal da sein, Fußball spielen. Wir werden alle dafür bezahlt, das ist unser Job. Da muss ich keine Angst haben. Natürlich ist es eine Scheißsituation, aber es bringt nichts, Angst zu haben und Fußball spielen zu wollen. Bremen hat es uns gezeigt. Sie haben verdient gewonnen, weil sie Fußball spielen wollten. Selbst als es eng wurde, haben sie versucht, Fußball zu spielen, haben sich gezeigt und gegenseitig geholfen. Und das muss in unsere Köpfe rein, dass es nur so geht.

Sie haben vor drei Jahren schon einmal so eine Phase ohne Erfolg erlebt. Ist das vergleichbar?

Schmelzer: Nein, deswegen habe ich jetzt auch einen Riesenhals. Vor drei Jahren war es etwas Anderes, da haben wir häufig auch gut gespielt und unglücklich verloren. Aber wie wir momentan auftreten... Wenn du mal unglücklich verlierst, ist es noch zu akzeptieren. Aber nicht so wie wir heute in der ersten Halbzeit aufgetreten sind, das ist einfach nicht zu akzeptieren.

Hat der Trainer in der Halbzeit die richtigen Worte gefunden?

Schmelzer: Absolut, das hat man ja gesehen. Aber es kann ja auch nicht Sinn der Sache sein, dass man alle zehn Minuten eine Pause macht, wieder mal kurz eine Gehirnwäsche bekommt und dann wieder da ist. Das muss doch möglich sein, das über 45 Minuten im Kopf zu behalten.