Frankfurt. Weil die jüngsten Spiele enttäuschend verliefen, werden kritische Stimmen an BVB-Trainer Bosz laut. Sein Kollege Kovac kann das nicht verstehen.

Niko Kovac kann sein Temperament inzwischen bestens zügeln. Für Wutausbrüche wie sein Ex-Kollege Thomas Tuchel, der sich nach einer Niederlage bei Eintracht Frankfurt vor elf Monaten einer ätzenden Kritik an seinen Kickern befleißigte, ist der Fußballlehrer nicht zu haben. Vor der Neuauflage des Duells Eintracht versus BVB hat der Deutsch-Kroate die Pressekonferenz am Freitag vor allem dazu genutzt, seinem neuen Kollegen Peter Bosz beizuspringen, der zur selben Zeit sagte, ein Sieg wäre gut für die Tabelle und das Gefühl. Die heftige Kritik am störungsanfälligen 4-3-3-System beim Gegner empfindet Kovac nicht nur als ungerecht, sondern fast als unerhört.

„Er ist mit Ajax mit dieser Spielweise ins Europa-League-Endspiel gekommen, er hat mit Dortmund sehr erfolgreich angefangen. Eine Mannschaft, die vor den beiden Spielen gegen Leipzig und Nikosia schon deutscher Meister war. Da war doch nur noch die Frage, mit wie viel Punkten Vorsprung sie das schaffen. Und jetzt soll nach Leipzig und Nikosia urplötzlich alles schlecht sein? Das ist doch viel zu einfach. Fußballspiele laufen nicht an der Playstation ab.“ Nein, für ihn steht fest: Der einzige börsennotierte Bundesligist verfügt über eine „richtig, richtig gute Mannschaft, die sind mit und nach Bayern München die Nummer zwei in Deutschland.“

Da könne in der Kürze das Pendel nicht so schlagartig in die andere Richtung ausschlagen. Der Pragmatiker Kovac, der bis auf die Langzeitverletzten mit 24 gesunden Profis das Abschlusstraining bestreiten konnte, beobachtet am Beispiel BVB eher ein gesellschaftliches Problem: „Es soll in der ganzen Welt immer alles sehr schnell gehen. Man will möglichst viel sofort.“ Übertragen auf den Mikrokosmos Fußball-Bundesliga bedeute dies aus seiner Sicht: „Geduld und Bescheidenheit gehen verloren.“ Er appelliere an „Rationalität“.

Frankfurt steht prima da

Der 46-Jährige ist bekanntlich erst nach zehn Spieltagen bereit, den Ist-Zustand zu analysieren. Der aktuelle siebte Tabellenplatz der Eintracht – an der Magnettabelle an der Wand des Presseraumes abzulesen – sei eine nette Momentaufnahme. Mehr nicht. „Zwei Niederlagen, und wir sind schnell wieder im Sumpf.“ Gleichwohl: Verglichen mit anderen Traditionsvereinen stehen die Hessen genau wie im Vorjahr zu diesem Zeitpunkt prima dar. Das Gastspiel des Tabellenführers - das sind die Dortmunder nämlich allen entworfenen Untergangsszenarien noch immer – gilt für Kovac als willkommene Belohnung für den passablen Start.

Die Arena im Stadtwald ausverkauft, die Stimmung wird vielleicht so gut wie in noch keinem Heimspiel dieser Saison sein, „wir haben einige Spieler, die so etwas das erste Mal miterleben – mehr Motivation wird es nicht brauchen.“ Der Trainerstab verzichtet daher darauf, Videosequenzen der vergangenen Heimerfolge gegen die Westfalen zusammenzuschneiden. Einzig einen Rückgriff auf den ehrbaren Auftritt im DFB-Pokalfinale gegen denselben Gegner kann sich Kovac vorstellen, weil sich aus seiner Sicht daraus ein aufbauender Effekt ableiten lässt. „Ich habe immer gesagt, der Sieg des BVB war verdient. Aber wir haben gut mitgehalten.“ Passion und Euphorie seien damals beispielhaft gewesen und sollten bestenfalls heute wiederholt werden: „Dann kommt ein schönes und attraktives Fußballspiel zustande. Mit einem hoffentlich guten Ende für uns.“ Der sachliche Tonfall selbst bei diesem Statement wirkte übrigens äußerst angenehm.