Dortmund. . Noch keinen Titel konnte Marco Reus mit Borussia Dortmund gewinnen. Er ist an vielem gereift. Und will nun den DFB-Pokalsieg mehr denn je.
- Noch keinen Titel konnte Marco Reus mit Borussia Dortmund gewinnen
- Er ist an vielem gereift
- Und will nun den DFB-Pokalsieg mehr denn je
Ein gewisser Fetisch des Menschen für Zahlen und Statistiken ist kaum zu leugnen. Nicht umsonst ließ einst Loriot in einem Sketch pflichtbewusst nachrechnen, welche steuerlichen Vorteile für einen fünfjährigen Angestellten mit seinen 126 Kindern zu erwarten wären. Das ist noch immer lustig. Aber im aktuellen Fall geht es um eine ernste Sache. Um Fußball. Um Statistik über Fußball. Und die verrät ohne jeden Hang zur loriotesken Übertreibung mindestens Außerirdisches über Marco Reus.
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Beim 4:3-Sieg von Borussia Dortmund gegen Werder Bremen am vergangenen Wochenende, das wiesen die Eintragungen offiziell aus, hatte der Nationalspieler nicht nur zwei Tore geschossen, sondern eines seiner Tore sogar noch selbst vorbereitet. Und man malt sich schon aus, wie er filigran flankt, um dann mit wehendem Superheldenumhang in die Mitte zu eilen und zu treffen.
Letzteres ist eine etwas zu kräftige Beugung der Wahrheit. Wer unbedingt wollte, konnte ihm die Vorlage für sein Tor gutschreiben, weil er vor dem erfolgreichen Elfmeterschuss selbst gefoult worden war. Aber dass dieser Marco Reus gerade tatsächlich wie einer wirkt, dem zuzutrauen wäre, seine Tore leibhaftig selbst vorzubereiten, schürt vor dem DFB-Pokalfinale am Samstag (20 Uhr/ live bei uns im Ticker) in Berlin gegen Eintracht Frankfurt den Optimismus. Den beim BVB. Den von Reus, einen Makel seiner Karriere löschen zu können: Der 27-Jährige hat noch keinen bedeutsamen Titel gewonnen.
Reus, der Gereifte
Er kann das nicht mehr hören. Wann immer beim BVB ein Finale ansteht, muss er sich die Geschichte anhören. Also jedes Jahr, seit er 2012 aus Gladbach nach Dortmund wechselte. Das Champions-League-Endspiel? Ging verloren. Die folgenden drei Pokalfinals? Ebenfalls. Reus hatte es nicht verhindern können, hatte auch im entscheidenden Moment nicht immer das geliefert, was er ob seines herausragenden Talents zu liefern imstande wäre.
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Doch die Indizien der vergangenen Wochen und Monate deuten darauf hin, dass dieses Mal – „endlich, endlich“, wie Reus sagt – der große Tag gekommen sein könnte. Weil der Gegner nicht die Kategorie der vorherigen Final-Kontrahenten hat. Weil Reus ein anderer ist. Sein vermeintlicher Makel dient ihm als Motivation, sein von Verletzungen gesäumter Weg als Reifeprozess. Den deutschen WM-Triumph 2014 verpasste er verletzt, die EM im Sommer 2016 in Frankreich ebenfalls. Doch aus den Wirkungstreffern schöpfte er Kraft.
Reus habe nach seiner Verletzungsphase „wahnsinnig an Persönlichkeit gewonnen“, lobt stets Trainer Thomas Tuchel. Und auch Sportdirektor Michael Zorc sagt drei Tage vor dem Spiel: „Marco ist nach seiner Verletzung deutlich präsenter in unserem Spiel, er übernimmt Verantwortung und tut das auch gern. Er ist gereift.“ Gelassen und selbstbewusst wie ein Routinier, dürstend nach Erfolg wie ein Emporkömmling. Gegen Bremen riss er das Spiel an sich, wie es eine Führungsfigur tut, und hievte den BVB in die Champions League.
Borussia Dortmund ist bereit
Auch von den Mannschaftskollegen wird Reus vermehrt als jemand wahrgenommen, der aufsteht und sich zu Wort meldet, wenn ihm etwas nicht passt. Jemand, der erwachsen geworden ist. Physisch und psychisch. Der sonst so malade Körper wirkt derzeit belastbar wie lange nicht. „Für den Kopf“, sagt er, „ist das unheimlich wichtig.“ Reus fühlt sich frei. Und bedingungslos bereit.
„Ich habe einiges erlebt, und natürlich muss ich vorangehen“, sagt der einzige gebürtige Dortmunder in der Mannschaft. „Ich freue mich unglaublich auf das Finale, weil wir es verdient haben, dort zu sein. Ich werde bereit sein, wir werden bereit sein.“ Sätze, die klingen, als bräuchte es keine Statistik, um zu belegen, dass Marco Reus zu wirklich allem bereit ist.