München/Dortmund. Marco Reus führt die junge BVB-Elf an. Der Offensivspieler ist längst keiner mehr, der sich in wichtigen Spielen versteckt. Es fehlt ein Titel.
Menschen, die diesem Marco Reus in seinen frühen Jahren bei Borussia Dortmund nicht allzu wohlgesonnen waren, hatten ihre Meinung schon angefertigt. Sie lautete, dass der Nationalspieler in wichtigen Spielen dazu neige, sich unsichtbar zu machen, zu wenig Faktor für seine Mannschaft zu sein. Dass dies eine Behauptung aus der Vergangenheit ist, belegte der 27-Jährige neuerlich am Mittwochabend in München. Dort, im Duell mit dem großen FC Bayern München, führte er seine Mannschaft mit einem Treffer, einer Vorlage und einer beachtlichen Leistung ins Finale des DFB-Pokals.
Mit den Profi-Jahren hat er sich eine gewisse Ruhe angewöhnt. Auf dem Platz und daneben. Und so sprach er recht unaufgeregt über diesen Coup beim bajuwarischen Rivalen. „Wenn du hier wiederkommst nach einem 1:2-Rückstand, dann zeugt das von einer riesigen Moral“, sagte der Offensivkönner und analysierte kühl: „Das 2:2 war wichtig. Danach hat man gemerkt, dass den Bayern Bayern ein wenig die Kräfte ausgehen. Die Lücken wurden größer und wir haben mehr und mehr an uns geglaubt. Das war ein wichtiger Faktor.“
Und diesen Glauben an die Wende lebte Reus vor. Er ist längst ein unersetzlicher Teil dieser Mannschaft, führt sie mit Leistung an. Nicht umsonst lobt ihn Trainer Thomas Tuchel in schöner Regelmäßigkeit über alle Maßen. Dieser Reus sei ein neuer Reus, sagt er. Gereift, selbstbewusst, abgeklärt, gefährlich. Eine Kombination, die hoffen lässt, dass sich bald ein erstaunlicher Makel in der Karriere eines Hochbegabten beheben lässt. Denn noch immer hat er keinen bedeutsamen Titel gewinnen können. Mal fehlte er verletzt, mal unterlag er mit seinen Mannschaften im entscheidenden Augenblick.
Der beste Reus?
Ist dies also nun der beste und selbstsicherste Reus aller Zeiten? Er schmunzelt. „Es kommen viele Faktoren zusammen. Ich fühle mich gut, wir haben eine super Mannschaft und ich bin froh, ein Teil davon zu sein. Ich habe einiges erlebt und natürlich muss ich voran gehen.“ Er saß nicht im Bus, als die Bomben vor zwei Wochen detonierten. Aber er weiß um die Leistung der Kollegen, die mit den Bildern im Kopf große Leistungen abliefern. „Dieses Spiel heute und das in Gladbach kann man nach den vergangenen zwei Wochen nicht hoch genug bewerten.“ Als Symbol dessen nannte er Abwehrchef Sokratis. „Papa hat die ganze Woche angeschlagen gefehlt, hat einmal mit der Mannschaft trainiert und war heute überragend. Nicht nur ich, sondern das ganze Team tritt mit viel breiterer Brust auf. Als Team sind wir noch stärker zusammengewachsen.“
Möglich, dass sie dieses Gefühl bis zur goldenen Trophäe in Berlin trägt. Gegner dort ist Außenseiter Eintracht Frankfurt. „Im Pokal ist alles möglich. Wie jedes Jahr ist es aber so, dass man den Pott auch holen möchte, wenn man in Berlin ist.“ Zum vierten Mal in Serie haben es die Borussen nun schon in die Hauptstadt geschafft. Nun soll endlich wieder der Titel her. Auch für Marco Reus.