München. Gerüchte beunruhigen den BVB: Lockt der FC Bayern Pulisic, Weigl und Dembélé nach München? Im Interview spricht Karl-Heinz Rummenigge Klartext – und äußert sich zu Aubameyangs Maskenspiel.
- Gerüchte beunruhigen den BVB: Lockt der FC Bayern Pulisic, Weigl und Dembélé nach München?
- Im Interview spricht Karl-Heinz Rummenigge Klartext
- Er äußert sich auch zu Aubameyangs Maskenspiel
Es ist das Topspiel am Samstag. Und das, obwohl Bayern einsam auf Platz 1 liegt und Rivale Borussia Dortmund nur auf Platz 4. Aber Bayern gegen BVB ist immer etwas Besonderes. Meint auch Karl-Heinz Rummenigge (61), der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern, vor dem Duell in München (18.30 Uhr/Sky, live in unserem Ticker).
Herr Rummenigge, 0:1 in Hoffenheim verloren - und trotzdem mit zehn Punkten Vorsprung auf Platz 1. Macht Ihnen die Bundesliga-Tabelle eigentlich selbst noch Spaß?
Karl-Heinz Rummenigge: Es gab eine große Spannung bis vor fünf, sechs Spieltagen. Wir hatten nur vier, fünf Punkte Vorsprung. Dann gab es bei den anderen ein paar Niederlagen, speziell von Leipzig. Dafür können wir nichts. Wer in Wirklichkeit ein Stück unter Wert steht, ist Borussia Dortmund. Die sind 15 Punkte hinter uns. Angesichts der Qualität der Mannschaft hätte ich sie ein Stück näher an uns erwartet.
Haben Sie eine Erklärung für die Formschwankungen?
Karl-Heinz Rummenigge: Was natürlich auffällt: Alle, die in der Champions League spielen, haben am Samstag nach dem Mittwoch-Spiel Probleme. Das ist speziell für die jungen Spieler bei Borussia Dortmund eine neue Situation. Dir fehlt Kraft, die Erfahrung: Dann passiert halt so etwas.
Die fünfte Meisterschaft in Folge ist Ihnen kaum zu nehmen. Wir haben wenig Hoffnung, dass die Bayern in der Bundesliga Spannung zulassen.
Karl-Heinz Rummenigge: Es gibt Mannschaften, die besser stehen müssten. Mönchengladbach, Schalke, Leverkusen, Wolfsburg. Uns ist es gelungen, dass wir die Form hochgehalten haben. Wir treiben die Spieler dazu, dass sie die Bundesliga nicht als Alltag abtun, sondern als eine ständige Herausforderung, als ein Perpetuum Mobile: Die Meisterschaft ist der ehrlichste Titel, weil nach 34 Spielen nicht Glück und Pech entscheiden.
Zurück zu meiner ersten Frage: Macht eine solche Meisterschaft Spaß?
Karl-Heinz Rummenigge: Ja. Ich gehe ins Stadion, um mich idealerweise zu unterhalten, um die Anspannung zu spüren. Und da begeistert mich unsere Mannschaft. Ich finde es erstaunlich, dass eine Mannschaft fünf Jahre lang in dieser Qualität national und international die Dinge herausragend bewältigt.
Geht von RB Leipzig in den nächsten Jahren eine Gefahr aus?
Karl-Heinz Rummenigge: Sie werden in jedem Fall hohe Ziele haben. Man darf nicht vergessen, wer dort das Geld gibt. Dietrich Mateschitz hat mit Red Bull auch in der Formel 1 unter Beweis gestellt: Wenn er mal Blut geleckt hat, ist er zu hohen Investitionen bereit. Im ersten Jahr hast du Euphorie und große Motivation. Aber wenn sie nächstes Jahr Champions League spielen, und davon darf man ausgehen, ist die Beanspruchung der Mannschaft höher. Dem werden sie auf dem Transfermarkt Rechnung tragen.
Was ist Ihre Erwartungshaltung an Borussia Dortmund in dieser Konstellation?
Karl-Heinz Rummenigge: Ich finde grundsätzlich die Entwicklung von Borussia Dortmund über Jahre sehr positiv. Man darf nicht vergessen: 2004 waren sie mehr oder weniger zahlungsunfähig. Dann ist mein Kollege Aki Watzke gekommen und hat den Laden erst einmal finanziell sanieren müssen. Das ist ihm sehr gut gelungen. Und auch den sportlichen Bereich hat er runderneuert. Die machen einen sehr guten Job. Der BVB hat eine klare Strategie und Philosophie. Das ist das wichtigste. Und sie verfolgen ihre Ziele konsequent. Deshalb bin ich überzeugt: Borussia Dortmund wird in Deutschland der größte Konkurrent von Bayern München sein.
Pulisic, Weigl oder Dembélé: Wen vom BVB holen Sie zuerst, um den Konkurrenten zu schwächen?
Karl-Heinz Rummenigge: Ich lese diese Gerüchte ja auch. Aber ich stelle fest, dass immer weniger von dem stimmt, was geschrieben wird. Ich kann heute garantieren, dass wir keinen dieser Spieler kontaktiert haben oder kontaktieren werden. Wir haben ein komplett entspanntes und seriöses Verhältnis zu Borussia Dortmund. Die Transfers von Mats Hummels, Mario Götze und Sebastian Rode sind voriges Jahr ganz in Ruhe und in völliger Übereinkunft abgewickelt worden. Ohne Stress. An diesem Verhältnis wird sich nichts ändern.
Diese drei sind ja attraktive Spieler. Wir haben Sie richtig verstanden: Sie holen keinen von denen?
Karl-Heinz Rummenigge: Ja, keinen. Außerdem, warum sollte Borussia Dortmund sie verkaufen?
Es ist überraschend, dass Sie das so zusagen.
Karl-Heinz Rummenigge: Wir waren da nicht dran und gehen auch nicht dran.
Bei Hoffenheim waren Sie nicht so zimperlich — und holten Rudy und Süle. Und haben angeblich auch zwei bei Leverkusen im Visier — Brandt und Henrichs. Unterbrechen Sie dort nicht die Entwicklung möglicher Konkurrenz?
Karl-Heinz Rummenigge: Wir kaufen grundsätzlich keinen Spieler, um einen Klub zu schwächen, sondern um uns zu stärken. Und wo findest du gute Spieler, die Bayern München stärker machen? Die findest du bei guten Klubs, die oben sind. Dass wir uns damit befassen, ist unsere Aufgabe.
Wie weit geht der Solidaritätsgedanke noch? Bayern bekommt von Sponsoren so viele Millionen — wie sollen zum Beispiel Hamburger SV und Hertha BSC mithalten?
Karl-Heinz Rummenigge: Wir haben die solidarischste Liga in Europa. Klar, ein Klub wie Bayern München ist nachgefragter als Klubs im unteren Drittel der Bundesliga. Aber wir müssen uns auch eine Wettbewerbsfähigkeit gegen Real Madrid schaffen, gegen die wir in der Champions League spielen. Das ist alles im Kontext zu sehen.
Was können HSV und Hertha dagegen tun?
Karl-Heinz Rummenigge: Ein Klub wie der HSV ist für die Bundesliga sehr wichtig. Er war im Norden immer der eine Klub. Das Problem ist: Sie haben zwischendurch ihre Ziele nicht mehr erreicht. Sie haben Champions League gespielt — und dann den roten Faden verloren. Wenn du über ein Jahrzehnt nicht international dabei bist, hast du automatisch Probleme, im Konzert der Großen mitzuhalten. Ich kann nur eins sagen: Borussia Dortmund kann ein Vorbild für diese Klubs sein. Ich wiederhole mich: Mein Kollege Aki Watzke, vor dem ich großen Respekt habe, hat ein wunderbares Beispiel dafür geliefert, wie man die Dinge wieder ins Positive drehen kann. Man kann davor nur den Hut ziehen.
Woran denken Sie konkret, wenn Sie Watzke so loben?
Karl-Heinz Rummenigge: Der wichtigste Angestellte in einem Klub ist der Trainer. Da haben sie mit Klopp einen gehabt, der perfekt in das Umfeld gepasst hat. Ich finde, Tuchel ist auch ein guter Trainer — auch wenn er manchmal kritisiert wird. Dazu haben sie kluge Transfers gemacht und haben sich gut entwickelt. Borussia Dortmund ist ein Klub, an dem sich andere orientieren können.
Was würden Sie mit Robert Lewandowski machen, wenn er auf dem Rasen Werbung für einen anderen Sponsor machen würde — so wie Aubameyang für Nike?
Karl-Heinz Rummenigge: Ich verstehe das Verhalten der Dortmunder, verstehe, dass sie Aubameyang nicht zu hart angegangen sind. Er ist wahrscheinlich der beste und wichtigste Spieler des BVB. Er hat wieder 25 Tore erzielt. Sie brauchen ihn.
Er hatte auch das Nike-Zeichen in der Frisur. Und mit Nike traten auch Spieler bei Ihnen, dem Adidas-Klub, auf. Götze bei der Pressekonferenz. Spieler in der Kabine.
Karl-Heinz Rummenigge: Nike ist da nicht sehr fair. Da müssen sie als Sportkonzern aufpassen. Puma und Adidas haben solche Nummern noch nicht abgezogen. Es fällt schon auf, dass Nike regelmäßig mit solchen Aktionen auffällig wird. Wir haben es den Spielern klar verboten.
Als Vorstandsvorsitzender regeln Sie offenbar viele Themen selbst. Wozu brauchen Sie überhaupt einen Sportdirektor?
Karl-Heinz Rummenigge: Ich will es so ausdrücken: Grundsätzlich ist hier alles im grünen Bereich. Wir hatten eine wichtige Baustelle: die Besetzung des Nachwuchsleistungszentrums. Da haben wir in Hermann Gerland für den sportlichen Bereich und in Jochen Sauer für den administrativen Bereich Topleute gefunden. Das lag uns auf der Leber. Diese Lösung lässt uns jetzt ruhig schlafen.
Und trotzdem wollten Sie Max Eberl.
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Karl-Heinz Rummenigge: Fakt ist: Wir haben Max Eberl kein Angebot gemacht. Es wird da ein Stück zu viel spekuliert. Ich kann bestätigen, dass ich zu Herrn Königs in Mönchengladbach ein Superverhältnis habe. Die Klubs verstehen sich untereinander sehr gut. Als wir dort gespielt haben, habe ich ihn nur gefragt, wie er die Situation sieht. Da hat er ganz klar gesagt: Sie haben mit Max Eberl einen Vertrag bis 2020 und werden ihn auf keinen Fall vorzeitig aus dem Vertrag entlassen. Da habe ich gesagt: Okay, die Sache ist damit erledigt. Das Thema Ablöse, von dem ich immer wieder lese, war übrigens auch nie eine Forderung von Mönchengladbach.
Aber Uli Hoeneß hat mit ihm Ende 2016 in Düsseldorf gesprochen.
Karl-Heinz Rummenigge: Ich muss dazu sagen: Unser Plan war es immer, Philipp Lahm in die Position des Sportdirektors zu bringen. Da waren die Gespräche ziemlich weit. Für uns ein bisschen überraschend, hat Philipp dann abgesagt. Dafür haben wir Verständnis. Er hat 15 Jahre Fußball gespielt. Er wollte jetzt mal ganz raus. Er ist ein intelligenter Mensch und auch immer interessanter Gesprächspartner. Mal abwarten, wie sich das Ganze entwickelt. Die Tür ist da ja zumindest nicht geschlossen worden.
Wenn wir schon über die Zukunft sprechen: Würden Sie bestätigen, dass Julian Nagelsmann Ihr nächster Trainer nach Carlo Ancelotti wird?
Karl-Heinz Rummenigge: Darauf kann ich Ihnen keine seriöse Antwort geben. Ich weiß nur, dass wir mit Carlo total zufrieden und glücklich sind. Ich wünsche mir, dass er lange Trainer vom FC Bayern bleibt. . .