Dortmund. . Der Nationalspieler muss beim BVB den Top-Torjäger ersetzen. Noch hat er keinen Liga-Treffer – aber ist jetzt mit Götze und Reus vereint.
André Schürrle lümmelte auf dem Sofa herum. Dann tat er, was prominente Fußballer heutzutage halt so tun, wenn sie etwas Muße haben: Er fotografierte sich und verbreitete das Bild im Internet. Schwarzes T-Shirt, Dreitage-Bart, müder bis lässiger Blick. Im Hintergrund: Ein Wohnzimmerregal mit nahezu ausschließlich freien Flächen. Als sein guter Freund (neudeutsch: Bro, der) Marco Reus, ebenfalls prominenter Fußballer, das Foto sah, bot er dem erst im Sommer Zugezogenen spontan Hilfe bei der Einrichtung an: „Bro, ich hab noch ’n paar Bücher für dein Regal.“
2012 begann alles so richtig
Wie das Regal nun ein paar Wochen später aussieht, ist nicht überliefert. Aber in diesen Tagen ist es so, dass sich jener André Schürrle erneut neu einrichten muss. Auf dem Platz. Während der Abwesenheit des beim Afrika-Cup weilenden Torjägers Pierre-Emerick Aubameyang wird der Mittelfeldspieler die Rolle als Stürmer einnehmen, so im ersten Bundesligaspiel des neuen Jahres bei Werder Bremen am Samstag (15.30 Uhr).
Aber auch in dieser neuen Umgebung wird er sich auf freundschaftliche Unterstützung verlassen können. Auf Reus, der ebenso an seiner Seite auftauchen wird wie Mario Götze. Seit mehreren Jahren sind die drei nun schon Freunde, buchen gemeinsame Urlaube, schreiben sich in einer eigenen Whats-App-Gruppe. 50 Millionen Euro ließ es sich Schwarz-Gelb im Sommer kosten, Schürrle und Götze zu Reus dazu zu kaufen. Nun ist die Zeit gekommen, in der sie auf dem Platz vereint sind.
Beim letzten Testspiel am Dienstag in Paderborn (4:1) bildeten sie die offensive Dreierreihe. Schürrle als Stürmer, wie in den beiden anderen Tests zuvor auch. Das sei „natürlich eine Position, die mir liegt und mir von meinen Fähigkeiten her entspricht“, sagt Schürrle.
So natürlich ist das nun auch wieder nicht: Für seinen neuen Klub hat der 26-Jährige noch kein Bundesliga-Tor geschossen. Lange war er verletzt, dann suchte er nach Fitness, nach Form, nach sich selbst. Und findet sich nun als Hoffnungsträger wieder, als Ersatz für jenen Mann, der dem BVB mit seinen vielen Treffern in der ersten Saisonhälfte über so manche angestrengte Leistung hinweg half. „Mit seinem Sinn für Laufwege kann er unserem Spiel gut tun“, sagt Trainer Thomas Tuchel.
Über den pragmatischen Ansatz hinaus soll die Entscheidung aber offenbar auch therapeutische Zwecke erfüllen. „Das ist die Position, in der sich ,Schü’ am schnellsten Erfolgserlebnisse verschaffen kann“, so Tuchel. Wie wichtig diese für Schürrle sind, zeigte sich ebenfalls in Paderborn: Nach einigen vergebenen Chancen trat er zum Elfmeter an und verwandelte. Zum 4:1. In einem Testspiel. Gegen einen Drittligisten. Schürrle jubelte mit bebender Faust.
Gegenseitige Hilfe unter Champions
Schürrle ist Weltmeister. Er hat in Rio 2014 die Vorlage zum entscheidenden Tor gegeben, das Götze schoss. Reus war zu diesem Zeitpunkt – so wollte es das unbarmherzige Schicksal – mal wieder verletzt. Der Titel fehlt ihm. Dafür hat er den beiden Kollegen voraus, dass er in Dortmund als unverzichtbar wahrgenommen wird.
An diesem Status arbeiten Götze und Schürrle. Sie alle können einander helfen dort anzukommen, wo sie hinwollen. Mit Vorlagen, nicht mit Büchern.