Dortmund. BVB-Torwart Roman Weidenfeller (36) wird im Pokal zum Erfolgsgaranten. Eine Tatsache, die vor dem Spiel gegen Schalke auch Skepsis hervorruft.

Roman Weidenfeller lächelte, als er gegen Mitternacht durch die Katakomben des Dortmunder Stadions ging. Hinter ihm flackerten die Großtaten des Torhüters von Borussia Dortmund über den Bildschirm: Elfmeterschießen, Schuss eins gehalten, Schuss zwei gehalten, Schuss drei mit bloßem Blick an die Latte gelenkt. Dann war es vollbracht. Seine Mannschaftskollegen kamen von der Mittellinie aus zu ihm gelaufen, nahmen ihn in den Arm, bejubelten ihren Torwart. Nach einem DFB-Pokalspiel zwischen den europaweit angesehenen Fußballern des BVB und dem Zweitligisten 1. FC Union Berlin. Bilder, die man so nicht erwartet hatte. Bilder, die etwas erzählen.

Eine Liebeserklärung

Über Weidenfeller zum Beispiel. ­Jenen Mann, der Schwarz und Gelb weit mehr als ein Jahrzehnt lang durch die tiefsten Tiefen und höchsten Höhen begleitet hat. ­Jenen Mann, der seinen sicheren Platz im Tor an Roman Bürki abgeben musste, die Degradierung aber milde ertrug und sich nun ehrlich demütig mit Abenden wie diesen abfindet: nasskalter Oktober, ­zweite Runde im nationalen Pokal, der Gegner nur zweitklassig.

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36 Jahre ist er nun alt, und er weiß längst um die Endlichkeit der Zeit, in der die Drehbücher ihn als Helden hervorbringen. Sein Vertrag läuft am Ende der Saison aus. Als der Sieg amtlich war, schlug er sich vor der Südtribüne mit der Faust auf die Brust, dorthin, wo das Herz schlägt. „Der Verein bedeutet mir Einiges, das weiß jeder. In 15 Jahren habe ich jeden Tag das Bestmögliche für den BVB gegeben. Das wollte ich dokumentieren“, sagte er. Es klang wie eine Liebeserklärung, wenn der Abschied nicht mehr fern zu sein scheint.

Dass ihm aber die Kollegen die Bühne derart überlassen hatten – und das ist, was die Bilder vom Retter Weidenfeller auch erzählen –, besorgt die schwarz-gelbe Gemeinde durchaus überdurchschnittlich, fällt die Tatsache doch in eine sensible Zeit. Seit drei Spielen hat der BVB in der Bundesliga nicht mehr gewonnen und nun am Samstag (18.30 Uhr) ist der FC Schalke 04 nach gewohnt kurzer Anfahrt zu Gast zum gewohnt aufgeregten Revierderby, das zu verlieren stets und immer verboten ist.

Weidenfeller hatte die Stimmung im Dortmunder Lager vor diesem Wochenende gerettet. Daher erlaubte er sich zu sagen, was alle gesehen hatten: „Wir haben heute nicht überzeugt, wir sind nicht gut ins Spiel gekommen, sind fahrlässig mit den Chancen umgegangen und haben es teilweise auch nicht gut heruntergespielt.“ Kritik, die alle Mannschaftsteile betrifft.

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Die Abwehr hatte – mindestens einmal auch mit Weidenfeller als unfreiwilligem Komplizen – Chancen für den unterklassigen Gegner zugelassen, die von überraschender Qualität waren. Das Mittelfeld hütete nicht die richtigen Räume und produzierte viel Ziellosigkeit, die im Sturm beim unsichtbaren Adrian Ramos versandete.

BVB hofft auf die Rückkehr eines Trios

Umso mehr ruhen die Dortmunder Hoffnungen auch auf jenen, die in die Mannschaft zurückkehren könnten. Raphael Guerreiro und André Schürrle trainierten nach Verletzungen am Donnerstag erstmals wieder mit der Mannschaft. Bei beiden werde es „eine Last-Minute-Entscheidung“, wie Trainer Thomas Tuchel meint. Viel besser sieht es bei Stürmer Pierre-Emerick Aubameyang auch nicht aus. „Ich gehe fest davon aus, dass er im Derby wieder spielen darf“, sagt Tuchel. Das sei aber „eher eine Hoffnung als eine Feststellung“.

Stimmung auf halbmast? „Im Moment habe ich das Gefühl, dass uns das Ergebnis und die Emotion, die im Stadion entstanden ist, geholfen haben“, sagt Tuchel mit Blick auf Samstag. Er weiß, dass dann wieder mehr gefordert sein wird als das, was laut Roman Weidenfeller von diesem Pokalspiel übrig blieb. „Wir sollten heute zufrieden sein, dass das Glück auf unserer Seite war“, sagte er. Das Glück – und Weidenfeller. Am Samstag sitzt er wieder auf der Bank.