Essen. Frank Ribéry sieht sich in der Opferrolle und verteidigt sein flegelhaftes Benehmen. Aber: Der Bayern-Spieler ist nicht das Opfer. Ein Kommentar.

  • Frank Ribéry sieht sich in der Opferrolle und verteidigt sein flegelhaftes Benehmen
  • Aber: Der Bayern-Spieler ist nicht das Opfer
  • Ein Kommentar zu Frank Ribéry

Es ist schon sehr kurios, wie Franck Ribéry sein flegelhaftes Benehmen auf dem Fußballplatz verteidigt. „Dann wehre ich mich“, sagte der Franzose und Bayern-Star, nachdem ihm Gegner reihenweise nicht geahndete Tätlichkeiten und Boshaftigkeiten nachgewiesen und vorgeworfen hatten. Ich wehre mich – das klingt, als sehe sich Ribery hier in der Opferrolle. Und um es hier genauso deutlich zu sagen: Nein, Ribéry ist nicht das Opfer.

Allein Borussia Dortmund könnte mindestens drei Fälle aufzählen, als Ribéry vom Platz gestellt werden musste – aber nicht wurde. Und Dortmund das Spiel nicht gewann.

"Ich werde getreten wie nie", sagt Ribéry in der neuen Ausgabe von Sport-Bild. Ja, das stimmt wohl. Weil er ein flinker und schneller Spieler ist und die Gegner sich nicht besser zu helfen wissen, um ihn zu stoppen. Neun Monate war Ribéry ausgefallen. Er hat Angst, dass er wegen dieser Härte auf dem Platz abermals eine Periode des Leidens durchmacht. Beim Fußball gilt nicht das erste Testament, wo es Auge um Auge, Zahn um Zahn geht. Sondern um das zweite: Dann halte halt die linke Wange hin, wenn du an der rechten getroffen wirst. Nur das zeichnet große Spieler aus. Wir erinnern uns an Cristiano Ronaldo im EM-Finale. Kein Wort des Jammerns, als er nach einem miesen Foul eines Franzosen vom Platz musste. Vielleicht macht das den Unterschied aus.

Welcher genialer Starspieler wird nicht attackiert?

Mag ja sein, dass Ribéry sehr hart attackiert wird. Welcher genialer Starspieler denn nicht? Oder meint irgendwer, Lionel Messi, Neymar oder Cristiano Ronaldo würden nicht eine enge Bewachung körperlich zu spüren bekommen? Von denen drei ist aber nicht überliefert, dass sie in regelmäßigen Abständen ausrasten und Gegnern ins Gesicht greifen, sie umreißen, umtreten und schlagen.

Und selbst wenn: Die Selbstjustiz bleibt beim Fußball verboten. Auch Ribéry, der Angst um die Gesundheit zeigt, hat nicht das Recht auf eine direkte Vergeltung auf dem Rasen. Auch er muss dem Schiedsrichter vertrauen. Wenn der das eine Foul an Ribéry nicht erkennt, wird er die Abstrafung erfahren. Das zu klären, ist nicht die Sache von Spielern. Und keinesfalls von einem Serientäter wie Ribéry, der zwar nicht immer die Gesundheit seiner Gegenspieler verletzt, aber das Ansehen das Sports und seine Vorbildrolle als Fußballspieler.

Ja, Vorbildrolle. Auch im harten Fußballgeschäft gibt es Werte, die nicht mit Geld zu bezahlen sind. Der Kampf gegen Rassismus. Um Fairness auf dem Rasen. Ribéry bekommt seine geschätzt zehn Millionen Euro im Jahr auch dafür, dass er Kindern und Jugendlichen ein Vorbild ist. Dass er Fouls mannhaft erträgt und nicht zurückschlägt, weil es ihm gegen den Strich geht. So spontan angriffslustig und dumm verhalten sich Gangs auf dem Schulhof und Pegida-Anhänger in Dresden. Nicht aber Millionäre in kurzen Hosen.

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