Hagen. BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke im Interview: Englands Fußball hält er für verrückt, die Werbung mit seinen Nationalspielern für unzulässig.

  • Dreistelligen Millionenbetrag hat BVB im Sommer 2016 für Spieler kassiert
  • In der gleichen Größenordnung hat der Fußball-Bundesligist investiert
  • BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke im Interview

Die Zahlen könnten Schwindel verursachen: Einen dreistelligen Millionenbetrag hat Borussia Dortmund in diesem Sommer für Spieler kassiert, in der gleichen Größenordnung hat der Fußball-Bundesligist investiert. Ein Gespräch mit BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke (57).

Herr Watzke, Sie dürfen nach einem Jahr der Abstinenz am heutigen Donnerstag wieder nach Monaco reisen, wenn die Champions League ausgelost wird. Haben Sie sich schon eine Gruppe zurechtgelegt?

Hans-Joachim Watzke: Ich habe mich am Morgen nach dem DFB-Pokalspiel in Trier erstmals damit beschäftigt. Wir liegen ja in Topf zwei, ein Szenario wären die Gruppengegner FC Barcelona und Tottenham Hotspur, das fänd' ich ambitioniert (lacht). Aber wir müssen es ohnehin nehmen, wie es kommt. Die stärkste Gruppe, die wir je hatten, war die mit Real Madrid, Manchester City und Ajax Amsterdam – und die haben wir als Gruppensieger abgeschlossen.

BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke mit den Redakteuren Pit Gottschalk (re.) und Daniel Berg.
BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke mit den Redakteuren Pit Gottschalk (re.) und Daniel Berg. © Ralf Rottmann/ Funke Foto Services

Das war in der Saison 2012/13, die erst im Finale endete. Damals wirbelten Marco Reus und Mario Götze zusammen Europa durcheinander. Nun kommt auch noch André Schürrle dazu. Ist das die beste BVB-Mannschaft der jüngeren Vergangenheit?

Watzke: Wir haben eine höhere Dichte, mehr Quantität an Qualität als im vergangenen Jahr, das ist klar. Ich habe das Gefühl, dass wir mittelfristig sehr viel Erfolg mit dieser Mannschaft haben werden, aber man darf nie außer Acht lassen, dass wir drei gestandene Spieler verloren haben und acht neue Leute geholt haben, von denen der älteste 25 Jahre alt ist. Der Trainer muss die Aufgabe lösen, die Mannschaft zu einer homogenen Einheit zusammenzuführen. Er wird das schaffen, aber es wird womöglich ein bisschen dauern. Deswegen dürfen wir uns nicht wundern, wenn wir mal Rückschläge erleben. Damit werden wir aber ruhig umgehen, wie es beim BVB üblich ist.

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Was sagen Sie jenen, die den Schürrle-Transfer nicht verstanden haben?

Watzke: Dass sie ihn in einem Jahr hoffentlich verstanden haben werden.

Er hat zwei Jahre keine herausragenden Leistungen gebracht und war dafür mit 30 Millionen Euro Ablösesumme sehr teuer.

Watzke: Heutzutage ist fast jeder Spieler zu teuer. Wir haben bei Andre Schürrle das gleiche gemacht wie immer: Wir beurteilen nicht, was in den letzten ein, zwei Jahren gewesen ist, sondern analysieren sein Potenzial. Das machen wir mit allen Spielern, die jünger als 25, 26 Jahre sind. Das Potenzial von Schürrle ist so groß, dass er bei uns eine tragende Rolle spielen kann.

Einige Millionen zu viel für ihn sind also zu verschmerzen?

Watzke: Wir sehen sehen den Transfer im Paket mit dem von Mario Götze. Die beiden ergänzen sich sehr, sehr gut. Wir waren sehr früh bemüht, beide zusammen zu verpflichten. Mario als den Spieler, der sich in engen Räumen wohl fühlt, und Andre als den, der die passende Geschwindigkeit dazu hat. Wir wussten nur nicht, ob es uns gelingen würde, das finanziell zu stemmen. Und dann haben wir für Mats Hummels, Ilkay Gündogan und Henrikh Mkhitaryan, die alle nur noch ein Jahr Vertrag hatten, die unfassbare Summe von mehr als 100 Millionen Euro erhalten. Das ist Wahnsinn. Der Schlüssel zur Möglichkeit, Götze und Schürrle zu verpflichten, war allerdings der Transfer von Marc Bartra. Wenn man Hummels verkauft, Bartra holt und anschließend aufgrund der festgeschriebenen Ablösesumme für Marc 30 Millionen Euro übrig hat, dann geht das.

Mit Trainer Thomas Tuchel hatte Schürrle vermutlich auch einen prominenten Fürsprecher.

Watzke: Thomas Tuchel ist total von ihm überzeugt. Ich habe das oft erlebt: Wenn Spieler durch einen Trainer geformt worden sind, dann fühlen sie sich bei ihm besonders wohl. Beispiel: Raffael. Der ist dem Lucien Favre überallhin gefolgt und hat überall wunderbar funktioniert. Thomas Tuchel hat Schürrle in Mainz herausgebracht. In Leverkusen hat er danach eine gute Zeit gehabt, bei Chelsea, hat es nicht hundertprozentig funktioniert. Seine Quote an Torbeteiligungen war aber immer mindestens ordentlich. Er wird Vorlagen liefern und Tore schießen. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass es funktionieren wird. Ich habe ihn jetzt im Trainingslager in der Schweiz erlebt und glaube, dass er ein außergewöhnlich guter Typ für die Mannschaft ist. Das ist ein toller Bursche. Der passt bei uns rein.

Warum Watzke von Mkhitaryan enttäuscht war 

War der Schürrle-Transfer auch ein Zugeständnis an Tuchel, weil drei Top-Leute, darunter sein vermeintlicher Lieblingsschüler Mkhitaryan, gingen?

Watzke: Natürlich hätte ihn Tuchel lieber behalten, aber Borussia Dortmund ist kein Wunschkonzert. Wir waren ja auch der felsenfesten Überzeugung, dass er bleiben würde.

Woher kam die?

Watzke: Aus allen Gesprächen mit ihm.

Hat er sie angelogen?

Watzke: Er ist kein übler Kerl, gelogen hat er nicht im klassischen Sinne. Aber es gibt eine Zone, in der man aus Worten das eine und das andere interpretieren kann. Wir hatten immer das Gefühl, dass er bei uns bleibt. Die Legende, dass ihn der böse Berater zum Wechsel getrieben hätte, ist nicht wahr. Mino Raiola ist natürlich ein spezieller Typ, der ist ein bisschen krawallig, aber er macht nichts anderes, als den Willen des Spielers umzusetzen. Der Wille des Spielers war definitiv, zu Manchester United zu wechseln. Aber wir haben im Gegenzug eine Summe erzielt, die ich nicht annähernd für möglich gehalten hätte. Ich war von einer Größenordnung von 25 Millionen Euro ausgegangen. Und dann kam diese Offerte, da gab es keine Alternative mehr...

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Sind Sie enttäuscht von Mkhitaryan?

Watzke: Enttäuscht war ich, dass er im DFB-Pokalfinale gegen die Bayern den Elfmeter nicht geschossen hat, da muss man als Führungsspieler vorangehen. Aber ich sehe diese Auflösungserscheinungen nicht, wenn mal einer geht, oder wie in diesem Fall drei.

Warum nicht?

Watzke: Die Spieler, die uns verlassen, gehen zu den besten fünf Mannschaften Europas. Aber es gibt eben auch noch ein paar tausend anderer Vereine, die Spieler haben. Da können wir rekrutieren. Vielleicht ist das unbescheiden, wenn ich das sage, aber wir – vor allem Michael Zorc und sein Team - haben eine besondere Expertise, Spieler zu holen, die den letzten Schritt noch nicht gemacht haben. Wir sind regelmäßig rechtzeitig da. Raphael Guerreiro zum Beispiel: der wäre jetzt nach dem EM-Titel mit Portugal gar nicht mehr zu bezahlen. Aber wir waren da, als er noch nicht ein Spiel in der französischen Liga gemacht hatte. Oder Osmane Dembélé: Der braucht noch Zeit, aber mit dem waren wir uns eigentlich schon einig, bevor er sein erstes Spiel in der französischen Liga gemacht hatte. Wären wir drei Monate später gekommen: vorbei! Wir haben Gündogan und Hummels verkauft, die haben wir von Bayern II und Nürnberg für jeweils etwa vier Millionen Euro geholt. Shinji Kagawa, Robert Lewandowski und Sven Bender kommen dazu. Und natürlich Julian Weigl, der zählt jetzt zu den begehrtesten Spielern Europas, den haben wir vor einem Jahr vor den Augen aller von 1860 München geholt. Das können wir bei aller Bescheidenheit offenbar ein bisschen.

Und trotzdem sind Sie in diesem Sommer schwer ins Rotieren geraten.

Watzke: Diese Transferperiode hat uns gefordert wie keine andere. Ich habe das am eigenen Leib erfahren. Ich war in Italien, wollte das erste Mal seit drei oder vier Jahren 14 Tage Urlaub mit meiner Frau machen. Und am vierten Tag hat sie gesagt, das machen wir jetzt nicht mehr, das brechen wir sofort ab, denn ich sehe dich ja eh nicht, du bist immer weg, bist dauernd am Telefon und im Rest der Zeit hast du schlechte Laune. Meine Sommerpause waren jene vier Tage, zu denen An- und Abreise schon dazu gehörten. Bei Michael Zorc war es genauso, weil wir eine Flut an Transfers bewältigen mussten wie noch nie. Acht neue Spieler, vier Spieler verkauft und das Ende ist noch nicht in Sicht. Das war die zwei- bis dreifache Menge eines normales Sommers. Und da sich das zum Teil erst kurzfristig herausstellte, waren wir darauf auch nicht so recht vorbereitet. In anderen Zeiten hatten wir schon im Februar und März die Angelegenheiten geregelt.

Es schien so, als hätte es ein paar Dissonanzen in den Personalien mit Tuchel gegeben.

Watzke: Es gab keine größeren Dissonanzen, aber natürlich gab es Klärungsbedarf. Das wäre mit Jürgen Klopp genauso gewesen. Ich weiß noch, wie emotional Jürgen war, als klar war, dass uns Mario Götze verlässt. Das war nur ein einziger Spieler. Wenn in der Phase drei gegangen wären, hätte ich den Jürgen gern mal erlebt. Insofern war jetzt alles ok. Wir hatten nicht immer die gleiche Meinung. Aber es ist gut wenn man sich mal kontrovers austauscht.

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Sie mussten die Worte des Trainers einfangen, der den Dortmunder Weg als „riskant“ bezeichnet hatte. Sie nannten ihn ausdrücklich „ambitioniert“. Warum?

Watzke: Thomas Tuchel war in diesem Augenblick nicht bewusst, dass das Wort „riskant“ bei einem börsennotierten Unternehmen einen gewissen Sprengstoff birgt. Deswegen habe ich das einen Tag später klargestellt und das ist zwischen uns kein Problem. Er wollte damit sagen, dass es Zeit benötigt, eine Mannschaft zu finden und damit hat er ja Recht. Riskant ist das nicht, riskant ist, wenn man gegen den Abstieg spielt.

Ist es Tuchels Hauptaufgabe, den Konkurrenzkampf zu moderieren?

Watzke: Wir haben sehr viele Spieler, vielleicht haben wir einen oder zwei zu viel, das wird sich lösen, es ist ja noch Zeit. Aber ich mache das jetzt seit zwölf Jahren und zehn davon habe ich mir anhören müssen, dass der Kader zu klein ist. Jetzt haben wir einen breiten Kader, und ich höre die Frage, ob es nicht schwierig sei, das zu moderieren. Es muss bei Borussia Dortmund - wie bei anderen europäischen Spitzenklubs - irgendwann auch selbstverständlich sein, dass selbst Topspieler nicht jeden Samstag zum Einsatz kommen.

Wo der BVB auf Geld verzichtet 

Hat sich in diesem Sommer Ihr Blick auf den Markt verändert?

Watzke: Es wird ja immer verrückter, da müssen wir uns nichts vormachen. Wenn man sich in einem Metier bewegen will, in dem es immer und komplett rational zugeht, dann sollte man sich vom Fußball fernhalten. Der ist jetzt gerade stark durch England beeinflusst und das Geld aus dem TV-Vertrag. Wir dürfen uns nicht beklagen, wenn wir es in Deutschland nicht schaffen, ebenfalls 12 oder 14 Millionen Pay-TV-Kunden zu haben, dann ist England einfach im Vorteil. Das Geld ist jetzt da, das lockt noch mehr potenzielle Eigentümer an. Die merken: Da ist Geld drin. Das führt zu skurrilen Entwicklungen. Andererseits muss man auch daraus den Honig saugen.

Wie?

Watzke: Konzeptionell sind die deutschen Spitzenvereine den englischen haushoch überlegen. Wir müssen unseren Weg gehen. Am Ende wird sich die Treue zum Fan auszahlen. Im Bereich Ticketing sind keine Zuwächse mehr möglich. Wir werden in den nächsten Jahren die Preise höchstens um die Inflationsrate erhöhen. Wir müssen unseren Fans klarmachen: Wenn wir die Internationalisierung forcieren, um in Europa konkurrenzfähig zu sein, dann müssen wir auch etwas geben. Der Eintrittspreis muss in Deutschland in den nächsten Jahren stabil bleiben. Beim BVB werden wir es jedenfalls so halten. In England gibt es ganz andere Exzesse, da wollen alle vormehmlich Geld verdienen. Auf den Tribünen sitzen die Investmentbanker, die bereit und in der Lage sind, jeden Preis zu zahlen, und der klassische Arbeiter aus Liverpool oder Leeds ist gar nicht mehr im Stadion. Wir müssen diese etwas puristische deutsche Art fortsetzen - und irgendwann verkehrt sich das wieder ins Gegenteil. Irgendwann werden auch in England die Leute erkennen, dass ihr Weg der falsche ist.

Wenn der Brite das denkt, kann er sehr konsequent sein...

Watzke: Der Brexit ist ein gutes Beispiel: Der drückt ein tiefes Unbehagen der Bevölkerung gegenüber diesem enthemmten Turbokapitalismus aus. Im Fußball ist es ja genauso. Und irgendwann haben die Menschen davon die Schnauze voll. Die Leute haben schon resigniert, die können sich kein Ticket mehr leisten und wenn die irgendwann auch kein Pay-TV-Abo mehr abschließen, dann haben wir das Ding gewonnen. Ich glaube, dass das der Weg ist und nicht, sich irgendwelche Scheichs ins Boot zu holen, die als erstes die Ticketpreise um 200 Prozent erhöhen. Irgendwann entlarvt sich das. Ich weiß auch nicht, wie lange der fußballinteressierte Engländer sich das noch ansieht, dass die Nationalmannschaft vor sich hin dilettiert. Es ist doch klar: Die Besitzer etlicher Klubs in England haben doch kaum Interesse an der Nachwuchsabteilung ihres Klubs. Die wollen nächstes Jahr Erfolg und dann in drei Jahren gewinnbringend verkaufen. Das geht zu Lasten der Jugendarbeit. Da müssen wir ansetzen. Das deutsche System ist das bessere.

Macht sich England seinen Fußball kaputt?

Watzke: Das weiß ich nicht. Die Vereine haben sich aber sehr weit vom Ursprung entfernt. Das große Aber ist jedoch: Sie haben von allen Ligen die meiste Spannung im Titelrennen.

Aber in der Champions League und der Europa League waren englische Vereine in den vergangenen Jahren nicht sehr erfolgreich. Für die immensen Ausgaben, die der englische Fußball hat, ist der internationale Ertrag zu gering.

Watzke: Die Fünfjahreswertung der Uefa lügt nicht. Der BVB liegt dort auf Platz acht, der ist für uns genauso aussagekräftig, wie der zweite Rang in der Bundesliga, weil sich die großen Sponsoren auf die Top 10 in Europa konzentrieren. Wenn du mit ausländischen Sponsoren zusammensitzt, dann lassen die sich als erstes das Uefa-Ranking an die Wand werfen, nicht die Bundesliga-Tabelle. Und wenn du als BVB vor Manchester United, Manchester City und dem FC Liverpool rangierst, dann ist das eine Aussage.

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Wenn das Ticketing erschöpft ist: Woher soll das zukünftige Wachstum der BVB kommen?

Watzke: Aus dem Fernsehen, national, wo die DFL mit Christian Seifert einen für deutsche Verhältnisse fantastischen Vertrag herausgeholt hat. Dazu das internationale Fernsehen. Ich sehe ja, was da los ist, wenn die Bayern oder wir in China oder Amerika aufschlagen. Beim Sponsoring ist auch noch nicht aller Tage Abend. Wir werden die 400-Millionen-Euro-Umsatzmarke in den nächsten Jahren jedenfalls versuchen zu nehmen.

Wie sieht es beim Merchandising aus?

Watzke: Wir verzichten da unter Rücksichtnahme auf unsere Fans zum Teil auf viel Geld. Mit unseren 55.000 Dauerkarten belohnen wir die Treue der Angänger. Andere machen bei 30.000 Schluss. Wir haben jetzt im Supercup gegen die Bayern den höchsten Tagesumsatz aller Zeiten im Merchandising gehabt. Fast 400.000 Euro. Das lag daran, dass nur 15.000 Dauerkarteninhaber im Stadion waren, der Rest waren Leute, die sonst keine Karte bekommen. Jeder hat gekauft. Wir verzichten da sehenden Auges auf Geld, weil wir sagen: Wir haben so viele treue Fans, die auch zu uns stehen, wenn wir im Februar auf Platz 18 stehen wie vor anderthalb Jahren. Das ist unsere Kultur - und dabei bleibt es.

Das sagt Watzke über die Rückkehr von Hoeneß und Götze 

Freuen Sie sich eigentlich auf die erwartete Rückkehr von Uli Hoeneß als Bayern-Präsident?

Watzke: Ich freue mich für ihn. Ansonsten habe ich das nicht zu bewerten. Ich habe mit ihm schon gesprochen, ich hatte ihn auch eingeladen zum Supercup, aber er hat mir nachvollziehbar erklärt, warum er nicht kommen kann. Aber beim nächsten Mal im November ist er dann wieder dabei, vermutlich in Amt und Würden, weil die Präsidentenwahl einen Tag vor unserem Spiel stattfindet. Bayern ist sein Lebenselixier. Wenn er wieder im Amt ist, dann werden wir ganz normal miteinander umgehen. Wir werden für manche Dinge gemeinsam streiten und uns aber auch garantiert wieder in die Haare kriegen. Aber mein erster Ansprechpartner ist ohnehin Karl-Heinz Rummenigge. Und Rummenigge hat es super gemacht in den vergangenen Jahren. Großes Kompliment! Die Bayern haben sich außergewöhnlich entwickelt, Rummenigge hat international inzwischen eine große Reputation. Das hat er gut gemacht.

Der von Ihnen gelobte Karl-Heinz Rummenigge hat zuletzt kritisiert, dass es für die Topspieler zu viele Spiele gibt und dass die deutschen Nationalspieler zu viel für für den DFB und dessen Sponsoren werben. Hat er Ihre Unterstützung?

Watzke: Die hat er komplett. Wir sprechen da eine Sprache. Wenn ich unsere Spieler im Januar, Februar oder März in Autos anderer Hersteller sehe, die dort für die Nationalmannschaft Werbung betreiben, dann kann das nicht sein. Das funktioniert so nicht und das werden wir dem DFB auch klar machen.

Welchen Hebel haben Sie?

Watzke: Wir haben alle Hebel, da können Sie sicher sein. Das einzige, was wir machen müssen, ist Spieler abstellen zum Spielen. Mehr nicht. Die Rechte am Spieler liegen bei Borussia Dortmund. Wir wollen keine Drohszenarien aufbauen, aber gehen Sie mal davon aus, dass wir alle Möglichkeiten haben. Ich sehe noch ein, dass um ein Turnier herum die Sponsoren des DFB zur Geltung kommen sollen, aber nicht schon vier Monate vorher. Diesen Wildwuchs müssen wir jetzt beschneiden. Es gibt Arbeitsebenen zwischen den Klubs und dem DFB, auf denen das thematisiert wird.

Ist das ein Thema bei Ihren Sponsoren?

Watzke: Natürlich ist das ein Thema, und das ist auch richtig so. Denn die Firmen zahlen sehr viel Geld an die Klubs, die Klubs bezahlen die Spieler und mit denen macht der DFB dann Geld, das er für sich behält. Das kann nicht sein.

Wollen Sie an den Geldern beteiligt werden?

Watzke: Man geht ja nicht in solche Gespräche und weiß vorher schon, was das Endergebnis ist. Das Problem ist beim DFB klar benannt worden, und jetzt werden wir mal schauen. Aber da marschieren die großen Vereine Seite an Seite. Wer ist eigentlich der DFB, der jedes Jahr von seinem Mitgliederzuwachs berichtet? Woher kommt der denn bitteschön? Genau, aus den Vereinen. Und aus welchen Vereinen? Die drei größten Vereine sind Bayern München, Schalke 04 und Borussia Dortmund, das heißt, wir haben zusammen fast 600.000 Mitglieder. Zehn Prozent des gesamten DFB bilden drei Vereine.

Wie ist eigentlich Ihr Kontakt zum FC Schalke und zu Ihrem Freund Christian Heidel?

Watzke: Von ihm wird erwartet, dass er Schalke wieder zu einer gewissen Größe führt, im defensivsten Fall auf Platz drei, vielleicht sogar noch mehr. Die Vormachtstellung des BVB ist ja nicht gottgegeben. Vor zehn Jahren war Schalke in allen Parametern vor dem BVB. Sie hatten mehr Erfolg, mehr Umsatz, das hat sich mittlerweile deutlich gedreht. Christian ist jetzt bei einem größeren Verein, bei dem jedes Wort auf die Goldwaage gelegt wird, wo eine ganz andere Drucksituation herrscht. Aber er hat alle Voraussetzungen, um dort erfolgreich zu sein. Ich drücke ihm auch eingeschränkt die Daumen (lacht). Seit er auf Schalke ist, hatten wir noch keinen Kontakt, spätestens zum Derby hin wird das dann vermutlich passieren.

Am Wochenende steht die erste Bundesliga-Partie gegen Mainz an. Es dürfte interessant werden, wie Mario Götze von den Dortmunder Fans empfangen wird.

Watzke: Wir haben zehn Millionen Fans und 55.000 Dauerkarteninhaber. Die, die ihn im Stadion ablehnen, sind vielleicht 500. Ansonsten gibt es beim BVB eine breite Masse, die seine Rückkehr begrüßt. Es gibt sicherlich eine 80-prozentige Zustimmung für diesen Transfer, mehr bekommst du in Deutschland für nichts. Wenn wir jetzt Messi verpflichten würden, dann würden 20 Prozent der Leute sagen, dass der ja gar nicht köpfen kann. Das ist in Deutschland so. Mario ist ein Dortmunder Eigengewächs, der hat alle Jugendmannschaften durchlaufen und uns zu zwei Meisterschaften geführt. Er wollte unbedingt zurück nach Hause! So einen Spieler für so einen Preis nicht zurückzuholen, dafür müsste man eigentlich in Regress genommen werden.