Dortmund. So richtig ärgern sich die Fans des BVB nicht über die Niederlage in Wolfsburg. Das DFB-Pokalfinale ist wichtiger, meint Kolumnist Julian Bräker.
Es war von vornherein klar, dass das Duell zwischen dem VfL Wolfsburg und dem BVB zwei Wochen vor dem gleichlautenden Pokalfinale nur wenig Rückschlüsse für eben dieses Finale geben wird, weil beide Trainer sicherlich dem Pokal die höhere Wertigkeit zuschreiben würden. So unterlag der BVB mit 1:2, aber so recht ärgern will sich darüber niemand.
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Es überwiegt die Feststellung, dass man einerseits mit einem Sieg gegen Werder Bremen weiterhin aus eigener Kraft die Qualifikation zur Euro League über die Bundesliga schaffen kann. Andererseits zeigte sich der Unterschied von nur drei Punkten zwischen Wolfsburg und Dortmund in der Rückrundentabelle auch auf dem Platz: Es standen sich zwei gleichwertige Mannschaften gegenüber, und der BVB hatte zudem auch noch Pech mit den Schiedsrichterentscheidungen. Ein nicht gegebener Elfmeter und ein klares Abseitstor von Naldo – der BVB hätte das Spiel entsprechend auch 2:1 gewinnen können. Vor dem Spiel in Berlin muss niemand in Furcht vor dem VfL Wolfsburg leben. Es wird ein Spiel auf Augenhöhe, in dem der BVB aber mit dem stimmungstechnischen Heimvorteil punkten kann.
60.000 Borussen an der Spree
Es werden wohl rund 60.000 Borussen nach Berlin pilgern. Etwa 20.000 Tickets hat der BVB vom DFB erhalten, darüber hinaus finden BVB-Fans immer wieder kreative Wege, noch Tickets für das Olympiastadion zu erlangen. Der BVB organisiert zudem ein Public Viewing am Flughafen Tempelhof. 30.000 Karten gibt es für diese „Rudelgucken“ und Stand Montag waren bereits 25.000 davon vergriffen. Nach der Waldbühne wurde mit Tempelhof ein mehr als geeigneter Ort gefunden, um die BVB-Fans zusammenzubringen.
Erfahrungsgemäß sammelt sich die schwarz-gelbe Fangemeinde vor dem Spiel am Breitscheidplatz/der Gedächtniskirche. Von dort sind es bis zum Tempelhofer Feld rund sechs Kilometer, die man mit dem ÖPNV, der in den Tickets enthalten ist, in gut einer halben Stunde absolvieren kann. Viel schneller sind die BVB-Fans mit Stadiontickets auch nicht am Olympiastadion. Am Breitscheidplatz werden sich Stadion- und Public Viewing-Gänger also bunt vermischen, so wie es sein sollte: Berlin wird schwarz-gelb und auch wer kein Ticket fürs Stadion bekommen hat, gehört dazu.
Anreise über Straße, Schiene und in der Luft
Der Weg nach Berlin wird wie immer auf allen erdenklichen Wegen zurückgelegt: Ob auf der Straße, der Schiene oder in der Luft, BVB-Fans finden immer ihren Weg zum Ziel. Zwei Sonderzüge werden in die Bundeshauptstadt rollen und beide sind natürlich restlos ausgebucht. Der Zug der BVB-Fanabteilung wurde mit fünf Mal so viel Anfragen überhäuft, wie es die 900 zur Verfügung stehenden Plätze möglich machen würden. Auch der zweite Sonderzug des Bündnisses "Südtribüne Dortmund" wird restlos voll sein. Beide Züge sollen etwa zeitgleich in Berlin eintreffen.
Dazu gibt es neben zahlreichen privat anreisenden Fans auch viele Fanclubs, die Busse organisieren. Über das Fanboard der Fanabteilung können noch freie Plätze in Erfahrung gebracht werden. Ein möglicher Bahnstreik würde die Sonderzüge übrigens wohl nicht treffen, schließlich stehen hier private Bahnanbieter hinter der Durchführung. Anders wäre dies bei privat mit der Bahn anreisenden Fans, hier könnte ein Streik für Probleme bei der Anreise sorgen.
Vorbereitungen laufen auch bei der Stadt Dortmund
Ein Pokalsieg bedeutet natürlich auch für die Verwaltung in Dortmund einen gestiegenen Arbeitsaufwand. Dieser ist bereits dieser Tage bildlich im Stadtbild klar zu erkennen: Vom 31.5.2015, 9 Uhr, bis 1.6.2015, 3 Uhr, werden der Borsigplatz und der Wallbereich Dortmund-City gesperrt sein. Es braucht nicht viel Vorstellungskraft, um zu erkennen, dass in dieser Zeit eine mögliche Pokalsiegerfeier an dieser Stelle stattfinden würde.
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Jürgen Klopps Traum – noch einmal mit dem Laster um den Borsigplatz – ist zum Greifen nah. Fraglich ist, ob auch bei einer Niederlage ein solcher Abschied stattfinden würde. Viele Fans forderten bereits, dass der Corso durch die Dortmunder Straßen ergebnisunabhängig fährt, wenn ohne Pokal dann wenigstens zu Ehren des Trainers. Ob dieser und die Mannschaft nach einer möglichen Niederlage darauf Lust haben, erscheint eher unwahrscheinlich. Trotzdem wäre bei einer solchen Abschiedsfeier vermutlich mehr los als bei der Meisterfeier der Bayern in München. So oder so kann es beim Pokalfinale nur eine Marschroute geben: Alles auf Sieg!
Zuvor heißt es Abschied nehmen
Noch vor dem Spiel in Berlin wird es beim letzten Ligaspiel Zeit, Abschied zu nehmen. Sebastian Kehl beendet nach 13 ½ Jahren beim BVB seine Karriere. Eine unvorstellbar lange Zeit, die vielleicht nicht immer ausreichend gewürdigt wurde. Eine derartige Treue zum Verein ist keine Selbstverständlichkeit, gerade weil sie auch in den schwarzen Stunden rund um das Jahr 2005 hielt. Sein Abschied wird auch emotional nicht im Schatten des Abschiedes von Jürgen Klopp nach sieben Jahren stehen, auch wenn der Abschied von Klopp sicher medial mehr im Fokus steht. Ihm haben wir zwei Meistertitel, einen (oder zwei) Pokalsieg(e), zwei Supercuptitel und ein Champions League-Finale zu verdanken.
Als er 2008 den BVB von Thomas Doll übernahm, hätte kaum ein Fan dies in seinen kühnsten Träumen erwartet. Beide werden am Samstag den Abschied erhalten, den sie sich verdient haben. Trotzdem wird der Abschied nicht der letzte Schritt auf der gemeinsamen Wegstrecke sein, denn eine Woche später soll der gemeinsame Weg mit beiden noch einmal gekrönt werden.
18.5.15 – Julian Bräker – www.gibmich-diekirsche.de