Dortmund. . Nach dem 0:1 gegen Bayern richtet Dortmund den Blick auf den Pokal. Dieser Titel ist noch möglich - falls die chronische Tor-Armut überwunden wird.

In Fußballvereinen werfen die Menschen gerne mal einen Blick zurück, sie erfreuen sich ja schließlich an ihrer eigenen Tradition. Darum hängen in dem kleinen Anbau neben dem Dortmunder Trainingsgelände, in dem Jürgen Klopp etwas mehr als 24 Stunden vor dem Anpfiff sitzt, zwei große Bilder auf Tuch an der Wand. Eine Jubelszene vom Champions-League-Sieg 1997 und eine Spielszene mit Jan Koller. Ewigkeiten her. Klopp sagt: „Der Pokal ist unglaublich wichtig – und ich würde mich freuen, wenn man das unserem Spiel ansehen würde.“

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Dieses unglaublich wichtige Fußballspiel findet am Dienstagabend im Stadion von Borussia Dortmund gegen 1899 Hoffenheim (20.30 Uhr/ARD und im Live-Ticker) im Rahmen des DFB-Pokals statt. Es ist das Viertelfinale und von dort sind es nur noch zwei Siege, um das Finale von Berlin zu erreichen. Das Finale, in dem ein Platz im Europapokal erspielt werden kann.

Chronische Tor-Armut

Wenn es einen Ort gibt, an dem diese triste Saison zu retten wäre, dann jenen, an dem Schwarz-Gelb 2012 den größten Triumph der Vereinsgeschichte festzurrte: Der Meister sicherte sich auch den Pokalsieg. 5:2 gegen die Bayern. Drei Tore von Robert Lewandowski. Im vereinseigenen Museum im Stadion liefen Wiederholungen davon sogar am vergangenen Samstag, als der Stürmer sein Tor bereits erzielt hatte. Gegen Dortmund.

Lewandowski, der Profi des FC Bayern München, hatte den Unterschied ausgemacht in diesem Bundesliga-Duell zwischen einer Mannschaft, die nicht viel mehr konnte, und einem Team, das nicht viel mehr wollte. Die Borussia litt in diesen 90 Minuten am fast schon chronischen Krankheitsbild: Tor-Armut. In vier der letzten fünf Partien brachte Dortmund keinen Treffer zustande. Gegen Bayern musste es zudem mit ansehen, wie Lewandowski alles, was der BVB als bei sich fehlend beklagt, mitbrachte: Entschlossenheit, Robustheit, Gedankenschnelle.

Was dem BVB am meisten fehlt

Wie zu besten Dortmunder Zeiten behauptete er in Höhe oder Geschwindigkeit absurdeste Anspiele gegen zwei, drei Gegenspieler. So entstand das eine Tor, das München zum Sieg reichte und Dortmunds Weg in die Europa League über die Liga wieder so sehr erschwerte. „Er war großartig“, adelte Bayerns Star-Trainer Pep Guardiola seinen Sieggaranten. Lewandowski ist womöglich der, der Dortmund am meisten fehlt. Nicht Mario Götze. Nicht Shinji Kagawa oder Nuri Sahin, als sie noch weg waren.

Wo einst das Spektakel zu Hause war, ist nun Ideenlosigkeit eingekehrt. „Natürlich ist das problematisch, gerade hier zu Hause“, meint Sportdirektor Michael Zorc über die ausbleibenden Treffer. „Die Problematik ist uns bekannt. Wir machen uns darüber keine Sorgen, aber Gedanken“, ergänzt Klopp, der sich wundert, dass seine Spieler manchmal „20 Meter vor dem Tor stehen und gar nicht die Idee haben, zu schießen“. Lieber versuchen sie noch einen Pass dorthin, wo früher Lewandowski lauerte und nun Pierre-Emerick Aubameyang etwas ratlos steht.

Dienstagabend soll alles besser werden. Und wenn nicht, dann muss eben ein 0:0 und ein Elfmeterschießen reichen. „Das ist ja noch ein Saisonziel, nach Berlin zu kommen“, erinnert Michael Zorc, als sei in den Wirrungen einer verunglückten Saison in Vergessenheit geraten, dass andere Ziele längst verpasst sind. Inmitten des grauen Alltags ist der güldene Schein der DFB-Pokal-Trophäe so betörend wie selten. Es ist der Cup der guten Hoffnung.

Erinnerungen an Doll und 2008

Das erinnert an 2008. Dortmund dümpelte im Liga-Mittelfeld herum, das Pokal-Viertelfinale stand an: gegen Hoffenheim. Trainer war damals noch für ein paar Monate Thomas Doll. Dessen Nachfolger wurde Klopp, der eine erfolgreiche Ära begründete. Doch in dieser Saison hat er einen Punkt weniger gesammelt als sein Vorgänger zum gleichen Zeitpunkt der damaligen Spielzeit. Aber zu viel soll man ja auch nicht in der Vergangenheit kramen.