La Manga. . Für Kevin Kampl geht mit seinem BVB-Transfer ein Traum in Erfüllung. „Vorangehen“ soll der 12,5-Millionen-Zugang beim Kellerkind schon, meint Klopp.

Was soll es nur bedeuten, wenn beim ersten öffentlichen Auftritt gleich etwas zu Bruch geht? Kevin Kampl sitzt in der ersten Etage des noblen Mannschaftshotels Principe Felipe im spanischen La Manga. Der Weg zu ihm führt über dicke Teppiche, vorbei an sehr moderner Kunst. Er trägt einen gelben Pullover, auf dem steht: „Borusse“. Sein Haar steht nach oben gegelt, der Ansatz schwarz, die Spitzen blond gefärbt. „Das Besondere ist“, sagt der Mann, der erst seit ein paar Tagen Fußballer bei Borussia Dortmund ist, „dass ein Kindheitstraum wahr wird.“

Das Glas – aus Unachtsamkeit ins Wanken geraten – zerspringt auf dem Steinboden in viele kleine Teile.

In den Träumen des Kevin Kampl dürften die Umstände einer Anstellung beim BVB durchaus andere sein, als sie sich derzeit darstellen: Die Borussia, als Vize-Meister und Pokalfinalist in die Saison gestartet, steht auf dem vorletzten Platz der Bundesliga-Tabelle. Bleibt sie dort, steigt sie am Ende der Saison zu Sandhausen und Bochum in die zweite Liga ab. Auch um dies zu verhindern, haben die Macher eilig entschieden, Kampl zu holen. Erstaunliche 12,5 Millionen Euro überwies Dortmund für den 24-Jährigen nach Salzburg. Er soll das in der Hinrunde etwas behäbige Mittelfeld aufmischen, „mit seiner Lebendigkeit, mit seiner Bereitschaft“, sagt Trainer Jürgen Klopp: „Er muss keine Wunderdinge vollbringen, aber er darf gern vorangehen.“

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In Salzburg durchgestartet

Höchste Ansprüche an einen, der als Talent den Sprung zu den Profis von Bayer Leverkusen schaffte, dort aber nicht spielte. Über die niederklassigen Stationen Fürth, Osnabrück und Aalen kam er zu Red Bull Salzburg, wo er in den vergangenen zwei Jahren durchstartete: Tore, Vorlagen, gute Spiele in der österreichischen Liga, in der Europa League. Doch nun wartet eine andere Welt auf ihn, eine größere, eine, in der es schwieriger ist, Fuß zu fassen: die Bundesliga, die europäische Königsklasse Champions League.

Besessenheit am Ball

„Ich muss damit umgehen, dass die Erwartungen hoch sind. Ich denke, das kann ich. In der Bundesliga ist alles viel intensiver. Aber jetzt mit 24 Jahren bin ich genau in dem richtigen Alter, um bereit zu sein für den nächsten Schritt“, sagt Kampl. Er wirkt nicht wie einer, dem die Millionen-Ablöse auf den Schultern lastet. In den ersten Trainingseinheiten in La Manga rast er wie besessen hinter dem Ball her. Kampl sagt, dass er nicht weniger kann als immer Vollgas. Vollgas-Klopp mag das.

In Solingen ist Kampl geboren und groß geworden. Seine Eltern kamen wegen der Arbeit aus Slowenien nach Deutschland. Der Ball wurde sein Freund, er nahm ihn abends mit ins Bett. Die Bettwäsche – vom BVB. Kampl ist ein Nachzügler, seine Brüder sind deutlich älter als er, sie waren ebenfalls gute Fußballer, hatten Angebote, aber die Eltern konnten sie nicht immer zum Training fahren. „Sie mussten viel arbeiten“, sagt Kampl. Dem kleinen Kevin sollte es besser ergehen: Sein Bruder fuhr ihn direkt nach dem Schichtdienst zum Training, aß nicht, schlief im Auto, während Kevin trainierte. Manchmal nahm ihn auch der heutige Gladbacher Christoph Kramer im Auto mit. Die Mama machte mit 50 noch den Führerschein, um ihren Sohn dorthin zu fahren, wo die goldene Zukunft zu sein schien. Dorthin, wo sie die goldene Zukunft fanden. „Ohne meine Familie hätte ich es nie auf diesen Sessel geschafft“, sagt Kevin Kampl.

In Dortmund soll seine Karriere nun richtig Fahrt aufnehmen. Und der BVB mit ihm. „Die Anspannung muss ja da sein“, sagt er über seine ersten Eindrücke vom Seelenleben der Mannschaft nach einer desaströsen Hinrunde, „wir können ja nicht so tun, als wäre alles positiv. Aber jeder weiß jetzt, worum es geht.“ Kampl ebenfalls. Klopp und er einigten sich per Handschlag auf einen Wechsel, als just Hannover am letzten Vorrundenspieltag der Ausgleich gegen den Tabellenletzten Freiburg gelang. Gegen Dortmunds Konkurrenten Freiburg. Kampl jubelte. „Da waren wir schon zwei, die an den Klassenerhalt von Borussia Dortmund glauben“, erinnert sich Klopp, „jetzt müssen wir dafür sorgen, dass der Kreis derer größer wird.“

Und die Scherben? Die sollen dabei Glück bringen. So sehen sie das beim BVB.