Kamen. Bundestrainer Joachim Löw erwartet für die Weltmeister in Dortmund kollektive Unterstützung - auch für Buhmann Mario Gomez und Rückkehrer Mario Götze, der von Borussia Dortmund zum FC Bayern gewechselt war. Gegen Schottland startet Joachim Löw die EM-Kampagne 2016: Der Quali-Alltag wird hart.

Der Aufbruch zu neuen sportlichen Zielen fällt den Fußball-Weltmeistern schon schwer genug, da kann Joachim Löw nicht auch noch pfeifende Fans gebrauchen. Vor dem Start in die Qualifikation zur Europameisterschaft 2016 am Sonntag (20.45 Uhr live in unserem Ticker) gegen Schottland richtete der Bundestrainer einen energischen Appell an die Zuschauer. "Dortmund steht für Unterstützung", sagte Löw am Samstag in Kamen. Anlass der Durchsage: der glücklose Torjäger Mario Gomez war beim 2:4 gegen Argentinien am vergangenen Mittwoch in Düsseldorf einmal mehr der Buhmann für viele deutsche Anhänger gewesen. Auch der Empfang von Weltmeister Mario Götze wird mit Spannung erwartet: Seit seinem Wechsel von Borussia Dortmund zum FC Bayern wird er an seiner früheren Wirkungsstätte geächtet.

"Pfiffe gegen eigene Spieler halte ich für nicht fair, das hilft dem Spieler und auch unserer Mannschaft nicht", formulierte Löw deutlich. In punkto Götze forderte er sogar Begeisterung ein: "Morgen ist er Nationalspieler. Ich gehe davon aus, dass das deutsche Publikum Mario Götze in Dortmund feiern wird." Auch im Team wird über Pfiffe und Unmutsäußerungen bei Länderspielen diskutiert. "Wir hoffen natürlich, dass es in Dortmund keine Pfiffe gibt", sagte Flügelspieler André Schürrle. Geschickt fügte der Profi des FC Chelsea hinzu: "Ich glaube, dass Dortmunder Publikum ist schlau genug."

Im Gegensatz zu Gomez, der nach langer Verletzungspause noch seine Form sucht, wird WM-Finaltorschütze Götze in der Startelf stehen. An Löws Wertschätzung für den 29-jährigen Gomez ändert eine Joker-Rolle aber nichts. "Wenn Mario in guter Form ist, ist er Weltklasse, ist er einer der besten Stürmer, die es gibt", erläuterte Löw: "Es ist nicht das alles Entscheidende, ob er von Anfang an spielt. Entscheidend ist, dass er von uns grundsätzlich die Unterstützung spürt."

Vergebene Chancen von Gomez bei Fans präsenter als seine Treffer

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Der Spaß, den Gomez nach eigenen Angaben innerhalb des Teams hat, lässt ihn sein Buhmann-Image besser ertragen. Zermürben lassen will er sich von Missfallensbekundungen nicht, wie am Samstag nach einer Gesprächsrunde mit mehreren deutschen Tageszeitungen zu lesen war. "Das Pfeifen ist ja leider fast schon Kult geworden", sagte er. Sein Problem scheint: Die 25 Tore, die er in 60 Länderspielen schoss, sind bei vielen Fans weniger haften geblieben als die vergebenen Chancen. Die negative Fokussierung sei bei ihm "typbedingt - und liegt eben in meiner Historie", findet Gomez.

Insgesamt dürfen sich die deutschen Fußball-Lieblinge aber auf einen warmherzigen Empfang im Signal-Iduna-Stadion einstellen - trotz der Niederlage gegen Argentinien. Löw hat diese mit seinem Team, in dem verletzte Weltmeister wie Kapitän Bastian Schweinsteiger, Mesut Özil und Sami Khedira erneut fehlen werden, intensiv aufgearbeitet. "Wir werden mit einigen Schwierigkeiten zu kämpfen haben in den nächsten Monaten", mahnte Löw erneut angesichts der WM-Nachwehen. Dennoch erwartet er einen Durchmarsch zur Europameisterschaft 2016 in Frankreich: "Wir müssen jetzt die nächste Hürde nehmen. Die Spieler wissen, der Alltag wird hart gegen Schottland, Polen, Irland und Georgien." Fünfter Gruppengegner ist Fußballzwerg Gibraltar.

Löw: "Die Schotten werden sich mit allem, was sie haben, uns in den Weg stellen"

Aufraffen zu neuen Taten heißt die "nicht leichte Aufgabe" für die Nationalspieler, wie Schürrle erklärte: "Wir sind immer noch ein bisschen im WM-Rausch, aber wir haben keine Wahl, wir müssen den Schalter umlegen. Unser klares Ziel ist Platz eins in der Gruppe!"

Die immer noch große Qualität in einem personell ausgedünnten Weltmeister-Team soll sich durchsetzen. "Unsere Entwicklungsstufen waren überragend in den vergangenen sieben, acht Jahren", hob Löw noch einmal hervor. Gegen die Schotten kann er immerhin wieder die Abwehr verstärken. Jérome Boateng wird nach einer Entzündung im Knie neben dem Schalker Benedikt Höwedes im Zentrum verteidigen. "Ich bin froh, dass Jérome zurückkehrt", gestand Löw.

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Er erwartet 90 Minuten harte Maloche. "Die Schotten werden sich mit allem, was sie haben, uns in den Weg stellen. Sie haben nichts zu verlieren gegen den Weltmeister", sagte der Bundestrainer. Er wies explizit darauf hin, dass die Schotten seit einem Jahr ungeschlagen seien und gleich zweimal gegen den WM-Teilnehmer Kroatien gewonnen hätten. "Diese Mannschaft wird uns alles abverlangen." Mit Volldampf in die Zweikämpfe, angreifen und Tore schießen, lautet der Matchplan der Offensivkraft Schürrle: "Ich bin sicher, mit unseren Qualitäten werden wir das Spiel gewinnen." Dann werden auch die Fans jubeln. (dpa)