Essen. Fußball-Nationalspieler Mario Gomez muss nach der 2:4-Niederlage der deutschen Elf gegen Argentinien mal wieder viel Spott einstecken. Weil er drei gute Möglichkeiten vergab, pfiffen ihn Teile der Fans aus, im Netz witzelt man über ihn als “Chancentod“. Das ist hochgradig unfair. Ein Kommentar.
Der Sündenbock war schnell gefunden: Nach der 2:4-Niederlage der deutschen Fußball-Nationalmannschaft gegen Argentinien ist das Netz einmal mehr voll von Beschimpfungen und Häme für Stürmer Mario Gomez. Auch während des Spiels brauchten einige Fans offenbar ein Ventil für ihren Frust - und begleiteten Gomez' Auswechslung in der zweiten Halbzeit mit Pfiffen. Sicher, Gomez machte bei seinem Auftritt in der Düsseldorfer Arena am Mittwoch keine gute Figur, doch solche Reaktionen hat er nicht verdient.
Es war gerade einmal das zweite Pflichtspiel für den 29-jährigen Stürmer des AC Florenz nach seiner Verletzungspause. Sieben Monate hatte er wegen eines Innenbandrisses und zweier Knieverletzungen nicht spielen können. Dass er da noch nicht wieder in Topform sein kann, ist logisch. Dass er gegen Argentinien gleich drei exzellente Chancen liegenlässt, ist natürlich unglücklich, kann aber passieren. Allein: Geschieht dies einem Gomez, fallen die Reaktionen ungleich härter aus als bei anderen Spielern. Das ist so vorhersehbar wie unangemessen.
Gomez ist für viele eine Reizfigur
Den Ruf als Chancentod hat sich Gomez freilich mit einigen verkorksten Auftritten im DFB-Dress erworben. Fast schon legendär ist eine Szene aus dem Vorrundenspiel Deutschland gegen Österreich bei der EM 2008: Nach Vorlage von Miroslav Klose stand Gomez frei vorm gegnerischen Tor, hätte aus einer Entfernung von zwei Metern nur noch einschieben müssen. Doch er traf den Ball nicht richtig. Der Rest der Geschichte ist in mehrfacher Ausführung auf Youtube zu begutachten.
Auch interessant
Auch Gomez' persönliches Auftreten qualifiziert ihn nicht gerade zum Sympathieträger der Nation. Anders als der oft zurückhaltend und bescheiden agierende Klose zeigte sich Gomez in der Vergangenheit eher demonstrativ selbstbewusst - und wurde so zur Reizfigur, die jetzt die Lücke ebenjenes Publikumslieblings Klose füllen soll.
Offenbar ist es chic auf Gomez zu schimpfen
Trotzdem: Gomez hat seine Verdienste - gerade auch in der Nationalmannschaft. Bei der EM 2012 bescherte er den Deutschen mit seinem Tor zum 1:0 den Auftaktsieg gegen Portugal. Am Ende belegte er Platz zwei in der Torschützenliste des Turniers. Auch für seinen Ex-Klub FC Bayern schoss er wichtige Tore. Etwa als er im Halbfinal-Hinspiel gegen Real Madrid im April 2012 kurz vor Schluss den 2:1-Siegtreffer erzielte und damit den Grundstein für Bayern Münchens Finaleinzug legte.
Doch es beliebt auf Gomez zu schimpfen. Als ARD-Experte Mehmet Scholl bei der EM 2012 frotzelte, er habe Angst, dass sich der Stürmer wund liegen könnte, wurde er für diese Kritik von vielen Fans bejubelt. Auch Pfiffe sind für Gomez nicht unbekannt. Im August 2013 beim Testspiel gegen Paraguay pfiffen ihn die Zuschauer in Kaiserslautern so heftig aus, dass sich der damalige Kapitän Philipp Lahm nach dem Spiel genötigt sah, Gomez in Schutz zu nehmen. "Das gehört sich nicht, wir versuchen nur unser Bestes", sagte Lahm.
Löw kritisiert Pfiffe gegen Gomez
Diesmal stellt sich unter anderem Joachim Löw vor seinen Stürmer. "Grundsätzlich geht es einfach nicht, dass ein Spieler der deutschen Nationalmannschaft ausgepfiffen wird, nur weil er die eine oder andere Chance liegengelassen hat", sagt er. "Er hat sieben Monate verletzt gefehlt, hat ein einziges Pflichtspiel bestritten. Ich weiß das als Trainer richtig gut einzuschätzen, dass er nicht in Topform sein kann."
Teile des Publikums konnten das offenbar nicht.