Essen. Franz Beckenbauer gerät zunehmend in Bedrängnis. Bei den umstrittenen WM-Vergaben 2018 und 2022 an Russland und Katar hatte Beckenbauer als Mitglied der Fifa-Exekutive mit abgestimmt - und war danach einer Einladung nach Katar gefolgt. Ein Kommentar.
Franz Beckenbauer ist Weltmeister, wahlweise Kaiser oder Lichtgestalt. Er ist ein charmanter Plauderer, dem man in Deutschland jede Menge Freiräume zugesteht. 1986 beschimpfte er als Bundestrainer den mexikanischen Journalisten Miguel Hirsch als „geistigen Nichtschwimmer“ und ergänzte: „Wenn man kurz zudrückt, gibt es ihn nicht mehr.“
Auch diesen Satz hat man ihm verziehen, aber manch einer hat sich an diesen Aussetzer wieder erinnert, als Beckenbauer unlängst über Katar sinnierte. Auf den Vorwurf, in der Wüste würden die Stadien von Arbeitern unter absolut menschenunwürdigen und lebensgefährlichen Bedingungen gebaut, flötete Beckenbauer lapidar: „Ich habe keinen einzigen Sklaven in Katar gesehen.“
Beckenbauer kooperiert bisher nicht mit Fifa-Chefermittler Garcia
So ist der Mann. Wo etwas brennt, sieht er nicht hin. Wenn bei der Fifa Geldscheine über den Tisch gehen, wenn geschmiert wird, bis der Arzt kommt, weiß er von nichts. Hat es ein Geschmäckle, wenn der Kaiser 2011, damals Mitglied der Fifa-Exekutive, unmittelbar nach dem WM-Zuschlag für Katar einer Einladung in den Wüstenstaat folgt?
Es hat Geschmäckle, nicht zuletzt weil Mohammed Bin Hammam eingeladen hatte, der als Strippenzieher unter Korruptionsverdacht steht wie kaum ein Zweiter. Ebenso wenig nachvollziehbar ist, dass Beckenbauer bislang offenbar nicht mit Michael Garcia kooperiert, dem Chefermittler der Fifa-Ethikkommission, der monatelang um die Welt gereist ist, um Fußball-Funktionäre zu verhören.
Kein Missverständnis, es gibt keine Belege für irgendwelche krummen Geschäfte von Franz Beckenbauer. Es ist lediglich ein Trauerspiel, wenn eine Persönlichkeit so wenig moralische Instanz ist. Als Sportler ist Franz Beckenbauer sicherlich eine Lichtgestalt, als Funktionär ist er sicherlich alles andere als das.