Manchester. Bei Bayer Leverkusen zaubert Sidney Sam inzwischen regelmäßig, in der Nationalmannschaft steht er vor dem Durchbruch. Auf seinen kongenialen Partner im DFB-Team muss er aber wohl verzichten.

Für die meisten Fußball-Interessierten abseits von Deutschland ist Sidney Sam noch ein unbeschriebenes Blatt. Dreimal stand der Flügelstürmer von Bayer Leverkusen bisher im Ausland auf dem Spielberichtsbogen der Nationalmannschaft, dreimal wurde sein Name unterschiedlich geschrieben - aber noch nie richtig. Aus „Sydney Sam“ gegen Ecuador wurde „Sam Sidney“ gegen die USA und schließlich gar „Sam Sidnay“ zuletzt auf den Färöern.

Die Chancen stehen ziemlich gut, dass der 25-Jährige sich bald auch über die Landesgrenzen hinaus einen Namen machen wird - und die meisten Fußball-Interessierten aus aller Welt lernen, dass „Sam“ sein Nachname ist und sein Vorname nichts mit der australischen Metropole zu tun hat. Für Leverkusen zauberte der gebürtige Kieler seit dem Saisonstart in nahezu jedem Spiel, seit Dienstag darf er sich mit Leverkusen auch in der Champions League präsentieren und auch in der DFB-Elf hat er bewiesen, dass er zu mehr als nur zum Lückenbüßer bei der umstrittenen US-Reise taugt.

An Selbstvertrauen mangelte es Sam nie

Als solcher galt Sam nämlich, als Bundestrainer Joachim Löw ihn nach der Absage der Stars von Bayern München und Borussia Dortmund mit in die Staaten nahm. Lukas Podolski, Mesut Özil, Thomas Müller, Marco Reus, Julian Draxler, Andre Schürrle, Toni Kroos - die Konkurrenz um die drei Plätze in der offensiven Mittelfeldreihe schien übermächtig und so manch einer fragte sich, warum der Sohn eines Nigerianers nicht den scheinbar leichteren Weg genommen hat und für das heftig werbende Heimatland seines Vaters bei der WM 2014 in Brasilien spielen will.

Eine Weile schwankte Sam auch, doch an Selbstvertrauen mangelte es ihm nie und als ihm Löw einen Weg in der DFB-Auswahl aufzeigte, war die Entscheidung gefallen. Viele andere hatten den pfeilschnellen und hochtalentierten Sam wegen seiner oft brotlosen Kunst, seiner manchmal fatalen Körpersprache, vieler Verletzungen und so manchem all zu forschen Spruch bereits als ewiges Talent abgestempelt. Aktuell werden sie eines besseren belehrt.

Dass der Flügelstürmer nach jahrelanger Stagnation förmlich explodierte, hat nachvollziehbare Gründe. Zum einen gab ihm sein Debüt in der DFB-Elf einen Motivationsschub - und die Gewissheit, dass er als Nationalspieler „nun auch Verantwortung übernehmen muss“. Zweitens konnte er endlich einmal eine komplette Vorbereitung beschwerdefrei absolvieren. Und zu guter Letzt hat er in Bundesliga-Torschützenkönig Stefan Kießling einen kongenialen Partner im Verein.

Sidney Sam ist gereift

Auf Kießling, mit dem Sam - außer beim schwachen 0:2 auf Schalke - vor dem Champions-League-Auftakt bei Manchester United (Dienstag, 20.45 Uhr live bei uns im Ticker) jeden Gegner zermürbte, wird er im Nationalteam aber wohl verzichten müssen. Denn dass der 29-Jährige noch einmal in die deutsche Auswahl zurückkehrt, scheint trotz der Verletzung von Mario Gomez nahezu ausgeschlossen.

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Bayer-Sportchef Rudi Völler versuchte dieser Tage in der „schwierigen Situation“ wieder diplomatisch zu vermitteln. Doch die Vorzeichen scheinen klar: Löw hatte Kießling durch die Blume die internationale Klasse abgesprochen und ihn selbst dann nicht eingeladen, wenn Gomez und Miroslav Klose ausfielen. Woraufhin dieser klarstellte, dass es „den Nationalspieler Kießling unter Löw nicht mehr geben wird“.

Doch Sam hat gute Chancen, sich auch ohne seinen kongenialen Partner durchzubeißen. Warum dieser nicht nominiert werde, will er nicht öffentlich beurteilen. Auch dies ist ein Zeichen für den „neuen“, gereiften Sidney Sam. Der geht zwar weiterhin keinem Mikrofon aus dem Weg, riskiert dort aber keine dicke Lippe mehr. Auffallen tut er dennoch mehr als je zuvor - auf dem Platz. Und somit könnte sein Name bald jedem Fußball-Fan ein Begriff sein. (sid)