Essen. . Matthias Sammer hat mit dem BVB als Spieler wie Trainer alles gewonnen - nun trifft er als Bayern-Vorstand im Champions-League-Finale in Wembley auf seinen alten Klub. Und in München fragern sich manche: Was macht er eigentlich?

Zwischen Oliver Bierhoff und Matthias Sammer sind die Bande nicht eng geknüpft. Es gab diesen goldenen Berührungspunkt im Leben der beiden, 1996, als sie im alten Londoner Wembley-Stadion bei der Europameisterschaft triumphierten. Später, als Sammer Sportdirektor des Deutschen Fußball-Bundes war, versuchte Bierhoff als Teammanager der Nationalmannschaft mit sanftem Druck auf der Verbandsklaviatur zu spielen, Sammer dagegen schlug ab und an auf die Ich-will-mehr-Einfluss-Pauke. Es kam zu Dissonanzen. Und das ist es schon gewesen.

Offenbar wissen nur wenige, welche Rolle Sammer in München übernimmt

Fast. An Sammer wurde nämlich die große Bierhoff-Frage weitergereicht, als er im Sommer des vergangenen Jahres den Posten des Sportvorstandes beim FC Bayern München übernahm. Die Frage lautet: Mit was beschäftigt sich der Herr eigentlich den lieben langen Berufsalltag? Und sogar in dieser turbulenten Zeit vor dem Finale der Champions League im neuen Londoner Wembley-Stadion, vor diesem mit Bedeutung so prall aufgepumpten Aufeinandertreffen der Bayern mit Borussia Dortmund, wird sie dem Sportvorstand gestellt. Zuletzt passierte es beim Star-Talk des Bayern-Sponsors Audi. Wie ist sie denn so, ihre Rolle bei den Münchnern? Und Sammer antwortet: „Meine Arbeit können am Ende nur zwei richtig darstellen. Das ist der Trainer – und meine Person eigentlich weniger.“

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Letzteres überrascht, könnte aber damit zu tun haben, dass Sammer einfach als Sammer unterwegs ist, als der Sammer, der nicht in eine Rolle schlüpfen muss, auch nicht in eine berufliche, sondern der einzig geholt wird, um den Sammer-Effekt in einen Betrieb hinein zu bekommen. Schon als Spieler war es schließlich dieser Sammer, der angetrieben hat, der in der Freude über den gerade erreichten Erfolg den Schmerz der möglichen nächsten Niederlage spürte. Europameister. 1997 mit Borussia Dortmund Champions-League- und Weltpokalsieger. Nationale Titelgewinne mit dem VfB Stuttgart und mit dem BVB. Dann als jüngster Trainer der Bundesligageschichte mit den Dortmundern wieder die Hände an der Schale. Und immer grantelte, haderte, mahnte, provozierte Sammer.

Bayern-Trainer Heynckes war von Sammer-Berufung nicht begeistert

1995 bereits hat der Ruhelose im Gespräch mit dem „Spiegel“ erklärt, von wem er lerne. Vom damaligen Bayern-Manager, vom heutigen Bayern-Präsidenten: „Mir imponiert, wie Uli Hoeneß in schwierigen Situationen reagiert, wie er auf dem schmalen Grat zwischen Seriosität und Provokation balanciert.“ Es fand 2012 also irgendwie zusammen, was zusammen gehörte. Jupp Heynckes, dem die versuchsweise Leistung anreizende Provokation nach innen ebenso fremd ist wie die versuchsweise den Gegner verunsichernde Provokation nach außen, war allerdings nicht amüsiert. Sammer bekennt: „Der Trainer hat vielleicht nicht gerade Halleluja geschrien, mit so einer dominanten Konstellation.“

Bayern MünchenHeynckes aber weiß: Es geht für ihn nur noch darum, sein Münchner Werk zu vollenden, es zu krönen im Finale der Königsklasse. Ohne einen medialen Wirbelsturm auszulösen, hat es der bald scheidende Trainer geschafft, den in seinen Anfangsmonaten beim FCB daueraufgeregten Sammer ein wenig zu beruhigen (oder durch die Klubführung beruhigen zu lassen). Still band Heynckes den personifizierten Störfall ein, unbeirrt setzte er seine Erste-Klasse-Reise zur nationalen Meisterschaft fort. Und sollten seine Männer in Wembley den Henkelpott stemmen dürfen, dann wird dessen ganzer Glanz auf ihn abstrahlen.

Nach einem Sieg würde Sammer mahnend an den DFB-Pokal denken

Und Sammer? Mutmaßungen über Matthias: Er würde zufrieden sein, an diesem 25. Mai, an diesem Samstagabend. Er würde selbstverständlich aber auch darauf hinweisen, dass ab dem sonntäglichen Frühstück die gesamte Konzentration dem noch anliegenden Pokal-Endspiel von Berlin gelten müsse.