Freiburg. Trainer Robin Dutt spricht im Interview über die Besonderheiten des SC Freiburg, seinen Vorgänger Volker Finke und schwierige Spieler-Typen. Und Dutt sagt: "Wir profitieren noch von Finke."
Das ist er also, der schönste Trainer der Liga. Robin Dutt hebt abwehrend die Hände, das Thema ist einfach zu lächerlich. Man kann mit dem Trainer des SC Freiburg über alles reden, über Fußball sowieso, über die Rückkehr in die Bundesliga, über das, was Freiburg von 17 anderen Vereinen unterscheidet und auch über seinen Vorgänger Volker Finke, der ganz sicher für diesen Klub, ja vielleicht sogar für die Stadt 16 Jahre lang stand wie kein anderer. Aber bitte nicht über diesen Unfug von der Wahl zum schönsten Trainer der Liga.
Also kein Wort mehr über diesen Titel?
Robin Dutt: Weil wir von ein paar wenigen Damen reden, die hinter dieser Internet-Seite stehen. Große Kritik an Ihrer Branche: Das machen ein paar junge Frauen, und dann ist es in der Welt, als ob es etwas bedeutet, und einer schreibt es vom anderen ab.
Ansonsten hatten Sie bisher mit unserer Branche eher einen angenehmen Umgang, oder?
Dutt: Das stimmt sicherlich. Erstens ist es hier für einen Erstligisten sehr ruhig. Auf dem Boulevard reißt sich niemand um uns. Deshalb, und weil unser Publikum unsere Möglichkeiten sehr gut einschätzen kann, haben wir ein außergewöhnlich besonnenes Umfeld. Das ist ein Pfund, mit dem wir bei jungen Spielern wuchern: Bei uns können sie sich besser entwickeln.
Probe aufs Exempel: Wie viele Spieler aus der Freiburger Fußballschule stehen im aktuellen Aufgebot?
Dutt: Acht. Wir hatten in der letzten Saison beim Auswärtsspiel in Ahlen sieben Jungs aus dem eigenen Nachwuchs auf dem Platz, das war unser Rekord. Vier oder fünf waren es regelmäßig.
Zu dem, was als Freiburger Idylle wahrgenommen wird, gehört auch Präsident Achim Stocker. Ein Mann, der jetzt gesagt hat, Freiburg könne in der Bundesliga nur eine vorübergehende Erscheinung sein, man müsse immer damit rechnen, dass es wieder runtergeht.
Achim Stocker ist mit seinen 37 Amtsjahren mit Abstand der erfahrenste Vorstand im bezahlten Fußball, und ich glaube, dass er ganz genau weiß, wie hoch man die Messlatte legen muss. Das ist seine Art, Druck von der sportlichen Leitung und der Mannschaft zu nehmen. Aber für uns bedeutet das ja trotzdem eine wahnsinnig hohe Verantwortung: Alles dafür zu tun, dass es nicht so kommt. Wobei wir mit „alles” keine finanziellen Drahtseilakte meinen.
Trotzdem sind die Sätze Ihres Präsidenten anderswo undenkbar. Ist Freiburg anders als der Rest der Liga?
Dutt: Das muss jeder für sich beurteilen. Vielleicht haben wir den letzten Vorstand, der ungefiltert und offensiv nach außen gibt, was er denkt. Und das steht ja auch ein bisschen für uns. Trotzdem sind wir ein hochprofessioneller Verein, der die erste Liga nicht einfach hergeben wird.
Wenn man über Freiburg spricht, kommt man nicht um Volker Finke herum, der den Verein 16 Jahre geprägt hat. Als er ging und Achim Stocker Sie verpflichtet hat, hatte man den Eindruck, der Verein, ja die Stadt zerfällt in zwei Lager.
Das war vielleicht die öffentliche Wahrnehmung. Aber das eine ist, wie man im Verein empfangen wurde, das war überaus positiv. Das andere ist die Arbeit. Du musst einen Kader planen, du musst versuchen, ein System auf den Platz zu bringen. Und dann kommt es darauf an, ob man erfolgreich ist.
Man sagt, Sie hätten sich mit Äußerungen zu Volker Finke bewusst zurückgehalten, um kein Öl ins Feuer zu gießen.
Ich habe mich immer dann zurückgehalten, wenn versucht wurde, meinen Vorgänger gegen mich auszuspielen. Ich habe nie fachliche Äußerungen gescheut. Wir profitieren bis heute davon, was hier aufgebaut wurde.
Sie sind also gar nicht so zurückhaltend wie Sie beschrieben werden?
Dutt: Das hängt doch davon ab, in welchem Umfeld ich mich bewege. In der Öffentlichkeit gibt es für mich keinen Grund, den großen Zampano zu markieren. Und im Umgang mit den Spielern habe ich es doch gar nicht in der Hand. Wenn gemacht wird, was mir vorschwebt, bin ich sehr zurückhaltend.
Sie legen großen Wert auf respektvollen Umgang. Sie haben den Trainerlehrgang 2005 als Jahrgangsbester abgeschlossen. Verschafft eine sehr gute Note Respekt?
Dutt: Ach, ich glaube, das wird überbewertet. Natürlich sollte man als Profitrainer den Anspruch haben, eine solide theoretische Grundlage mitzubringen. Aber im Trainergeschäft kann man mindestens zwei Drittel nicht an der Sporthochschule lernen.
Es sind Spieler in Ihrem Team, die als schwierig gelten. So wie Mohammadou Idrissou, der vom MSV kam. Reizen Sie diese Fälle?
Dutt: Es gibt immer Spieler, die Dinge gemacht haben, die nicht ins Leben eines Profis gehören. Und die daraus lernen. Wie Idrissou, der sich hier klasse verhält. Andere lernen es nie und die solltest du möglichst nie zu dir holen, auch wenn sie gute Kicker sind. Aber bei denen, die es satt haben, sich selbst im Weg zu stehen, da macht es schon Spaß, einen zu bekommen, den ein anderer nicht mehr anfasst.
Der Freiburger Kader setzt sich aus über zehn Nationalitäten zusammen, es gibt Spieler aus Osteuropa, aus Afrika, aus Asien. Ihr Vater ist Inder. Macht sie das glaubwürdiger, wenn Sie Toleranz und Respekt einfordern?
Dutt: Mein Eindruck ist, dass es mir hilft. Man muss sich aufeinander zu bewegen. Ich hatte schon mal Spieler, die eine Viertelstunde vor einem Spiel in der Kabine auf dem Boden in eine bestimmte Richtung beten. Man muss eine Mannschaft auch dafür sensibilisieren, dass kurz vor dem Anpfiff ein Spieler einen Teppich auspackt. Aber es geht. Bei uns wäre das kein Problem.