Amsterdam. Die Stimmung bei Joachim Löw dürfte wenig freudig sein. Insgesamt zehn Ausfälle hat der Bundestrainer im Länderspiel gegen die Niederlande am Mittwoch zu beklagen. Neben dem langzeitverletzten Mario Gomez und dem gesperrten Ron-Robert Zieler hagelte es weitere acht Absagen.

Es war eine unerquickliche Reise für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft. Die Vereinsvertreter hatten so lange genölt und gezetert über den unmöglichen Termin, bis am Ende 17 Absagen den DFB-Postkasten zumüllten und anschließend eine mehr oder minder wahllos zusammengestellte Truppe mit Spielern wie Heiko Gerber und Ronald Maul auf dem Rasen stand und außer zwei desaströsen Niederlagen reichlich Spott und Hohn erntete. Die Reise zum Confederations Cup 1999 in Mexiko unter Erich Ribbeck gilt bis heute als das Maß aller Dinge zum Thema Länderspiel-Unsinn.

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Der vermeintliche Klassiker, das gern zitierte Prestigeduell der deutschen Fußball-Nationalelf gegen die Niederlande (Mittwoch, 20.30 Uhr/live bei ARD und im DerWesten-Ticker) aber entwickelt sich just zu einem würdigen Erbe – und droht zur Farce zu verkommen. Am Montag sagten kurzfristig auch noch Mesut Özil (muskuläre Probleme) und Miroslav Klose (Grippe) die Dienstreise nach Amsterdam ab – dafür konnte Bundestrainer Joachim Löw noch einen Schalker glücklich machen. Er nominierte Lewis Holtby nach, der am Mittwoch mit der U21 in Bochum gegen die Türkei antreten sollte.

Zehn DFB-Absagen

Doch die Stimmung bei Joachim Löw dürfte weniger freudig sein – insgesamt zehn Ausfälle hat der Bundestrainer zu beklagen. Neben dem langzeitverletzten Mario Gomez und dem gesperrten Ron-Robert Zieler hagelte es weitere acht Absagen. Vor Özil und Klose – die am Sonntag noch erfolgreich für ihre Klubs Real Madrid und Lazio Rom antraten – hatten am Sonntag Bastian Schweinsteiger, Toni Kroos, Jerome Boateng und Marcel Schmelzer ihre Teilnahme abgesagt. Grippe, Magen-Darm, eine alte Verletzung. Unschöne Dinge also. Zudem standen bereits länger Holger Badstuber und Sami Khedira als Ausfälle fest.

Panik ob der Absagenflut aber wollte sich die DFB-Führung in Amsterdam nicht anmerken lassen. „Dass es bei der Nominierung ein paar Probleme gegeben hat, ist nicht optimal“, wiegelte Manager Oliver Bierhoff ab. „Trotz aller Lamentis ist so ein Spiel aber machbar.“ Der dann doch sehr naheliegenden Vermutung, dass die Gründe für die Absagen bei einigen Spielern nur vorgeschoben sein könnten, widersprach der diplomatisch befähigte Bierhoff: „Uns ärgert, dass wir die Spieler nicht hier haben. Aber wir haben so viel Vertrauen in die Spieler und die Klubs“, betonte der 44-Jährige.

Aber natürlich hat Bierhoff den logischen Zusammenhang dann doch nicht übersehen: „Solche Situationen gibt es immer wieder zu gewissen Terminen.“ Der Termin im November, eingezwängt zwischen den Aufgaben der Klubs in Liga, DFB-Pokal und Champions League, birgt Brisanz. Die Vereine wehren sich seit langem gegen diesen Terminkalender, der den Nationalspielern etwa in diesem Herbst sechs „englische Wochen“ am Stück beschert.

Völler artikuliert Vereinsinteressen

Zuletzt hatte Leverkusens Sportdirektor Rudi Völler die Vereinsinteressen deutlich artikuliert: „Warum findet das überhaupt statt?“, zürnte Völler. „In dieser Phase der Voll- oder besser: Überbeschäftigung bedeutungslose, aber trotzdem brisante Länderspiele zu terminieren, halte ich für falsch“, schrieb Völler in seiner „kicker“-Kolumne: „Was zu viel ist, ist zu viel.“

Auch Bayern-Vorstand Karl-Heinz Rummenigge moserte, dass er die Länderspiele im August und November „schon immer kritisch“ gesehen habe. Ausbaden aber muss diese Situation Bundestrainer Joachim Löw, der nun gar ohne einen einzigen nominellen Stürmer im Aufgebot einen erfolgreichen Jahresabschluss anstrebt – als dringend benötigten Stimmungsaufheller nach der massiven Kritik der letzten Monate, nach dem bereits jetzt historischen 4:4 gegen die Schweden.

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Die Motivation bei einigen seiner Elitefußballer aber hält sich offenbar in überschaubaren Grenzen: „Das ist ein Klassetermin, auf den wir uns alle freuen“, ätzte Bayerns Thomas Müller voller Ironie. „Da werden wir mit voller Leidenschaft unser Land vertreten und das tun, wofür wir alle geboren wurden: für Deutschland Fußball spielen.“

Es ist eine Frage des Wollens; denn das Können sollte trotz allem vorhanden sein, wie BVB-Profi Mats Hummels befand: „Es wird nicht an fehlender Qualität scheitern. Wir haben trotzdem eine Supermannschaft auf dem Platz.“

Das war beim Confed Cup anno 1999 noch anders. Damals lästerte Franz Beckenbauer: „Auch wenn ihr nicht mit der besten Garnitur gekommen seid, müsst ihr doch Spieler haben, die den Ball stoppen können.“