Essen. . Das DFB-Team ist zu einer Integrationsauswahl geworden – mit Spielern, die polnische, tunesische, ghanaische und bayerische Wurzeln haben. Nur Ostdeutsche sind kaum zu finden. Den Klubs im Osten fehlen sportliche und wirtschaftliche Möglichkeiten.
Wenn Franz Beckenbauer spricht, hört Deutschland zu. Sein Wort hat Gewicht. 1990, nach dem Gewinn des WM-Titels in Rom und kurz vor der am 3. Oktober vollzogegenen Einheit zwischen BRD und DDR, erklang die Stimme des Fußballkaisers. Mit damals noch dunkler Lockenpracht auf dem Kopf blickte er auf die blühenden Landschaften im deutschen Fußball: „Wir sind Nummer 1 der Welt. Jetzt kommen die Spieler aus Ostdeutschland dazu. Es tut mir leid für den Rest der Welt, aber wir werden in den nächsten Jahren nicht zu besiegen sein.“ Eine Aussage mit Nachhall.
Profis aus neuen Bundesländern avancierten zu DFB-Leistungsträgern
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Die Unschlagbaren wurden natürlich nicht unschlagbar. 1992 gab es eine Niederlage im EM-Finale. Bei der WM 1994 war im Viertelfinale Schluss. Immerhin: Profis aus den neuen Bundesländern avancierten beim DFB zu Leistungsträgern: Matthias Sammer, Ulf Kirsten, Jörg Heinrich oder Steffen Freund waren aber schnell zu Westklubs gewechselt und verdienten danach meist im Süden harte Währung. Ihnen folgte Michael Ballack, Kapitän und prägende Figur der Nationalelf.
Seit Ballack gibt es wenig Neues aus dem Osten. Das DFB-Team ist zu einer Integrationsauswahl geworden – mit Spielern, die polnische, tunesische, ghanaische und bayerische Wurzeln haben. Nur Ostdeutsche sind kaum zu finden, obwohl die nicht mehr ganz neuen Bundesländer mit 13,5 Millionen Bürgern eine respektable Personalbasis bieten. Bei der EM 2012 waren lediglich der gebürtige Magdeburger Marcel Schmelzer (24) und der Greifswalder Toni Kroos (22) im Kader. Beide kennen die DDR nur noch aus Geschichtsbüchern. Beide wechselten als Teenager, der Perspektive wegen, nach Dortmund (Schmelzer) und zu den Bayern nach München (Kroos).
Hertha BSC verabschiedete sich in die Zweitklassigkeit
Im Osten fehlen sportliche und wirtschaftliche Möglichkeiten sowie fußballerische Vorbilder. Nach dem Abstieg von Energie Cottbus 2009 ist keinem Klub aus den neuen Bundesländern der Schritt in die erste Liga gelungen. Zuletzt verabschiedete sich Hertha BSC Berlin, das im Osten Deutschlands liegt, aber nicht als Ostklub wahrgenommen wird, in die Zweitklassigkeit. Dort spielen vier Klubs aus der ehemaligen DDR, fünf weitere sind in der 3. Liga. „Es ist schade, dass es keinen Ostverein in der 1. Liga gibt“, sagt Andreas Rettig, designierter DFL-Geschäftsführer. Klubs in Dresden, Chemnitz oder Halle haben zwar Tradition und Fans, aber „nur dort wo die größte Wirtschaftskraft ist, wird sich am Ende der Erfolg einstellen“, weiß Rettig. Nur haben selbst die Euro-Millionen von Brausegigant Red Bull den Leipziger „Rasen-Ballsportlern“ bislang nicht die erhofften Flügel verliehen. Immerhin: der Leipziger Rene Adler, Vor-Wende-Jahrgang 1985, ist gerade in die Nationalelf zurückgekehrt. Allerdings war der Sachse bereits als 17-Jähriger zu Bayer Leverkusen gewechselt.