München. Die Fußball-Nationalmannschaft trifft sich am Montag ohne die verletzten Jerome Boateng und Marcel Schmelzer sowie die erkrankten Bastian Schweinsteiger und Toni Kroos zum Prestigeduell gegen die Niederlande in Amsterdam. Die Lust scheint bei einigen ohnehin nicht ganz so groß zu sein.
Deutschland in Not: Bundestrainer Joachim Löw gehen vor dem Länderspiel-Klassiker gegen die Niederlande nach einer wahren Absagenflut allmählich die Spieler aus. Nachdem bereits Jerome Boateng (Muskelfaserriss) und Marcel Schmelzer (Mittelfußprellung) für das Prestigeduell der deutschen Fußball-Nationalmannschaft am Mittwoch in Amsterdam (20.30/ARD und im Live-Ticker) kurzfristig abgesagt hatten, mussten am Sonntagnachmittag auch noch die beiden Münchner Stars Bastian Schweinsteiger und Toni Kroos passen.
Vize-Kapitän Schweinsteiger verzichtete wegen eines Infekts auf die Reise, Kroos plagt ein Magen-Darm-Virus. Auf die angeschlagenen Holger Badstuber und Sami Khedira hatte Löw ohnehin schon verzichten müssen. Thomas Müller vom FC Bayern wird dagegen trotz einer Erkältung anreisen. Löw wollte über Nachnominierungen nach den Spielen am Sonntagabend entscheiden.
Nach den Absagen stehen dem Bundestrainer in der Defensive nur noch Kapitän Philipp Lahm (Bayern München), Mats Hummels (Borussia Dortmund), Benedikt Höwedes (Schalke 04), Per Mertesacker (FC Arsenal) und Heiko Westermann (Hamburger SV) zur Verfügung.
Auch interessant
Motivation hält sich in Grenzen
Ohnehin scheint sich die Motivation bei einigen Spielern arg in Grenzen zu halten. „Das ist ein Klassetermin, auf den wir uns alle freuen. Da werden wir mit voller Leidenschaft unser Land vertreten und das tun, wofür wir alle geboren wurden: Für Deutschland Fußball spielen“, sagte Müller mit beißender Ironie vor der Partie gegen seinen früheren Trainer Louis van Gaal.
Löw steht ab Montagnachmittag, wenn sich die deutsche Fußball-Nationalmannschaft mit Rückkehrer Rene Adler und Neuling Roman Neustädter im Mariott-Hotel in Amsterdam trifft, eine undankbare Aufgabe bevor - und das nicht nur wegen der erheblichen Personalsorgen.
Einerseits ist nach dem peinlichen Remis gegen Schweden Wiedergutmachung angesagt. Zudem kommen Spielen gegen den Erzrivalen immer eine besondere Bedeutung zu. Andererseits stößt der Termin zwischen Liga, Pokal und Europacup auf wenig Gegenliebe bei Spielern und Klubs.
Vereine kritisieren Testspiel-Termin
„Die Problematik besteht ja am Ende eines Jahres immer, dass die Spieler hochbelastet sind“, meinte Löw zur Kritik an dem brisanten Duell, die in der vergangenen Woche zunächst Ex-Teamchef Rudi Völler geäußert hatte. Auch Bayerns Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge machte am Wochenende noch einmal deutlich, dass er die Länderspiele im August und November „schon immer kritisch“ gesehen habe.
Löw wird den Sorgen voraussichtlich Rechnung tragen und einige Stars nur dosiert einsetzen. Er müsse das Training am Montag und Dienstag abwarten, aber es sei durchaus möglich, „dass ich einiges testen werde“, sagte er.
Neustädter könnte debütieren
Löw kündigte Gespräche mit seinen Spielern an. Dann könne es durchaus sein, dass „der ein oder andere nur eine Halbzeit“ spiele. So werde er auch erst kurzfristig entscheiden, ob der Hamburger Torwart Rene Adler nach zweijähriger DFB-Abstinenz sein Comeback feiert oder der Schalker Roman Neustädter zu seinem Debüt kommt.
Beide waren vor vier Wochen beim peinlichen 4:4 gegen Schweden, als die DFB-Auswahl leichtfertig einen 4:0-Vorsprung verspielt hatte, noch nicht dabei. Allzu lange will sich Löw aber mit dem wohl einmaligen „Erlebnis“ von Berlin nicht mehr aufhalten.
„Pädagogisch wäre es ein falscher Ansatz, wenn man jetzt ein oder zwei Stunden über das Schweden-Spiel reden würde. Wir lassen sicher das ein oder andere in die Vorbereitung einfließen. Ich möchte aber nicht mehr zu lange zurückschauen“, sagte der Bundestrainer, stellte aber klar, „dass die Aufarbeitung dieser 30 Minuten ein ständiger Prozess ist. Das wird uns auch im nächsten Jahr begleiten.“
Adler fühlt sich "fast wie im Märchen"
Vor allem wolle sich die DFB-Auswahl „mit einer guten Leistung von den Fans verabschieden“, sagte Löw, und ergänzte: „Wir werden ein hochintensives Spiel abliefern. Spiele gegen die Niederlande sind immer etwas Besonderes, auch wenn es nur ein Freundschaftsspiel ist. Da geht es auch um viel Prestige.“
Ein besonderes Erlebnis ist das Länderspiel für den 24 Jahre alten Neustädter, der nach seiner Nominierung „erst ein bisschen unter Schock stand, denn damit habe ich gar nicht gerechnet. Ich habe angefangen zu schwitzen und erst nach anderthalb oder zwei Stunden registriert, was passiert ist.“ Adler (27) sprach vor seiner Rückkehr davon, dass er sich „fast wie im Märchen“ fühlen würde. (sid)