Wien. . Stratege und Sprachrohr: Marcel Koller, der ehemalige Trainer des VfL Bochum und des 1. FC Köln, hat einen Masterplan für die österreichische Nationalmannschaft, mit der er am Dienstag in Wien auf Deutschland trifft.

Das Puzzle ist längst fertig. „Ich habe schon einen Plan in meinem Kopf“, beschied Marcel Koller, doch mitteilen mochte er noch nicht, wie die österreichische Nationalmannschaft am Dienstag das ewig junge Duell gegen den großen Bruder angeht. Vor dem Start in die WM-Qualifikation gegen Deutschland sind um das Trainingsareal am Ernst-Happel-Stadion grüne Sichtblenden angebracht. Ein bisschen Geheimniskrämerei kann nicht schaden, wo der neue Teamchef aus der Schweiz doch glaubt: „Wenn wir hundertprozentig bei der Sache sind, unser Konzept eins zu eins umsetzen und die Deutschen nicht ganz bei der Sache sind, könnte es funktionieren.“ Seit Sonntag vergangener Woche bereitet sich die österreichische Auswahl unter Kollers strenger Regie zumeist abgeschirmt auf den Showdown im Wiener Prater vor.

„Deutschland ist nach wie vor eine Weltklasse-Mannschaft“

Ein Schweizer in Österreich: Marcel Koller trainiert die Nationalmannschaft des Alpenstaats.
Ein Schweizer in Österreich: Marcel Koller trainiert die Nationalmannschaft des Alpenstaats. © imago

Anders als der letztlich grandios in der EM-Qualifikation gescheiterte und dann geschasste Nationaltrainer Didi Constantini hat der Nachfolger einen langfristigen Masterplan ausgeheckt. Er sehe bereits „eine positive Entwicklung, aber das heißt noch lange nicht, dass wir die zweitbeste Mannschaft der Welt wegputzen werden“. Doch liebäugeln mit der WM 2014 sei allemal erlaubt. Während Constantini oft dem Beckenbauen-Prinzip („Geht raus und spielt Fußball“) folgte, setzt Koller mit seinem vertrauten Assistenten Fritz Schmid vermehrt Strategiestunden auf den Lehrplan. Die deutsche Pflichtaufgabe am Freitag gegen die Färöer verfolgte der 51-Jährige am Fernseher: „Mit dem 1:0 war der Druck weg. Deutschland ist nach wie vor eine Weltklasse-Mannschaft.“

Joachim Löw hat den Nachbarn auf der Rechnung. „Österreich hat sich in Organisation und Struktur stark verbessert“, sagt der Bundestrainer. „Ich halte die Österreicher für so stark wie die letzten Jahre nicht.“ Sie haben in diesem Jahr nicht nur Finnland (3:1) und die Ukraine (3:2), sondern vor einem Monat auch die Türkei (2:0) besiegt. Übrigens mit laufintensiver Arbeit gegen den Ball und ausgeprägtem Pressing.

Der gebürtige Züricher Koller, der seine Profikarriere ausnahmslos beim Traditionsverein Grashopper Zürich verbrachte, kündigte bei Amtsantritt an, in Wien auch zum Heurigen zu gehen. Die Donaumetropole sei „kulinarisch eine Wohlfühlstadt, aber mir fehlen die Berge“. Die Wahlheimat goutiert seinen Humor: Der Teamchef muss kein Schmähbruder wie einst Ernst Happel sein, aber ein bisschen Augenzwinkern kann nicht schaden.

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Dass Koller anders als der oft mundfaule Constantini beinahe jede Pressekonferenz zur Chefsache macht, hat Methode: Der 55-malige Schweizer Nationalspieler möchte Österreichs Fußball-Sprachrohr sein. „Er hat genaue Vorstellungen, was er will und nicht will“, sagt ÖFB-Generaldirektor Alfred Ludwig.

Zahlreiche Vorbehalte gegenüber Koller

Die Vorbehalte gegenüber dem Eidgenossen hätten nicht größer sein können, als Verbandschef Leo Windtner im Herbst vergangenen Jahres die Wahl damit begründete, ein neutraler Fußballlehrer wie Koller könne hier besser „Spuren ziehen“. Rückwärts gewandte Honoratioren rümpften die Nase. „Solche Trainer haben wir in Österreich genügend“, grantelten Herbert Prohaska oder Toni Polster, während Hans Krankl gleich daran erinnerte, dass dieser Mann doch seit seiner Entlassung im September 2009 beim VfL Bochum ohne Anstellung gewesen sei. Dass Koller seitdem etliche Angebote ausgeschlagen hatte, blieb unerwähnt.

Beeindruckt hat der Überzeugungstäter, der die intern gehandelten Kandidaten Andreas Herzog und Franco Foda ebenso ausstach wie die extern ins Spiel gebrachten Otto Rehhagel und Christoph Daum, mit seiner professionellen Herangehensweise. Und einen kleinen Seitenhieb verpasste er seinem Arbeitgeber auch: „Man schaut hier ein bisschen viel zurück und malt blumige Bilder, anstatt sich der Zukunft zu widmen.“

Die Ära Koller

So endete die Zeit von Marcel Koller in Bochum: Fan-Protest nach dem 2:3 gegen den FSV Mainz 05.
So endete die Zeit von Marcel Koller in Bochum: Fan-Protest nach dem 2:3 gegen den FSV Mainz 05. © imago sportfotodienst
Zwischendurch - so wie hier am 10. Mai 2008 - gab es auch solche Bilder. Die vier Jahre des Schweizers im Ruhrgebiet waren geprägt von Höhen und Tiefen.
Zwischendurch - so wie hier am 10. Mai 2008 - gab es auch solche Bilder. Die vier Jahre des Schweizers im Ruhrgebiet waren geprägt von Höhen und Tiefen. © imago sportfotodienst
So begann alles: Der 27. Juni 2005 war Kollers erster Arbeitstag im Ruhrstadion - das damals wirklich noch so hieß.
So begann alles: Der 27. Juni 2005 war Kollers erster Arbeitstag im Ruhrstadion - das damals wirklich noch so hieß.
Kollers Trainerteam - am Anfang und am Ende: Der Chef (2. v. r.) mit (v. r.) Nicolas Michaty, Peter Greiber und Frank Heinemann.
Kollers Trainerteam - am Anfang und am Ende: Der Chef (2. v. r.) mit (v. r.) Nicolas Michaty, Peter Greiber und Frank Heinemann.
In der Zweitliga-Saison setzte Koller die VfL-Legende Dariusz Wosz häufig auf die Bank.
In der Zweitliga-Saison setzte Koller die VfL-Legende Dariusz Wosz häufig auf die Bank.
Doch Koller erreichte das Ziel: Der VfL stieg als Meister der 2. Bundesliga direkt wieder in die Bundesliga auf.
Doch Koller erreichte das Ziel: Der VfL stieg als Meister der 2. Bundesliga direkt wieder in die Bundesliga auf.
Nach dem entscheidenden 2:0-Sieg beim Mit-Aufsteiger Alemannia Aachen genehmigte sich Koller ein Bier...
Nach dem entscheidenden 2:0-Sieg beim Mit-Aufsteiger Alemannia Aachen genehmigte sich Koller ein Bier...
... und bedankte sich bei den Fans - im Aufstiegs-T-Shirt.
... und bedankte sich bei den Fans - im Aufstiegs-T-Shirt.
In die Saison 2006/2007 ging Marcel Koller als Trainer eines Erstligisten.
In die Saison 2006/2007 ging Marcel Koller als Trainer eines Erstligisten. © WAZ
Im ersten Heimspiel traf der VfL auf Bayern München und Koller auf seinen ehemaligen Schützling Lukas Podolski. Der VfL verlor 1:2.
Im ersten Heimspiel traf der VfL auf Bayern München und Koller auf seinen ehemaligen Schützling Lukas Podolski. Der VfL verlor 1:2.
Der VfL startete mit drei Niederlagen - beim 0:1 gegen Energie Cottbus gab es erste
Der VfL startete mit drei Niederlagen - beim 0:1 gegen Energie Cottbus gab es erste "Koller-raus"-Rufe.
Tiefpunkt der Hinrunde: Eine 0:6-Schlappe gegen Werder Bremen. Koller schlich mit Kapitän Thomas Zdebel nachdenklich vom Feld...
Tiefpunkt der Hinrunde: Eine 0:6-Schlappe gegen Werder Bremen. Koller schlich mit Kapitän Thomas Zdebel nachdenklich vom Feld... © ddp
... und bedankte sich trotzdem bei den Fans.
... und bedankte sich trotzdem bei den Fans.
Dass es wieder bergauf ging in der Saison 2006/2007 hatte vor allem mit Theofanis Gekas zu tun. Der Grieche - hier nach seinem Tor zum 2:0 in Hannover - wurde Torschützenkönig...
Dass es wieder bergauf ging in der Saison 2006/2007 hatte vor allem mit Theofanis Gekas zu tun. Der Grieche - hier nach seinem Tor zum 2:0 in Hannover - wurde Torschützenkönig... © ddp
... und hatten großen Anteil daran, ...
... und hatten großen Anteil daran, ... © ddp
... dass der VfL den achten Platz erreichte.
... dass der VfL den achten Platz erreichte. © Felix Hoffmann
In der Winterpause stand das noch nicht fest. Koller bereitete sein Team mit Manager Stefan Kuntz gut vor...
In der Winterpause stand das noch nicht fest. Koller bereitete sein Team mit Manager Stefan Kuntz gut vor...
Der VfL erreichte sein Ziel sicher...
Der VfL erreichte sein Ziel sicher...
... und das honorierten die Fans mit dem Plakat
... und das honorierten die Fans mit dem Plakat "Schweiz ist geil - Danke Coach!"
Marcel Koller - hier auf dem offiziellen Porträtfoto zur Saison 2007/2008 - ging in seine dritte Saison beim VfL.
Marcel Koller - hier auf dem offiziellen Porträtfoto zur Saison 2007/2008 - ging in seine dritte Saison beim VfL. © WAZ
Zum fünften Mal fuhr er mit den VfL-Profis...
Zum fünften Mal fuhr er mit den VfL-Profis...
... ins Trainingslager.
... ins Trainingslager.
Der VfL startete sensationell und hatte nach drei Spielen sieben Punkte auf seinem Konto. Die Fans feierten Marcel Koller...
Der VfL startete sensationell und hatte nach drei Spielen sieben Punkte auf seinem Konto. Die Fans feierten Marcel Koller...
... und der verlebte seine wohl ruhigsten Wochen als VfL-Coach.
... und der verlebte seine wohl ruhigsten Wochen als VfL-Coach. © WAZ
Mit seinem Kapitän Zdebel verstand er sich da (hier am 5. Oktober 2007) noch gut.
Mit seinem Kapitän Zdebel verstand er sich da (hier am 5. Oktober 2007) noch gut.
Wieder stand der VfL früh im sicheren Mittelfeld, doch in der Rückrunde spielte Kollers Elf mehr schlecht als recht - und verlor zum Beispiel beim HSV mit 0:3.
Wieder stand der VfL früh im sicheren Mittelfeld, doch in der Rückrunde spielte Kollers Elf mehr schlecht als recht - und verlor zum Beispiel beim HSV mit 0:3. © imago sportfotodienst
Gemeinsam mit Ansgar Schwenken schaute er sich Ende Februar 2008 den neuen Mannschaftsbus an.
Gemeinsam mit Ansgar Schwenken schaute er sich Ende Februar 2008 den neuen Mannschaftsbus an. © WAZ
Der VfL holte 41 Punkte...
Der VfL holte 41 Punkte... © imago sportfotodienst
... und schloss die Saison auf dem zwölften Platz ab.
... und schloss die Saison auf dem zwölften Platz ab. © imago sportfotodienst
Wieder ein Koller-Porträt - diesmal zu Beginn der Saison 08/09.
Wieder ein Koller-Porträt - diesmal zu Beginn der Saison 08/09. © WAZ
Am Fuße der österreichischen Alpen...
Am Fuße der österreichischen Alpen... © imago sportfotodienst
... bereitete Koller ...
... bereitete Koller ... © imago sportfotodienst
... die Mannschaft vor.
... die Mannschaft vor. © imago sportfotodienst
Er sprach...
Er sprach... © WAZ
... vom besten Kader, den er in seiner Zeit beim VfL ...
... vom besten Kader, den er in seiner Zeit beim VfL ... © imago sportfotodienst
... zur Verfügung hatte.
... zur Verfügung hatte. © imago sportfotodienst
Marcel Koller an seinem Schreibtisch.
Marcel Koller an seinem Schreibtisch. © imago sportfotodienst
In der Hinrunde gab es - wieder einmal - heftige Kritik.
In der Hinrunde gab es - wieder einmal - heftige Kritik. © imago sportfotodienst
Der VfL holte nur elf Punkte und gewann gerade einmal ein Spiel.
Der VfL holte nur elf Punkte und gewann gerade einmal ein Spiel. © imago sportfotodienst
Koller mit Thomas Ernst, dem neuen
Koller mit Thomas Ernst, dem neuen "Vorstand Sport". © imago sportfotodienst
Kapitän Thomas Zdebel saß immer häufiger auf der Bank - und musste in der Winterpause gehen.
Kapitän Thomas Zdebel saß immer häufiger auf der Bank - und musste in der Winterpause gehen. © imago sportfotodienst
Ein Trainer im Schnee.
Ein Trainer im Schnee. © imago sportfotodienst
Kurz vor dem Ende der Hinrunde setzte sich Koller...
Kurz vor dem Ende der Hinrunde setzte sich Koller... © imago sportfotodienst
... mit VfL-Schal auf die Trainerbank.
... mit VfL-Schal auf die Trainerbank. © imago sportfotodienst
Trotz heftiger Kritik hielten Vorstand und Aufsichtsrat zu Koller. Der betreute die Mannschaft also auch während eines Hallenturniers in der Winterpause.
Trotz heftiger Kritik hielten Vorstand und Aufsichtsrat zu Koller. Der betreute die Mannschaft also auch während eines Hallenturniers in der Winterpause. © imago sportfotodienst
Der VfL spielte eine ordentliche Rückrunde - und bezwang unter anderem den FC Schalke 04. Hier beruhigt Koller seinen Linksverteidiger Christian Fuchs.
Der VfL spielte eine ordentliche Rückrunde - und bezwang unter anderem den FC Schalke 04. Hier beruhigt Koller seinen Linksverteidiger Christian Fuchs. © imago sportfotodienst
21 Punkte sammelte der VfL...
21 Punkte sammelte der VfL... © imago sportfotodienst
... in der Rückrunde ...
... in der Rückrunde ... © Bongarts/Getty Images
... und erreichte noch Rang 14.
... und erreichte noch Rang 14. © imago sportfotodienst
Der VfL musste nicht einmal ...
Der VfL musste nicht einmal ... © Bongarts/Getty Images
... bis zum letzten Spieltag zittern.
... bis zum letzten Spieltag zittern. © imago sportfotodienst
Rückschläge gab es trotzdem, wie zum Beispiel die Heimniederlage gegen Hannover, die Thomas Ernst,
Rückschläge gab es trotzdem, wie zum Beispiel die Heimniederlage gegen Hannover, die Thomas Ernst, "Co" Frank Heinemann und Koller verfolgten mussten. © Bongarts/Getty Images
Geschafft: Ernst und Koller klatschen ab...
Geschafft: Ernst und Koller klatschen ab... © imago sportfotodienst
... und Koller genehmigte sich wieder ein Bier.
... und Koller genehmigte sich wieder ein Bier. © imago sportfotodienst
Saison Nummer fünf: Marcel Koller vor Beginn der Saison 09/10.
Saison Nummer fünf: Marcel Koller vor Beginn der Saison 09/10. © WAZ
Joggen mit Philipp Bönig...
Joggen mit Philipp Bönig... © ddp
... und beim Testspiel gegen Piräus.
... und beim Testspiel gegen Piräus. © Ingo Otto
Kollers letztes Spiel: das 2:3 gegen Mainz 05.
Kollers letztes Spiel: das 2:3 gegen Mainz 05. © imago sportfotodienst
Der Schweizer bei seiner ...
Der Schweizer bei seiner ... © Bongarts/Getty Images
... letzten Pressekonferenz.
... letzten Pressekonferenz. © Bongarts/Getty Images
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