Berlin. Die Nationalmannschaft trennt sich von Pressesprecher Harald Stenger. Der Schlusspunkt einer langen, langen Fehde.

Es war ein Gespräch unter zehn Augen. Am Montag erfuhr Harald Stenger, Pressesprecher der Nationalmannschaft, von Oliver Bierhoff, dass sein Vertrag nicht verlängert wird. Bierhoff dankte Stenger im Beisein von Joachim Löw, Hansi Flick und Andreas Köpke herzlich für die geleistete Arbeit in elf Jahren beim DFB. Nun aber sei Zeit für einen Wechsel. Nicht mit im Raum saß Wolfgang Niersbach, der Präsident des Fußballbundes, obgleich der nicht unbeteiligt an der Personalie gewesen in dürfte.

Stenger professionalisierte die Pressearbeit

Ein Blick zurück: 2001 war Stenger von der Frankfurter Rundschau als Mediendirektor zum DFB gewechselt. Unter seiner Ägide professionalisierte der Fußballbund seine Pressearbeit, während der Heim-WM 2006 wurde Stenger als gutmütiger Conferencier der Pressekonferenzen zum Sympathieträger des DFB-Teams. Seine größte Leistung jedoch war, die Nationalmannschaft aus dem Würgegriff des Boulevards zu befreien. In den Achtziger- und Neunziger Jahren hatte insbesondere die Bild-Zeitung eine eigene Busspur zur Nationalelf, Aufstellungen wurden dem Blatte ebenso bevorzugt durchgestochen wie wichtige Personalien. Stenger verstand es meisterhaft, Chancengleichheit der Medien herzustellen, ohne allerdings die Boulevardzeitungen schlechter zu behandeln. Es kann als sicher gelten, dass diese Öffnung entscheidend dazu beigetragen, das Image der Nationalmannschaft aufzupolieren.

Im Januar 2010 wurde Stenger jedoch überraschend als Mediendirektor entmachtet, alle Bereiche jenseits der Nationalmannschaft wurden ihm entzogen. Präsident Theo Zwanziger billigte das, ungeachtet der Tatsache, dass ihm Stenger beim Kampf um das Präsidentenamt gegen Gerhard Mayer-Vorfelder zur Seite gestanden hatte. Dass Stenger nicht gänzlich entmachtet wurde, war allein seinem Standing bei der Nationalelf, bei der Leitung, vor allem aber bei den Spielern zu verdanken. Dennoch galt der Pressesprecher seither in der Otto-Fleck-Schneise als gefährdete Spezies. Nur auf Drängen von Löw und Bierhoff wurde der Vertrag nach der WM in Südafrika noch einmal verlängert. Nun jedoch ist endgültig Schluss. Das Heimspiel der Nationalelf gegen Argentinien ist das letzte Spiel für Stenger. Als Favorit für die Nachfolge gilt der 41jährige Jens Grittner, derzeitig stellvertretender Mediendirektor.

Ein Nachfolger und die Konsequenzen für die Pressearbeit

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Die Demission Stengers gibt Raum für Spekulationen. Auf den ersten Blick kommt der Rauswurf daher wie ein Zugeständnis der sportlichen Leitung an die DFB-Spitze. Die Pressearbeit des DFB-Teams war in den letzten Jahren dem direkten Zugriff der Funktionäre in der Otto-Fleck-Schneise entzogen gewesen. Nach dem unglücklichen Verlauf der EM mussten Löw und Bierhoff offenbar Konzessionen machen. Stengers Nachfolger, ob Grittner oder ein anderer Kandidat, wird deutlich enger mit DFB-Präsident Wolfgang Niersbach, dessen Verhältnis zum bisherigen Pressechef als stark gestört gilt, zusammenarbeiten müssen.

Zugleich kann die Neubesetzung des Pressechefs allerdings auch bedeuten, dass der DFB und die Nationalmannschaft wieder näher an die Bild-Zeitung heranrücken, alte Privilegien wieder gewährt werden. Auffällig etwa, dass die Personalie des neuen DFB-Sportdirektors Robin Dutt exklusiv in der Bild vermeldet wurde. Und gestern Abend waren es zunächst nur Springer-Leute, die bei den Beteiligten Kommentare abfragten. Nach Chancengleichheit sah das nicht aus.