Essen. Um die Greise der Fifa ranken sich viele Gerüchte. Wer sich darüber wundert, der sollte sich das System einmal genauer anschauen. Fifa-Boss Joseph Blatter und Konsorten benutzen ein basisdemokratisches Prachtmodell. Ein Kommentar.

Zumindest in Deutschland gibt es gar keine Diskussion darüber, ob es sich bei Joseph Blatter um einen feinen Mann oder um einen korrupten Lügenbold handelt. Dass Reinhard Rauball, der Chef der Deutschen Fußball-Liga und Vizepräsident des Deutschen Fußball-Bundes in Personalunion, den Präsidenten der Weltfußballverbandes zum Rücktritt vom Amt aufgefordert hat, ist dennoch ehrbar. In der Öffentlichkeit, überall da in Deutschland, wo die Räume nicht allein mit ein paar Funktionären gefüllt sind, wird dem Schweizer aber ohnehin schon lange mit Missfallensbekundungen begegnet. Siehe WM 2006. Blatter im Stadion? Und: pfeifen.

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Diese Pfiffe allerdings können dem Herrscher über den globalen Fußball (fast) gleichgültig sein. Es ist nämlich so: 209 Staaten bilden die „Fifa-Familie“. Gewählt wird der Präsident nach dem basisdemokratischen Prinzip: ein Land, eine Stimme. Und weil es (Achtung: willkürliche Beispiele) Aruba oder Vanuatu eben überaus freut, wenn der Weltverband der Jugend eine neue Platzanlage spendiert, kann Blatter sicher sein, dass ihm dort, wo es für ihn im Machterhaltssinne exakt so wichtig ist wie in Deutschland, keine Pfiffe entgegen schallen werden.

Wer sich darüber wundert, dass sich um die Greise der Fifa so viele Gerüchte ranken, der sollte sich das System und seine generelle, seine zu erwartende Anfälligkeit für Korruption einmal genauer anschauen. Was musste die große Fußballnation tun, um die WM 2006 zu bekommen? Stimmen bei den Mitgliedern des Exekutivkomitees der Fifa sammeln. Und wie sammelt man diese Stimmen? Nun, durch Überzeugungsarbeit. Und selbstverständlich durch einige weitere (hoffentlich im Rahmen des Erlaubten entgegen gebrachte) Nettigkeiten. Mit anderen Worten: Blatter und Konsorten haben einfach besonders gut begriffen, wie der Fifa-Apparat, wie dieses basisdemokratische Prachtmodell benutzt werden kann.