Hamburg. . Das Fifa-Exekutivkomitee entscheidet über WM-Vergabe. Der Zusammenhang zwischen Zahlungen und dem Wahl des Austragungsortes ist so alt wie die Geschichte der WM selbst, die der Franzose Jules Rimet als Fifa-Präsident initiierte.
"A fine basket with specialities from the black forest, including some really good sausages, ham and – hold on to your seat – a wonderful KuKuClock!" Das "Bestechungsschreiben" des Satire-Magazins "Titanic" an die Mitglieder des Fifa-Exekutivkomitees am Abend des 5. Juni 2000 ist mittlerweile legendär. Spezialitäten aus dem Schwarzwald und eine Original-Kuckucksuhr wurden dort für die Stimme für Deutschland bei der am folgenden Tag anstehenden Vergabe des WM-Turniers 2006 ausgelobt.
Das Lachen aber ist der Fußball-Welt mittlerweile schon lange vergangen. Was die Witzbolde aus Frankfurt geahnt haben, hat sich längst bewahrheitet: Einige Mitglieder in der "Regierung" des Fußball-Weltverbandes Fifa sind käuflich. Die nun ans Licht gekommenen Namen Joao Havelange, der ehemalige Fifa-Präsident, und sein früherer Schwiegersohn Ricardo Teixeira sind nicht die einzigen.
Vorwürfe gegen zahlreiche Fifa-Funktionäre
24 Personen sitzen im Exekutivkomitee der Fifa. Ausgesucht nach einem bestimmten Kontinentalschlüssel. Allein sie entscheiden über den Austragungsort der WM. Bei Stimmengleichheit gibt der Fifa-Präsident den Ausschlag. Der Wahlprozess ist ein Geschacher um Landes- und persönliche Interessen. Gibst du mir das, erhältst du jenes.
Wegen Korruptionsvorwürfen im Zusammenhang mit der WM-Vergabe für 2018 und 2022 wurden im Oktober 2010 bereits Reynald Temarii aus Tahiti und Amos Adamu aus Nigeria suspendiert. Ende Mai 2011 mussten sich Jack Warner (Trinidad und Tobago) und Mohamed bin Hammam (Katar) wegen Bestechungsvorwürfen vor der Ethik-Kommission des Weltverbandes verantworten. Beide wurden gesperrt. Dabei ging es um den Versuch Stimmen für Bin Hammans Kandidatur zum Fifa-Präsidenten zu kaufen.
Bin Hamman gilt als enger Freund des Emirs von Katar, Hamad bin Chalifa Al Thani. Als die WM 2022 in den kleinen, reichen Wüstenstaat vergeben wurde, war er noch im Fifa-Exekutivkomitee aktiv und konnte seinen Einfluss dort geltend machen. Zwischenzeitlich sahen sich zehn der 24 Exekutivmitglieder Vorwürfen ausgesetzt.
"Finanzielle Kraft genutzt, um Lobbyarbeit zu betreiben"
Dass finanzielle Mittel eingesetzt werden, musste mittlerweile auch die Fifa schon schwurbelig einräumen: "Was ich sagen wollte, ist, dass die Sieger ihre finanzielle Kraft genutzt haben, um Lobbyarbeit für ihre Bewerbung zu betreiben", teilte Fifa-Generalsekretär Jerome Valcke 2011 in einer Stellungnahme zu Korruptionsvorwürfen bei der Wahl Katars mit: "Ich wollte damit nicht sagen, dass Stimmen gekauft worden seien."
Der Zusammenhang zwischen Zahlungen und dem Wahl des Austragungsortes ist tatsächlich so alt wie die Geschichte der WM selbst, die der Franzose Jules Rimet als Fifa-Präsident initiierte. Dass die erste Weltmeisterschaft 1930 in Uruguay stattfand, lag ganz wesentlich an dem einheimischen Rinderzüchter Enrique Buero. Mit großzügigen Spenden ermöglichte er das Turnier in seinem Heimatland.
WM 1978 in einer Militärdiktatur
Auch interessant
Vier Jahre später vergab das Exekutivkomitee die WM nach Italien, gegen die Kandidaturen von Schweden und Spanien. Der faschistische Staatschef Benito Mussolini stellte die notwendigen Finanzmittel für die Infrastruktur zur Verfügung. Italien profitierte bei seinem Titelgewinn übrigens entscheidend von seltsamen Schiedsrichterentscheidungen.
Die Vergabe der Weltmeisterschaften 1974 bis 1982 wurde 1966 in einem Rutsch erledigt. Deutschland hatte sich einstimmig für 1974 durchgesetzt, die Mitbewerber Argentinien und Spanien bekamen dafür die folgenden Turniere. Dass Argentinien seit 1976 eine Militärdiktatur war, in der gravierende Menschenrechtsverletzungen mit zahlreichen Todesopfern zu beklagen waren, änderte nichts mehr an der Durchführung des Turniers.
Der deutsche Bewerbungschef Franz Beckenbauer machte vor der Wahl für das Turnier 2006 praktisch in der ganzen Welt seine Aufwartung und warb um Stimmen. Hinter den Kulissen liefen gleichzeitig laut Informationen der "Süddeutschen Zeitung" diverse Wirtschaftsdeals, in die Dax-Konzerne verwickelt waren. Schwarzwälder Schinken und eine Kuckucksuhr jedenfalls waren nicht für die WM-Vergabe 2006 entscheidend – so billig gab es solche Turniere noch nie. (dapd)