Bremen. Bundestrainer Joachim Löw hält an Spielern fest, die seine Philosophie und seine Spielweise verwirklichen können. Deshalb bleibt Cacau im Aufgebot - und deshalb könnte der Ex-Schalker Christian Pander wieder ein Thema werden. Für Gladbachs Mike Hanke und Jan Schlaudraff sind das schlechte Nachrichten.

Nach dem Stuttgarter Sieg gegen Freiburg sind Bilder von einem lachenden Cacau verbreitet worden. Aber die Bundesliga wird nicht ohne Grund große Bühne genannt. Bei einem Erfolg ist das Ensemble zur Darstellung von Freude angehalten, wie es drinnen aussieht, geht niemanden etwas an, lässt sich im Fall des Nationalspielers allerdings leicht ausmalen. Am Wochenende eingewechselt in Minute 86. Beitrag: verschwindend gering. Und: lachen, lachen, lachen.

In der WM-Saison 2010 erging es dem Kollegen Miroslav Klose ähnlich. Der Stürmer stand im Dienst der von Louis van Gaal befehligten Bayern, und seine Auftritte waren genau so wenig gefragt wie die des Stuttgarters in der auf die EM zusteuernden Saison 2011/2012. Gut für Cacau, dass der Therapeut, der Kloses Kopf für die WM frei räumte, noch praktiziert. Sein Name ist Löw, Joachim Löw, und er hat sehr eigene, eigenwillige, eigensinnige Methoden.

Schlechte Nachrichten für Hanke und Schlaudraff

Einer Reihe von Spielern, die sich Hoffnungen machten, für die letzte Test-Partie der Nationalelf vor der Nominierung des EM-Kaders im Mai berufen zu werden, verheißen diese Methoden dagegen Schlechtes. Mike Hanke brilliert bei Borussia Mönchengladbach in der Rolle des Angriffsinitiators und Vollstreckers. Jan Schlaudraff ist der reife Regisseur bei den auch in der Europa League auftrumpfenden Hannoveranern. Hanke und Schlaudraff werden aber ihre aktuellen Möglichkeiten am Mittwochabend in der Begegnung mit Frankreich in Bremen nicht demonstrieren können. Und zwar, weil die aktuellen Möglichkeiten für Löw nicht von überragendem Interesse sind.

Für diesen Bundestrainer gilt: Er greift grundsätzlich nach Spielern, von denen er glaubt, dass sie „meine Philosophie“ verinnerlichen, dass sie „meine Spielweise“ auf dem Rasen verwirklichen können. Er hält eisern fest an denen, die sich wie Klose im Kreis stets bewährt und wie Cacau „immer gezeigt haben, dass mit ihnen zu rechnen ist“. Und er arbeitet konsequent nach dem Backup-Prinzip: Wenn der mir weggeschlagen wird, dann habe ich den noch in der Hinterhand… Auch das sind schlechte Nachrichten für Hanke und für Schlaudraff. Auf den Pöstchen, die sie übernehmen könnten, tummeln sich in der Nationalelf mehr Hochbegabte als an einer Elite-Universität.

Bedeutet: Egal, wie heute der Test gegen die Franzosen (20.45 Uhr/ZDF und im DerWesten-Ticker) enden mag, die Chancen für Hanke oder Schlaudraff oder BVB-Dauerläufer Kevin Großkreutz sind so verschwindend gering wie die von Cacau im Schwabenländle. Dass Löw erklärt hat: „Die Türe ist noch nicht geschlossen. Sie ist einen Spaltbreit geöffnet“, kann dennoch nicht als Phrase abgetan werden. Auch diese deutsche Auswahl, die „sich mit den besten Teams der Welt messen kann“ (Löw), leidet schließlich unter einer Rechts-Links-Schwäche.

Christian Pander passt in Löws Beuteschema

Gegen Frankreich fehlt der auf der linken Verteidigungsflanke etablierte, auf der rechten aber ebenfalls qualitätshaltige Kapitän Philipp Lahm. So wird der Backup-Bundestrainer links zunächst wohl den Dortmunder Marcel Schmelzer präsentieren und später den auch innerhalb des Kreises ausdauernd mittelmäßigen Hamburger Dennis Aogo. Und rechts könnten einander wieder der Schalker Benedikt Höwedes und der Bayer Jerome Boateng abwechseln, die beide nie mit dem Gütesiegel „klassischer Außenverteidiger von Weltklasse“ markiert wurden. Sollte der eine oder andere dieser Herren von den Außenposten im Abschlusstest nicht überzeugen können, wäre es Spielern wie dem Hannoveraner Christian Pander, dem Hamburger Marcell Jansen oder dem Gladbacher Tony Jantschke anzuraten, für den Sommerurlaub eine Reiserücktrittsversicherung abzuschließen.

Vor allem Pander passt in Löws Beuteschema. Er kann Verteidigung und Mittelfeld. Er hat sich charakterstark nach Verletzungen hoch gerappelt. Und er verfügt über eine Zusatzqualifikation: eine Schusspräzision wie David Beckham. Könnte doch mal gebraucht werden, und wenn auch nur in einer einzigen der vielen, vielen vom Bundestrainer geistig noch durchzuspielenden möglichen EM-Situationen.