Berlin. Die Gewaltspirale rund um Fußballspiele soll gestoppt werden. Vertreter des DFB, Dynamo Dresden, Eintracht Frankfurt, Polizei und Fans sprachen im Sportausschuss des Bundestages über Alkoholverbot, Hausrecht von Gästeteams im Gästeblock sowie eine Förderung von Fan-Projekten.
846 Menschen werden im Jahr durch Gewalt am Rande von Fußballspielen verletzt. Immer wieder kommt es zu Ausschreitungen. Noch am vergangenen Wochenende wurden bei Krawallen am Rande des Zweitligaspiels VfL Bochum gegen Hansa Rostock 42 Stadionbesucher verletzt.
Alkoholverbot wurde erörtert
Nun reagiert auch die Politik in Berlin: Am späten Mittwochnachmittag war Gewalt im Fußball Thema einer öffentlichen Sitzung im Sportausschuss des Deutschen Bundestages. Geladen waren Vertreter des Deutschen Fußball Bundes (DFB), der Deutschen Fußball Liga (DFL), die Präsidenten von Dynamo Dresden und Eintracht Frankfurt, der Polizei und von Fanorganisationen.
Doch wie ist die Gewalt im Fußball einzuschätzen und wie sollte man darauf reagieren? Das blieb in der Diskussion höchst umstritten. Bernhard Witthaut von der Gewerkschaft der Polizei forderte eine konsequentere Durchsetzung von Stadionverboten und regte ein Alkoholverbot bei der An- und Abreise zum Stadion an. Außerdem begrüßte er das klare Nein des DFB zum Abbrennen von Pyrotechnik. Fanvertreter widersprachen: Härtere Strafen seien der falsche Weg, so Michael Gabriel, Leiter der Koordinierungsstelle Fanprojekte (KOS). „Die Fanszene würde sich nach außen abschließen.“ Unterstützung bekam er von Heribert Bruchhagen, Präsident von Eintracht Frankfurt. „In Frankfurt gibt es eine Jugend-Fanszene, für die sind Stadionverbote eine Anerkennung.“ Nur permanente Gespräche mit den Fans und der Einsatz von mehr Sozialpädagogen könnten zur Lösung des Problems beitragen. „Die Gruppe muss sich selbst bereinigen“, so Bruchhagen.
Dynamo Dresden fordert Hausrecht für den Gästeblock
Ein wenig im Stich gelassen fühlte sich Andreas Ritter, Präsident von Dynamo Dresden, dessen Verein nach den Krawallen im vergangenen Oktober in Dortmund in den kommenden Saison vom Pokal ausgeschlossen wurde. „Wir sind als Verein an der Grenze“, sagte er. Man habe hervorragende Fanprojekte, aber bei der Ermittlung der Straftäter komme der Verein ohne Hilfe der Staatsanwaltschaft nicht weiter. Diese stelle Verfahren gegen gewalttätige Fans meist wegen Geringfügigkeit ein. Ritter forderte außerdem vom DFB „die Definition von allgemeinen Sicherheitsstandards“. Außerdem regte er an, das Hausrecht für den Gästeblock bei Auswärtsspielen auch dem Gastverein zu übertragen. „Wir konnten in Dortmund nur zusehen“, so Ritter. Dabei hätten die Dresdener Fanbetreuer vielleicht mehr verhindern können, da sie ihre eigene Klientel besser kennen würden.
KOS-Leiter Michael Gabriel forderte zudem eine bessere finanzielle Förderung der Fanprojekte in Deutschland. „Es kann nicht sein, dass einzelne Bundesländer nur 100 000 Euro pro Jahr für Fanprojekte ausgeben“, sagte er. Das „hervorragende“ Fanprojekt in Trier sei aus finanziellen Gründen vor kurzem geschlossen wurden, ergänzte Ben Praße vom Fanprojekt „Unsere Kurve“.
Den Vorschlag der CDU/CSU-Fraktion, auf Gesichtsscanner zurückzugreifen, lehnten alle Sachverständigen am Mittwoch ab. „Bei 40 000 Zuschauern pro Spiel kann ich mir nicht vorstellen, dass das technisch umsetzbar ist“, sagte der stellvertretende DFL-Vorsitzende Holger Hieronymus. Auch Jürgen Schubert von der Polizei bestätigte: „Das ist zur Zeit nicht machbar.“