Essen. Die Transferperiode des Winters ist abgelaufen. Wie haben sich die Klubs neu aufgestellt? Eine Bestandsaufnahme.
Fünf Neue kamen im Winter, eine durchaus stolze Zahl. Sie sollen nun mithelfen, den 1. FC Kaiserslautern vor einem weiteren Sturz in die Zweite Liga zu bewahren. Hat das überhaupt jemand mitbekommen? Wer schaut schon in Richtung Pfalz, wenn in Niedersachsen wieder einmal alles überboten wird? Beim VfL Wolfsburg hat der mit unvergleichlichen Machtbefugnissen ausgestattete Manager und Trainer Felix Magath seine eigene Saisonplanung aus dem Sommer nicht nur korrigiert, sondern konterkariert. Aus dem Transferfenster, das seit Mittwoch wieder geschlossen ist, lehnte er sich am weitesten heraus: Sechs Profis schickte er weg, gleich acht Neue holte er, erneut nach dem Motto: Koste es, was es wolle. Die Bosse des VW-Konzerns, die Magath seit dem überraschenden Gewinn der Deutschen Meisterschaft im Jahr 2009 für einen Magier halten, haben zusätzliche Ausgaben in Höhe von knapp 30 Millionen Euro abgesegnet. Das Wolfsburger Aufgebot ist damit auf die Rekordzahl von 38 Profis erweitert worden – für Magath kein Problem: „Es ist wegen der Konkurrenzsituation ein großes Engagement der Spieler zu registrieren.“ Es soll allerdings nur ein Gerücht sein, dass im VfL-Mannschaftsbus künftig Stehplätze ausgelost werden.
Auch interessant
Magath rechtfertigt den Kaufrausch, indem er auf „Investitionen in die Zukunft“ verweist. Aber er hofft natürlich auch auf kurzfristigen Erfolg, nachdem sein zu Saisonbeginn verfolgter Plan mit Routiniers wie Hasan Salihamidzic, Thomas Hitzlsperger oder Sotirios Kyrgiakos nicht aufging: „Wir haben die Qualität noch einmal gesteigert. Ich bin sicher, dass wir uns nach vorn arbeiten werden.“
Mit seiner Transferoffensive und seinen Möglichkeiten stellt sich Magath deutlich gegen den Trend. Viele andere Vereine haben sich zurückgehalten – oder mussten sich zurückhalten. Dass der auch wirtschaftlich potente FC Bayern auf Zu- und Abgänge verzichtete, ist sicher anders begründet als die Regungslosigkeit des zur Sparsamkeit verpflichteten Hamburger SV.
Verzerrt Wolfsburg den Wettbewerb?
Auch interessant
Es stellt sich die Frage: Wenn ein Klub im Winter seine komplette Saisonplanung umkrempeln kann und dabei finanziell nicht eingeschränkt wird – verzerrt er damit den Wettbewerb? „Nein“, meint Michael Meier, „denn es ist legitim, was Wolfsburg macht.“ Meier weiß, wovon er spricht, als Manager der Dortmunder Borussia (bis 2005) und des 1. FC Köln (bis 2010) stand er selbst viele Jahre vor der Frage, welchen Sinn Wintertransfers ergeben würden. „Der Zeitraum im Winter ist grundsätzlich nicht ideal, um neue Spieler zu verpflichten“, sagt er. Es gehe meistens darum, Lücken zu schließen, die durch langwierige Verletzungen oder unerwartete Formschwächen entstanden seien. „Aber du legst nur nach, weil du glaubst, deine Ziele aus den Augen zu verlieren“, erklärt der 62-Jährige. „Dadurch kommst du schnell in Paniksituationen.“ Zumal starke Spieler, die woanders zum Stammpersonal zählen, zur Saisonhälfte ohnehin nur selten zu haben seien.
Das erklärt auch, warum spektakuläre Transfers in den vergangenen Tagen ausblieben. Am Ende hat beispielsweise Borussia Dortmund eben doch nur den hinten anstehenden Stürmer Mohamed Zidan an Mainz 05 abgegeben und nicht den als perspektivisch wertvoller beurteilten Lucas Barrios ziehen lassen.
In Dortmund Schalke wird Fußball gelebt
Auch interessant
Während die Personalpolitik des BVB sogar beim Erzrivalen Schalke Anerkennung findet, darf Wolfsburg nicht damit rechnen, außerhalb des eigenen Fanlagers neue Sympathiepunkte gesammelt zu haben. Das sei ja ohnehin nicht Felix Magaths Stärke, meint Michael Meier, der dennoch Verständnis für den Großeinkäufer aufbringt: „Es ist seine klare Strategie, den Erfolg mit allen möglichen Mitteln herbeizuführen.“
Es bringe nichts, sich darüber zu beklagen: „Grundsätzlich haben die Modelle Wolfsburg, Leverkusen und Hoffenheim der Bundesliga die Jungfräulichkeit genommen“, sagt Meier. „Und dennoch bekommen diese Klubs nicht jeden Spieler. Denn Größe ergibt sich nicht nur durch Geld. Die Bayern haben neben Finanzkraft auch eine Erlebniswelt zu bieten, auch in Dortmund und Schalke wird Fußball gelebt. Deshalb muss man sich keine Sorgen machen, dass die von den Konzernen geförderten Klubs auf lange Sicht mächtiger werden könnten als die momentan erfolgreichen Traditionsvereine.“