Hamburg. Joachim Löw steht beim Klassiker gegen den Erzrivalen Niederlande am Dienstag in Hamburg zum 75. Mal als Bundestrainer an der Seitenlinie. Der 51-Jährige hat die beste Bilanz aller bisherigen DFB-Cheftrainer. Zum ganz großen Glück fehlt Löw nur noch ein Titel.

Joachim Löw hat den besten Punkteschnitt aller bisherigen Bundestrainer, ist in ganz Fußball-Deutschland beliebt und hat den früheren Rumpel-Kickern der deutschen Nationalmannschaft das „perfekte Spiel“ beigebracht: Doch das Jubiläum zu seinem 75. Länderspiel als Bundestrainer interessiert den 51-Jährigen nur am Rande. Der joviale Rotwein- und Modeliebhaber hat nur die Krönung seiner Arbeit im Sinn - den Titel bei der EURO 2012 in Polen und der Ukraine.

„Es ist für mich das Schönste auf der Welt, Bundestrainer zu sein. Aber mit dem Jubiläum beschäftige ich mich nicht. Das sagt mir gar nichts. Unser Augenmerk gilt alleine der Vorbereitung auf die EURO. Denn wir wollen unbedingt den ersten Titel seit der EM 1996 holen“, sagte Löw, der sich im Anschluss an das letzte Saisonspiel gegen die Niederlande am Dienstag in Hamburg aber ganz sicher ein Gläschen Rotwein auf die sensationelle Erfolgsserie im Jahr 2011 gönnen wird.

Für Löw steht die Offensive im Vordergrund

Denn alleine die EM-Rekordqualifikation nach zehn Siegen aus zehn Spielen war schon ein Eintrag in die Geschichtsbücher des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) wert. Hinzu kommt, dass der Bundestrainer seit seinem Amtsantritt im August 2006 nicht nur erfolgreichen, sondern vor allem auch schönen Fußball spielen lässt. Für den gebürtigen Schönauer steht stets die Offensive im Vordergrund, da darf es hinten wie beim 3:3 gegen die Ukraine auch ruhig mal klingeln.

„Ein 4:2 ist mir immer lieber als ein 1:0. Wir wollen immer offensiv spielen. Denn wenn wir uns alleine auf deutsche Tugenden berufen, dann haben wir international keine Chance“, sagte Löw, der zudem im Mittelfeld den „Zwischenspieler“ erfand. Diese Position zwischen offensivem und defensivem Mittelfeld wird mittlerweile vom erst 21 Jahre alten Toni Kroos glänzend ausgefüllt. „Jeder spricht immer von Özil und Götze. Toni wird unterschätzt, dabei ist er für unser System ein ganz wichtiger Spieler“, betonte Löw zuletzt.

Besten Punkteschnitt von allen Bundestrainern

National betrachtet sind Löws Vorgänger im Vergleich mit dem aktuellen Bundestrainer längst chancenlos. Unter Löw, der als Nachfolger von Jürgen Klinsmann am 16. August 2006 beim 3:0 gegen Schweden seinen Einstand gegeben hatte, feierte die DFB-Auswahl in bisher 74 Länderspielen 51 Siege bei 13 Unentschieden und 10 Niederlagen. Dies entspricht einem Punkteschnitt von 2,24.

Wenn man die Drei-Punkte-Regel zugrunde legt, liegt Berti Vogts mit 2,18 Zählern im Schnitt vor Jupp Derwall (2,15) auf Platz zwei der Liste. Die drei Weltmeister-Trainer/Teamchefs Sepp Herberger (1954/1,85), Helmut Schön (1974/2,10) und Franz Beckenbauer (1990/1,85) weisen einen schlechteren Schnitt auf. Die schlechteste Bilanz gab es unter Erich Ribbeck, der nur 1,50 Punkte im Schnitt holte.

Bierhoff hat größten Respekt vor Löw

„Seine Quote ist einmalig. Das ist eine großartige Leistung“, lobte DFB-Teammanager Oliver Bierhoff den Bundestrainer. Vor allem aber habe sich der 51-Jährige „als Person nie verändert. Er schafft es trotz des ganzen Rummels immer, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren“.

Trotz der Erfolgsgeschichte der vergangenen fünf Jahre ist eine Vertragsverlängerung über die WM 2014 in Brasilien hinaus derzeit aber kein Thema. „Es war eigentlich ganz schön, in die WM 2010 zu gehen und keine vertragliche Sicherheit zu haben. Das war gar nicht so schlecht. Da hat man ein gewisses Feuer in sich“, sagte Bierhoff, nachdem im Frühjahr 2010 die Vertragsverhandlungen mit dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) zunächst geplatzt waren.