München.
Als die Mannschaft des SSC Neapel am Dienstagmittag mit dem Sonderflug AZ 8048 in München eintraf, hatte sie sich schon fast selbst aufgegeben. "Bayern ist eine sehr starke Mannschaft, während wir nicht gerade in Top-Form sind", sagte Präsident Aurelio de Laurentiis kleinlaut. Bayern Münchens Bilanz von 33:0 Toren aus den letzten acht Heimspielen schüchtert ein - und Neapel soll am Mittwoch (20.45 Uhr/live im DerWesten-Ticker) in der Champions League das nächste Opfer des Rekordmeisters werden.
Der 200. Europacup-Sieg, eine Zwischenstation auf dem Weg zum großen Heim-Finale. Mehr nicht. "Wir wollen zuhause gewinnen und alles so gut wie klar machen auf dem Weg in die nächste Runde", sagte Kapitän Philipp Lahm am Dienstag in München. Ein Sieg gegen Napoli bei gleichzeitigem Punktverlust von Verfolger Manchester City gegen den FC Villarreal, und die Bayern wären vorzeitig für das Achtelfinale qualifiziert.
Aber auch so ist der Einzug in die Runde der letzten 16 angesichts sieben Punkten aus drei Spielen wohl nur noch Formsache. "Jetzt wollen wir auch Erster werden", sagte Lahm deshalb selbstbewusst. Heynckes geriet gar ins Träumen: "Warum soll es nicht möglich sein, dass wir das Finale erreichen?" Es findet am 19. Mai 2012 passenderweise im eigenen Stadion statt.
Münchner marschieren in der Liga
Sowieso fragt sich momentan die Fußball-Welt: Wer soll diese Bayern zu Hause überhaupt schlagen? Manchester City, Vize-Meister Bayer Leverkusen, zuletzt der 1. FC Nürnberg - sie alle forderten die Bayern nicht mehr als in einem kleinen Trainingsspiel. "Es fühlt sich momentan nicht so anstrengend an", gab Thomas Müller in der "Bild"-Zeitung zu.
In der Liga marschieren die Münchner vorne weg, im DFB-Pokal stehen sie im Achtelfinale, und auch in der "Hammergruppe A" der Königsklasse scheinen sie nicht aufzuhalten. "Wir sind weiter hungrig und geben uns nicht zufrieden", warnte Toni Kroos gar.
Zumindest statistisch gesehen wären die Neapolitaner aber prädestiniert, die beeindruckende Heim-Serie zu stoppen. Gegen den Rekordmeister sind die Italiener noch unbesiegt, zudem kassierten die Bayern vier ihrer letzten fünf Niederlagen in der Champions League gegen italienische Klubs. Beunruhigen lässt sich im Münchner Höhenrausch aber niemand. "Der FC Bayern ist so dominant, dass der Gegner sich nach uns richten muss", sagte Heynckes. Am 1:1 in Neapel sei man laut Lahm "selbst schuld" gewesen, jetzt heiße es Wiedergutmachung: "Wir müssen unsere Chancen besser nutzen."
Van Buyten und Schweinsteiger wohl von Beginn an
Mitwirken können wohl auch die angeschlagenen Bastian Schweinsteiger und Daniel van Buyten, die nach zwei Tagen Pause am Abschlusstraining teilnahmen. Dass Dauerpatient Arjen Robben nach wie vor fehlt, stört das offensiv kreative und defensiv stabile Bayern-Spiel derzeit kein bisschen. Sogar die Abteilung Attacke kommt aus dem Schwärmen gar nicht mehr raus. Heynckes habe "Fußball zu einer Kunst erhoben", sagte etwa Uli Hoeneß: "Ich freue mich jedes Mal, ins Stadion zu gehen." Beim Erreichen des Achtelfinals würden die rund drei Millionen Euro Festgeld das Grinsen des Präsidenten wohl noch breiter werden lassen.
Der Ausrutscher gegen Hannover ist längst vergessen - ab jetzt soll der Durchmarsch folgen. Zumindest auf ein bisschen mehr Gegenwehr als beim 4:0 gegen Nürnberg dürften sich die Bayern aber einstellen. "Wir wollen in München bis zur letzten Sekunde kämpfen", sagte de Laurentiis immerhin. Auch Heynckes ist sich sicher, dass die "laufstarke, aggressive und leidenschaftliche italienische Mannschaft" alles geben werde, "um hier zu bestehen".
Das Team von Trainer Walter Mazzarri muss allerdings auf ihren gesperrten Kapitän Paolo Cannavaro verzichten. Zudem bläst dem Champions-League-Neuling mit nur fünf Punkten aus den letzten fünf Pflichtspielen der Wind nicht unbedingt in den Rücken. "Diesem hohen Schritt in Champions League und Liga Schritt zu halten, ist nicht leicht für uns", gab Mazzarri zu. Er weiß ja: Tiefstapeln ist bei Reisen nach München derzeit empfehlenswert. (dapd)