Köln. . Lukas Podolski hat allen Kritikern bewiesen, dass mit ihm noch lange zu rechnen ist. Trotz der Entmachtung als Kapitän des 1. FC Köln und trotz starker Konkurrenz in der Nationalelf zeigt der 26-Jährige zuletzt starke Leistungen.
Die Sonne blinzelte über dem Kölner Grüngürtel, das Laub wehte in güldenen Farben um die Beinkleider. Es war ein friedlicher, schöner Herbsttag in der Domstadt. Ein Tag zum Genießen. Vor allem für die Anhänger des FC, vor allem für Lukas Podolski.
16 Zähler haben die Rheinländer nach dem 3:0 gegen Augsburg auf dem Konto, sieben Zähler Vorsprung auf einen Abstiegsplatz – und Lukas Podolski hat sich mit zwei Treffern erneut für die Rolle des Stadtheiligen beworben. In Köln, wo unterirdisch offenbar Tag und Nacht die Notenpresse für die Währung namens Übertreibung rattert, findet man es nun nicht einmal mehr verwerflich, wenn die Namen Podolski und Messi in einem Zusammenhang genannt werden. „Der FC Barcelona ist nicht nur Messi und der 1. FC Köln ist nicht nur Podolski“, sagte Trainer Stale Solbakken in guter Absicht. Es dürfte nicht lange dauern, bis der Boulevard den argentinischen Weltfußballer und den Kölner Spaßfußballer ernsthaft einem Leistungsvergleich unterzieht.
Demontage von Lukas Podolski
Dabei ist es gerade einmal gut drei Monate her, als über die Demontage des Angreifers gezürnt und die Lustlosigkeit Podolskis thematisiert wurde. Solbakken hatte ihm die Kapitänsbinde entzogen, Podolski ein wenig genölt; und prompt stand der neue Trainer, ohne ein einziges Spiel auf der FC-Bank, schon in der Kritik.
Nun, acht Tore später, begeistern sich plötzlich alle an der Maßnahme des Trainers, der Podolski geschickt den Druck genommen habe. Verkehrte Welt. FC-Sportdirektor Volker Finke, ohnehin kein übertriebener Fan der kölschen Mentalität, verdreht bei solchen Fragen verständlicherweise die Augen. Und Solbakken reagiert mit einer hübschen Prise norwegischen Humors: „Lukas ist der Kapitän der Stadt, der Fans, der Kapitän von Deutschland.“
Vertragsverlängerung mit Podolski in der Schwebe
Der Kapitän von Deutschland. So weit ist es also gekommen in sehr kurzer Zeit. Die Druckerschwärze jener Berichte ist kaum getrocknet, in denen das Ende der DFB-Karriere des 26-Jährigen prognostiziert wurde. Andre Schürrle, der Konkurrent von der anderen Rheinseite, schien dem erfahrenen Kollegen den Rang abzulaufen, Podolskis Entmachtung als Kapitän tat ihr übriges, um bei einem 26-Jährighen schon den Herbst der Karriere dämmern zu sehen.
Doch nun hat Podolski, der Mann mit dem unnachahmlichen linken Fuß und der brillanten Schusstechnik, fünf der letzten sechs FC-Tore erzielt, war an neun der letzten elf Treffer direkt beteiligt – und ist nun „derjenige, der den Unterschied ausmacht“ (Finke), vielleicht gar „der beste Spieler der Liga“ (Solbakken).
Doch der 1. FC Köln wäre nicht dieser, nun ja, eigenwillige Klub, würde er nicht im Moment der Zufriedenheit schon wieder den Keim des Zweifels, der Angst, ja der Katastrophe säen – und drunter würde ein Abschied der Klub-Ikone nicht verbucht. Der Vertrag des Rückkehrers läuft zwar noch bis 2013 und der FC-Geschäftsführer Claus Horstmann hat für die Winterpause bereits Gespräche für eine mögliche Vertragsverlängerung avisiert. Doch die Leistungen des 93-maligen Nationalspielers lassen plötzlich die Befürchtungen gedeihen, Podolski könne versucht sein, nach dem misslungenen Versuch in München seine Karriere womöglich bei einem Top-Verein im Ausland zu krönen.
Mäßige Perspektive beim 1. FC Köln
Keine Frage: Die sportlichen Perspektiven beim 1. FC Köln, der sich mehr als ein Jahrzehnt als Fahrstuhl-Klub verdingte, sind mittelfristig überschaubar, die Kassenlage derart angespannt, dass eine spürbare qualitative Aufwertung des Kaders nicht zu erwarten steht (oder reine Glücksache wäre) – die Champions League, das weiß der 26-Jährige mehr als dass er es ahnt, wird er sich in Köln nur mit Kumpel am Fernseher anschauen können. Doch Podolski ist einer der wenigen, echten Milieuspieler; er braucht, wie in Köln, wie in der Nationalelf, das entsprechende Wohlfühl-Ambiente, um seine Leistung zu bringen, um sein Talent auszuspielen. „Er will bleiben“, sagte FC-Boss Wolfgang Overath. „Hier lieben ihn alle.“ Und was sagt Podolski? „Momentan gibt es hier nichts zu bemängeln.“ Na also.