München. Beim FC Bayern München stimmt die Balance zwischen Defensive und Offensive. Seit 838 Minuten ist der FCB in Pflichtspielen ohne Gegentor. In der Champions League wartet nun die erste richtige Prüfung. Die Bayern empfangen Manchester City.

Als Jupp Heynckes am 27. Juni seine zweite Amtszeit als Trainer bei Bayern München begann, wusste er gleich, wo er den Hebel anzusetzen hatte. Fast schon gebetsmühlenartig predigte er den Stars des deutschen Fußball-Rekordmeisters, dass die Abwehrarbeit das A und O sei, um wieder Erfolg zu haben. Die Botschaft scheint angekommen zu sein: Aus der Münchner Schießbude der vergangenen Saison ist ein echtes Bollwerk geworden, zumindest bis Dienstag sogar die beste Abwehr Europas.

Bis zum Champions-League-Gruppenspiel am Abend gegen Manchester City musste Nationalkeeper Manuel Neuer in elf Pflichtspielen inklusive DFB-Pokal und Königsklasse erst ein einziges Mal hinter sich greifen - beim 0:1 gegen Borussia Mönchengladbach zum Bundesligastart. Anschließend blieb er 838 Minuten ohne Gegentor, in der Bundesliga 568 Minuten. Zum gleichen Zeitpunkt der Vorsaison hatten die Bayern bereits acht Gegentreffer in der Liga kassiert, am Ende waren es gar 40.

44 Millionen Euro für die Defensive

Viel zu viel, nicht nur für den Geschmack von Heynckes. Die Bayern reagierten, nahmen rund 44 Millionen Euro in die Hand und verpflichteten in Neuer, Rafinha und Jerome Boateng drei Spieler für die Defensive. Heynckes legte zudem im Training von Anfang an großen Wert auf die Stabilität der Viererkette - mit Erfolg. "Es macht derzeit sehr viel Spaß, weil jeder für den anderen arbeitet", sagt Vizekapitän Bastian Schweinsteiger über das aktuelle Erfolgsrezept. Und van Buyten ergänzt: "Jeder ist nach Ballverlusten geil darauf, den Ball wiederzubekommen."

Selbst die in der Vergangenheit oft wegen ihrer schwachen Defensivleistungen kritisierten Superstars Franck Ribery und Arjen Robben sind sich im System Heynckes nicht mehr zu schade, nach hinten auszuhelfen. "Der Trainer hat von Anfang an klar gesagt, worauf er Wert legt", erklärt Ribery. Und das ist? "Disziplin in der Defensive." Der FC Bayern fange nun schon "vorne zu verteidigen an", sagt Neuer.

Die Balance stimmt beim FC Bayern

Inzwischen stimmt deshalb die von Heynckes gewünschte Balance zwischen Defensive und Offensive, zwischen solider Wertarbeit und gehobener Kunst - nach dem Motto: hinten möglichst viele Spaß-Bremsen, vorne viele Spaß-Fußballer.

War es in der vergangenen Spielzeit noch ein Leichtes, gegen die Münchner einen Treffer zu erzielen, laufen die gegnerischen Sturmreihen inzwischen in schöner Regelmäßigkeit gegen eine Mauer. "Das sind die Früchte der umfangreichen Arbeit", sagt Heynckes: "Es war mir von Anfang an klar, dass der FC Bayern anders spielen muss: kompakter, besser, homogener." Zuletzt hatte Neuer deshalb schon gewitzelt, dass der FC Bayern momentan eigentlich gar keinen Torhüter brauche. Im Training werde er mehr gefordert.

Für den 66 Jahre alten Heynckes war die Umkehr im Bayern-System - weg von der rein nach vorne ausgerichteten Taktik unter Louis van Gaal, hin zum kontrollierten Erlebnis-Fußball - eine Pflicht, um den geplanten Großangriff auf drei Titel überhaupt starten zu können. "Der Sturm gewinnt Spiele, die Abwehr Meisterschaften", betont er seit Wochen immer wieder. Die Bayern sind auf einem guten Weg. (sid)

Die Aufstellungen:

München: Neuer - Rafinha, Boateng, van Buyten, Lahm - Schweinsteiger, Luiz Gustavo - Müller, Kroos, Ribery - Gomez. - Trainer: Heynckes

Manchester City: Hart - Richards, Kompany, Kolo Toure, Clichy - Nasri, Barry, Yaya Toure, Silva - Agüero, Dzeko. - Trainer: Mancini

Schiedsrichter: Viktor Kassai (Ungarn)

Die Champions League im Live-Ticker:

FC Bayern - Manchester City 2:0
Die CL-Konferenz
Neapel - Villarreal 2:0
ZSKA Moskau - Inter Mailand 2:3
Trabzon - OSC Lille 1:1
ManUnited - FC Basel 3:3
Galati - Benfica Lissabon 0:1
Lyon - Zagreb 2:0
Real Madrid - Amsterdam 3:0