München. Die Ermitttlungen gegen den Bayern-Star wegen Brandstiftung ist nicht nur einer der größten Kriminalfälle in der Geschichte der Bundesliga, sondern auch die Geschichte einer menschlichen Tragödie. Hoeneß attackiert Justiz.
Er kam als größtes Talent aller Zeiten, sollte laut Bayern Münchens Präsident Uli Hoeneß "einer der besten Innenverteidiger der Welt" werden, seit Montagnacht aber steht Breno vor dem Trümmerhaufen seiner noch jungen Karriere. Die Verhaftung des Brasilianers wegen Flucht- und Verdunklungsgefahr nach dem dringenden Tatverdacht der schweren Brandstiftung ist einer der größten Kriminalfälle der Bundesliga-Geschichte, zugleich aber eine menschliche Tragödie: In der Hauptrolle ein Junge, der kam, um die Welt zu erobern, vom Schicksal verfolgt aber zusehen musste, wie sein Leben im hitzigen Bundesliga-Alltag nach und nach aus den Fugen geriet.
Vom Schicksal gebeutelt blieb Breno ein Einzelgänger
"Er hat anscheinend persönliche Probleme gehabt, die auch unbemerkt blieben, weil er seine normale Reha gemacht hat", sagte Bayerns Trainer Jupp Heynckes am Rande des 3:0 (2:0) gegen Bayer Leverkusen dem Internetsender "Liga total". Auch Brenos brasilianischer Weggefährte Rafinha gab zu: "Es war nicht einfach für ihn, dass er so lange nicht gespielt hat."
Aus Angst vor dem Karriereende soll sich der 21-Jährige nach Informationen des "Münchner Merkur" sogar in psychiatrische Behandlung begeben haben, bevor ihn die Nachricht der anstehenden dritten Knie-Operation seit eineinhalb Jahren wohl endgültig den Boden unter den Füßen entzogen hat.
Seit Samstag sitzt Breno Vinicius Rodrigues Borges in Untersuchungshaft, die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des dringenden Tatverdachts, dass er in der Nacht von Montag auf Dienstag seine rund 1,5 Millionen Euro teure Villa im Nobelviertel Grünwald in Brand gesetzt hat. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft hat sich der Anfangsverdacht mittlerweile erhärtet: Nichtsdestotrotz reagierte die vereinsführung des FC Bayern München hat mit Unverständnis und großer Verärgerung auf die Verhaftung. "Ich bin vollkommen vor den Kopf gestoßen", erklärte Bayern-Präsident Uli Hoeneß. "Es ist ein Ding der Unmöglichkeit, den Jungen jetzt ins Gefängnis zu stecken. Wir haben alles versucht, was wir tun können, um das Problem zu lösen", so Hoeneß. Massive Vorwürfe erhob Hoeneß gegen die Staatsanwaltschaft: "Wie sich die Münchner Staatsanwaltschaft aufspielt, steht in keinem Verhältnis. Das ist ein junger Mann, der am Boden liegt. Das ist unvorstellbar, den nun in Sippenhaft zu nehmen." Breno könne kein Deutsch und habe keinen Pass mehr. "Was soll er da verdunkeln? Wenn das unser Land ist, dann gute Nacht Deutschland."
München Stadelheim ist die vorläufige Endstationen des in Sao Paulo geborenen Verteidigers, der seit seiner Verpflichtung 2008 in München nicht glücklich wurde. "Wir sind ein Team, und Breno gehört dazu", sagte Torhüter Manuel Neuer zwar am Samstag, der Blick auf die vergangenen drei Jahre zeigt aber, dass Breno nur schwer den Anschluss fand - und größtenteils Einzelgänger blieb.
Bis heute sprach der kaum Deutsch
Die Integration in die Mannschaft scheiterte vor allem an der Kommunikation: Bis heute spricht Breno kaum Deutsch, seine Weggefährten suchte er in Landsmännern wie Luiz Gustavo und Rafinha. Für Momente der Frustration sorgten zudem immer wieder verletzungsbedingte Rückschläge, nach einem Kreuzbandriss im vergangenen Jahr zuletzt Operationen an Knie- und Sprunggelenk. Gewichtsprobleme und die in den vergangenen Monaten nicht enden wollende Reha taten ihr Übriges dazu, dass von dem Wunderknaben, um den einst Topklubs wie der AC Florenz, Juventus Turin und Real Madrid buhlten, in der schnelllebigen Bundesliga nicht mehr viel übrig blieb.
Seit 2008, als die Bayern den damals 18-Jährigen für rund zwölf Millionen Euro verpflichteten, wartet der Olympia-Dritte auf den ihm versprochenen Durchbruch. Tiefpunkt in der Zeit an der Isar war sicherlich sein Aussetzer, der 2011 gegen Inter Mailand (2:3) das Aus in der Champions League besiegelte. Unter Louis van Gaal spielte er sowieso kaum eine Rolle, sein Gastspiel in Nürnberg scheiterte nach der schweren Knie-Verletzung. Schon vor einem Jahr gestand Breno, der bisher in dreieinhalb Jahren 21 Mal für den Rekordmeister in der Liga auflief, in der "Bild am Sonntag": "In Brasilien hatte ich weniger Geld und weniger Luxus, aber ich war ein glücklicher Mensch. Hier habe ich Geld, aber mir fehlt alles andere."
Heynckes wollte ihm eine Chance geben
Heynckes zumindest wollte ihm bis Vertragsende 2012 eine Chance geben, förderte das Sorgenkind seit seinem Amtsantritt im Juni - aber das Knie spielte nicht mehr mit. "Ich kann mir vorstellen, dass das der Auslöser war", sagte der 66-Jährige, der von Brenos Problemen aber wenig gewusst haben will. Zu der sportlichen Talfahrt sollen nach Informationen der "Bild am Sonntag" auch Probleme mit Ehefrau Renata dafür gesorgt haben, dass Breno in der vergangenen Zeit öfter auffällig wurde.
Bereits vor zwei Wochen soll er apathisch in seiner Hauseinfahrt gelegen haben, in der Nacht des Brandes zudem 1,5 Promille gehabt haben. Zumindest Bayern München steht nach wie vor hinter ihm: "Wenn es eine Möglichkeit gibt, ihn gegen Kaution freizubekommen, werden wir mit Sicherheit alles dafür tun", versprach Präsident Uli Hoeneß. Der Verein ist für das einstige Jahrhunderttalent aber wohl der letzte Rückhalt in Deutschland. (dapd)