Wolfsburg. Rekordnationalspielerin Birgit Prinz beklagt eine „Hetzjagd“ gegen sich und will der Nationalmannschaft weiter helfen. Auch von der Bank aus. Denn ohne Prinz hat Deutschland 4:2 gegen Frankreich gewonnen.

Am Anfang ist es nur eine Turnhalle, irgendwo im Land, eine von tausend. Ein grüner Zierstreifen zieht sich an den Wänden entlang und da erst weiß man: Hier ist Wolfsburg. Grün ist die Farbe des VfL, dessen Sporthalle der DFB nun nutzen darf. Dann kommt Birgit Prinz, setzt sich ans Podium und macht diesen Mittag im wohl tristesten Medienzentrum dieser WM mit bemerkenswerten Sätzen zu einem Erlebnis, von dem man schon weiß, dass es, anders als viele Spiele, haften bleibt.

Denn im Grunde ist die Geschichte von Birgit Prinz und dieser Weltmeisterschaft in den letzten Tagen ja in allen Facetten erzählt worden. Nur Prinz hat noch nichts gesagt, aber trotzdem glaubt man, alles zu wissen: Sie hat zweimal nicht gut gespielt, sie hat ihre Auswechslung gegen Nigeria sehr frustriert und wütend quittiert. Danach stand Birgit Prinz im Wind, es blies und stürmte aus allen Richtungen, und von Teilen der Medien ist das sich anbahnende unrühmliche Ende einer großen Laufbahn durchaus lustvoll zelebriert worden.

Birgit Prinz hat das hart getroffen, vielleicht, weil es so etwas im Frauenfußball in dieser Intensität noch nicht gegeben hat. Gegen Frankreich blieb sie draußen – sie konnte nicht mehr. Alle Welt weiß, dass Prinz die Bundestrainerin darum gebeten hatte. Auch was danach kam, ist bekannt: Ohne sie zeigt Deutschland das beste Spiel des Turniers, siegt 4:2, und die 33-jährige dreifache Weltfußballerin scheint niemand mehr zu brauchen.

Birgit Prinz hat das alles noch einmal geschildert, und zwar sehr klar und sehr nachdenklich. Sie hat erzählt, wie tief sie die Kritik getroffen hat. Dass sie mit dem Gedanken gespielt hat, die Brocken zu schmeißen: „Ja, in der ersten Emotion gab es Momente, in denen ich gedacht habe, warum tust du dir das an?“ Das aber ging vorbei. Das Gefühl, ungerecht behandelt worden zu sein, dagegen blieb: „Es hatte etwas von einer Hetzjagd“, sagt Prinz. Sie erzählt, ruhig, durchdacht, von ihren Eindrücken: vom Gefühl, angegriffen zu werden. Von ihrer Überzeugung, dass ein Teil der Meute auf Fehler gewartet hat. „Ich weiß ja“, nickt Prinz, „wie Medien funktionieren.“ Aber die Heftigkeit hat sie getroffen. So gesehen ist der Frauenfußball in der Normalität angekommen. „Wenn das so ist, dann freue ich mich“, sagt sie. Es ist das einzige Mal, dass sie ironisch wird.

Kein Grund, die Startelf
für Japan umzubauen

Nun hat sie ihre Pause hinter sich, nun glaubt sie, dass sie „die PS wieder auf die Straße bringen“ kann. Ihr Team aber hat ohne sie 4:2 gewonnen. Natürlich muss die Frage kommen, ob sie an ein Comeback glaubt. Es sind die stärksten Momente von Birgit Prinz: Sie will spielen, versteht sich. Aber dann sagt sie, dass es keinen Grund gebe, die Startelf für die Viertelfinalbegegnung mit den Japanerinnen umzubauen. Und wenn es denn jetzt ihre Rolle sei, von außen zu helfen, dann werde sie das tun. „Meine Idee“, sagt sie noch, „ist immer der Teamsport gewesen. So verstehe ich mich. Auch, als ich noch ganz oben stand.“ Dann geht sie. Es ist ein Abgang in Würde. Einer, den ihr niemand mehr nehmen kann.