Dresden. . Eine intensive Vorbereitung und ein erstklassiger Liga-Betrieb machen das US-Team sehr selbstsicher. 18 Millionen Mädchen und Frauen spielen in den USA Fußball, mehr als in jedem anderen Land der Erde.

Pia Sundhage trägt einen Trainingsanzug und ein weit gereistes Gesicht. Die frühere schwedische Rekord-Nationalspielerin hat in Europa, China und Nordamerika gearbeitet, jetzt ist sie Trainerin des Teams USA und sagt: „Natürlich sind wir bei der WM, um den Titel zu holen.“ Pause, einige Zuhörer räuspern sich, und die 51-Jährige legt nach. „Warum sollten wir denn sonst in Deutschland sein?“ Eine Frage, die nicht nach Frage klingt.

Am Tag vor dem Eröffnungsspiel gab es in Deutschland eine Umfrage unter 1100 Menschen. 54 Prozent konnten dabei nicht einen einzigen Namen einer deutschen Nationalspielerin nennen, 90 Prozent sagten aber: Deutschland wird Weltmeister! Vielleicht trifft Pia Sundhage bei der WM deshalb immer wieder auf diese Räusperer.

Neben ihrer Trainerin grinst Rachel Buehler so selbstsicher wie eine ganze Herde Honigkuchenpferde. Die Innenverteidigerin, die beim 2:0-Sieg gegen Nordkorea den zweiten Treffer erzielt hat, glaubt: „Dieser Erfolg zum Auftakt gibt uns noch mehr Selbstvertrauen.“

Dabei ist es nicht der überzeugende Sieg, der Buehler und Co. so sicher wirken lässt, es ist das System des US-Frauenfußballs. 18 Millionen Mädchen und Frauen spielen dort Fußball, mehr als in jedem anderen Land der Erde. Es gibt dort fast so viele Talente wie Grashalme auf den Rasenplätzen, und sie werden gefördert. Mädchen, die in der Highschool gute Fußballerinnen sind, erhalten am College ein Stipendium. Von dort geht es oft weiter in die WPS, in die einzige Profiliga für Fußballfrauen.

Doch selbst danach ist der Weg nicht zu Ende. Mia Hamm, Olympiasiegerin von 1996 und zweimalige Weltmeisterin im US-Trikot, hat zwar 2004 mit dem Fußball aufgehört, doch sie verdient heute besser als je zuvor. In Dresden sitzt sie im ärmellosen roten Shirt auf der Tribüne, die Zuschauer erkennen sie trotz der Sonnenbrille und holen Autogramme. Die 39-Jährige hat sich für die WM frei genommen, zu Hause buchen reiche Eltern Stunden bei ihr, damit sie deren Töchtern die besten Tricks am Ball zeigt.

Auf diesem Fundament aus Masse und Klasse fußt die Arbeit von Pia Sundhage. Als sie ihren Job 2007 antrat, sorgte sie zunächst für Verwirrung, denn statt einer Ansprache sang sie den Dylan-Song „The times they are a-changin’“. Aber die Zeiten änderten sich wirklich. Team USA, das zuletzt 1999 Weltmeister war, gewann 2008 mit Sundhage an der Linie sofort Olympiagold in Peking. Seitdem glauben die Spielerinnen an die Schwedin.

„Sie weiß, was sie tut“, findet Alex Krieger. Die rechte Verteidigerin hat für Sundhage sogar vorzeitig ihren Vertrag beim 1. FFC Frankfurt aufgelöst, denn die Trainerin nominierte den Kader schon 50 Tage vor dem ersten WM-Spiel. Also kündigte Krieger in Frankfurt und flog in ein endloses Trainingslager. Ihren Bruder, der Friseur in New York ist, sieht sie erst jetzt nach Monaten wieder: „Er ist zur WM nach Dresden geflogen“, erzählt sie.

Sogar Mütter schieben ihre Familie fürs Team nach hinten. Christie Rampone hat ihre beiden Kinder bei den Großeltern gelassen, aber die 36-Jährige spielt nicht wie eine Mutti, sondern räumt gnadenlos im eigenen Strafraum auf. Von dort fliegt der Ball steil nach vorne, oder die Spielerinnen in den weißen Trikots ziehen ihr Kombinationsspiel auf. Gegen Nordkorea sah das wunderschön aus: Glanz in Weiß.

Nur eins passt überhaupt nicht zum Selbstvertrauen. Am 17. Juli, dem Tag des WM-Finales in Frankfurt, hat die US-Profiliga ein Punktspiel angesetzt. Sky Blue gegen Western New York Flash. Kämen die USA ins Finale, müssten drei Nationalspielerin zeitgleich in der Liga antreten. Ob sich dann Geld (Liga) oder Ehre (Finale) durchsetzen, wird man erst beim Anpfiff sehen.