Frankfurt. . Birgit Prinz spielt in der Nationalmannschaft keine so wichtige Rolle mehr wie früher. Sie kann und will kein Aushängeschild sein. Bei ihren Kolleginnen ist die Rekordnationalspielerin weiter unumstritten.

Vielleicht sagt es viel über Birgit Prinz, dass ihre Geschichte mit einem Satz von Ariane Hingst beginnt. Hingst teilt sich während der Frauenfußball-WM ein Zimmer mit Prinz. „Die Birgit“, sagt sie, „braucht mich nicht als Seelenklempner.“

Man könnte die Geschichte auch so beginnen: Der Deutsche Fußball-Bund hat zur WM einen Hefter drucken lassen, schwarz-weiß, 36 Seiten. Darin stehen die Steckbriefe aller Nationalspielerinnen, eine Menge Daten und Statistiken und schließlich ein Absatz mit persönlichen Informationen. Bei zwei Spielerinnen ist er extrem kurz ausgefallen, drei Zeilen lang. „Hat einen Hund mit dem Namen Dona – würde gerne einmal mit Zidane und Cristiano Ronaldo in einer Mannschaft spielen“, steht bei einer. „Ist staatlich geprüfte Masseurin – hätte gern den starken linken Fuß von Lukas Podolski“, steht bei der anderen. Die eine: Almuth Schult, dritte Torhüterin. Die andere: Birgit Prinz, Ikone.

Und? Eben.

Wer die beiden Episoden zusammen nimmt, bekommt einen Eindruck davon, womit Birgit Prinz es gerade zu tun hat. Sie ist die Überfigur des deutschen Frauenfußballs, aber es könnte sein, dass sie Trost bei ihrer Zimmergefährtin Ariane Hingst suchen muss, weil sie mit dieser WM im Nationalteam aufhört. Oder weil die Leute jetzt schon raunen, sie sei zu langsam, zu alt. Und dann ist sie auch noch ein Mensch, der so gar nicht in die neue Frauenfußball-Leichtigkeit passt, die noch zwei Wochen lang durchs Land schweben wird. Prinz gibt ungern etwas von sich preis, bei öffentlichen Auftritten friert sie regelrecht ein.

Seit zehn Jahren wird der Titel „Weltfußballerin des Jahres“ vergeben, ganze drei Spielerinnen haben sich alle geteilt. Die Amerikanerin Mia Hamm, hübsch und eloquent, spielt ihre Rolle als lächelnde Botschafterin des Frauenfußballs perfekt, auch jetzt, Jahre nach ihrem Karriere-Ende. Die Brasilianerin Marta gilt außerhalb des Platzes als schüchtern, aber sie hat es geschafft, dass sie nur an ihrer Leistung gemessen wird. Birgit Prinz, die den Titel dreimal gewonnen hat, soll mehr sein. Aushängeschild. Das kann sie nicht, das will sie nicht. Wie zur Strafe wackelt jetzt in der Öffentlichkeit das Standbild des Frauenfußballs.

Es gibt schon einen bösen Vergleich, er trägt den Namen Michael Ballack. Tatsächlich wird er Prinz nicht gerecht, weil sie in ihrem Sport aus Höhen kommt, die Ballack in seinem nie erreicht hat: Zweimal Welt-, fünfmal Europameisterin, zehn nationale Meisterschaften, 213 Länderspiele, 128 Tore. Rekord, alles.

Wahr ist aber auch: Birgit Prinz ist mit 33 Jahren nicht mehr die Spielerin, die sie mit 25 war. Jemand hat ausgerechnet, dass sie zwischen ihren WM-Titeln von 2003 und 2007 glatte 50 Tore für die Nationalelf geschossen hat. Und seitdem noch zwölf. Sie hat in der Vorbereitung nicht einmal getroffen, sie ist beim Auftaktspiel gegen Kanada nach einer knappen Stunde ausgewechselt worden, und eine junge Wilde namens Alexandra Popp hat, anders als sie, danach aus allen Lagen gefeuert.

Birgit Prinz erklärt dann, dass sich ihr Spiel geändert habe, dass sie es nicht mehr wichtig finde, wer die Treffer erzielt. Dass sie längst hinter der Spitze spiele. Sie registriert, und das ist der fundamentale Unterschied zum Fall Ballack, wie geschlossen ihr Bundestrainerin und Team zur Seite stehen. Niemand schert aus: Prinz bleibt Prinz und damit unantastbar.

„Es gibt bei uns kein Jung gegen Alt“

„Das ganze Gerede kommt doch nur von außen“, sagt Ariane Hingst, die ihren Stammplatz nach langen Jahren an eine der Jungen verloren hat: „Es glaubt einem ja doch keiner, aber bei uns gibt es kein Jung gegen Alt. Und schon gar keine Diskussionen um Birgit.“ Auch, weil Prinz privat nicht halb so spröde und ernst sein soll, wie sie sonst wahrgenommen wird.

Sie wird nach dem Turnier ihr Psychologiestudium beruflich nutzen, am liebsten in der Betreuung von Spitzensportlern. Vielleicht hängt sie noch ein Jahr beim FFC Frankfurt dran, ein würdiger Abschied bei der WM dürfte ihr Ja erleichtern. Und um das noch zu klären: Auch Poldis linker Fuß könnte hilfreich sein.