Frankfurt/Main. Bundestrainer Joachim Löw hat Michael Ballacks Karriere in der Nationalmannschaft beendet. Ein Rückblick auf den Abtritt anderer verdienter Spielführer und die Stimmen unserer Leser zum Ende der Ära Ballack.

Er hatte ausgespielt, jedenfalls in der Nationalmannschaft. Mit seinem Abschied von Bayern München 1977 war Franz Beckenbauers Karriere im Auswahlteam vorbei. Den Wechsel des Kaisers in die "US-Operettenliga" zu Cosmos New York verziehen ihm die Granden des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) nicht.

"Wir brauchen ihn nicht", sagte DFB-Präsident Hermann Neuberger im Vorfeld der WM 1978 in Argentinien. Ähnlich geht es Joachim Löw mit Michael Ballack - der langjährige "Capitano" spielt in den Planungen des Bundestrainers keine Rolle mehr. "Die vergangenen Monate haben gezeigt, dass viele junge Spieler in den Blickpunkt gerückt sind und gute Perspektiven besitzen" sagte Löw, obwohl sich der 98-malige Nationalspieler Ballack nach einer Rückkehr sehnte.

Bei den Ehrenspielführern Uwe Seeler und Fritz Walter war die Rollenverteilung umgekehrt. HSV-Ikone Seeler stand dem Nationalteam 1970 in Mexiko zum vierten Mal bei einer WM zur Vergügung, dabei hatte er zwei Jahre zuvor seinen Rücktritt erklärt. Teilweise aus beruflichen Gründen. Denn Seeler war nicht nur Torjäger, sondern auch bei adidas beschäftigt. "Aber ich hatte damals auch eine Rückenverletzung und wollte mich entlasten", sagte der erste Torschützenkönig der Fußball-Bundesliga.

Doch den Überredungskünsten von Helmut Schön war Seeler nicht gewachsen. Nach der Niederlage im Jahrhundertspiel im Halbfinale gegen Italien und dem Spiel um Platz drei gegen Uruguay war dann aber endgültig Schluss. In seinem letzten Einsatz für Deutschland trug Seeler zum 40. Mal die Kapitänsbinde.

Auch Fritz Walter widerstand der Versuchung nicht

Auch Fritz Walter widerstand der Versuchung eines zweiten Anlaufs nicht. Der WM-Held von 1954 hatte verletzungsbedingt zwischen 1956 und 1958 nur vier Länderspiele bestritten und stand kurz vor dem endgültigen Rücktritt. Dem Buhlen von Trainer Sepp Herberger gab der Pfälzer dennoch nach und fuhr mit zu den Titelkämpfen in Schweden. Kapitän war er nicht mehr. Unglücklicherweise verletzte sich Walter bei der Halbfinal-Niederlage gegen Schweden. Das 61. Spiel, davon 30 als Kapitän, war der letzte Auftritt im Trikot der DFB-Auswahl.

Lothar Matthäus kostete eine Verletzung nicht die Karriere im Nationalteam, aber das Kapitänsamt war er nach einem Achillessehnenriss 1994 im Anschluss an die verkorkste WM los. Der damalige Bayern-Spieler verpasste trotz erfolgreicher Genesung die EURO 1996 (Matthäus witterte eine Intrige von Bundestrainer Berti Vogts und Jürgen Klinsmann), seinen endgültigen Ausstand gab der Weltmeister aber erst nach der 0:3-Demontage gegen Portugal bei der EM 2000.

Als Klinsmann nach dem EM-Debakel 2004 in die Fußstapfen von Rudi Völler trat, traf Oliver Kahn das gleiche Schicksal wie Matthäus zehn Jahre zuvor. Der Torwart-Titan wurde als Kapitän abgesetzt. Nach der Degradierung blieb Kahn der DFB-Auswahl aber weiter treu, selbst als er hinter Jens Lehmann ins zweite Glied rückte. Seine Abschiedsvorstellung gab er bei der Heim-WM 2006 beim 3:1 im Spiel um den dritten Platz gegen die Portugiesen.

Kahns Nachfolger Ballack hat beim Länderspiel gegen Brasilien im August die Chance auf einen würdigen Abgang. "Michael sollte sich jetzt nicht in einen Schmollwinkel zurückziehen, sondern diese Geste annehmen", sagte Reiner Calmund dem Hamburger Abendblatt.

Reaktionen unserer Leser

Tja, ob er dieses Angebot annimmt, der "El Capitano"? So wird man denn schleichend ausgemustert. Aber mal ehrlich, unser Team hat ohne ihn teilweise begeisternden Fußball gespielt. Vielleicht ist ja ein Umbruch dringend notwendig gewesen! Ich hab keine Ahnung, was da hinter den Kulissen mit Ballack im Vorfeld schon verhandelt wurde. Ich hoffe mal, er hat eine ehrliche Ansage rechtzeitig erhalten, denn linkes Gemauschel hat er nicht verdient! von watislos

Die Nationalmannschaft spielt ohne Michael Ballack wesentlich besser. Ich gönne Michael Ballack durchaus ein Abschiedsspiel, doch das Team sollte dann auch vom amtierenden Kapitän Philipp lahm angeführt werden und nicht vom ausgemusterten Ballack. von JackHoffman

Ballack wurde sowieso immer überbewertet. Ich konnte mit dem nicht viel anfangen, aber die 100 hätte man ihn schon noch voll machen lassen können. von schranzbaum

Ballack hätte von sich aus den Absprung schaffen müssen. Es war nicht das Alter sondern seine schweren Verletzungen. von lightmyfire

Ballack hatte seine große Zeit bei der WM 2002. Später ist er mir nur noch als Rückpassspieler aufgefallen, der in wichtigen Spielen, wenn es wirklich mal auf einen echten Führungsspieler angekommen wäre, abgetaucht ist. Schade, dass manche einfach nicht einsehen wollen, dass der Zug abgefahren ist. Erinnert mich an Loddar M., der 1990 überragend gespielt hat und später einfach nur noch peinlich war. von Diomedes

Eigentlich war er schon vor der WM2010 nicht mehr der Spielgestalter. Peinlich sein Auftreten mit seiner Verletzung beim laufenden WM-Turnier zu erscheinen, um sich vom Mannschaftsarzt behandeln zu lassen. War mal ein Guter, aber jetzt Schlussstrich. von denklicher

Ballack hätte von sich aus den Absprung schaffen müssen. Es war nicht das Alter sondern seine schweren Verletzungen. von lightmyfire

Der Abgang passt doch zur ewig beleidigten Leberwurst und Heulsuse Ballack, der zu den meist überschätzten Spielern des letzten Jahrzehnts gehört. Und das Gejammer der Vizekusener ist ja auch verständlich, sie müssen ja irgendwie die Millionen rechtfertigen, die sie noch für so einen Ergänzungsspieler ausgegeben haben. von glimmertwin

Ballack hat wohl eher als Liebling der Frauen eine Fußballkarriere gemacht und konnte sich deshalb auch recht lange im Gespräch halten. Als Fußballer hat er mich nie überzeugt, bestenfalls Mittelmaß mit schicker Frisur, sein Verhältnis zu Löw war immer angespannt. Seine Erfolge im Ausland waren auch eher finanzieller Art, weniger als überragender Kicker. Aber es ist meine persönliche Meinung! Von Stadtkompass

Er hatte einen anderen Stil. Er kann von sich behaupten, als einer der wenigen Deutschen zu einer Zeit im Ausland bei einem Top-Club aktiv gewesen zu sein, als der dt. Fußball am Boden lag. Es ist auch sein Verdienst, dass Spieler wie Schweinsteiger dazu lernten. von Tadaa

Der ewige Zweite. Dennoch, zu seinen besten Zeiten ein überragender Kicker. Bei der WM 2002 haben wir wahrscheinlich den besten Ballack gesehen. Wäre er im Finale nicht gesperrt gewesen, hätten wir den Titel geholt. Aber so ist das, der Eine geht und der Andere kommt. von Kronenschmeckt

Löw mag ja im sportlichen Sinne keine andere Wahl gehabt haben (wobei man selbst hier vielleicht noch diskutieren könnte). Bei der Art und Weise, wie er Ballack seit der WM (nach den ersten erfolgreichen Spielen) behandelt hat, hatte er ganz sicher andere Möglichkeiten. Das Verhalten unseres Bundestrainers ist schlicht schäbig - und das nicht erst im Falle Ballack. von HorstiBorsti

Schäbig ist genau das richtige Wort. Löw hätte die Pflicht gehabt die Personalfrage Ballack zügig zu entscheiden. Immer wieder gebetsmühlenartig die Wichtigkeit des "Capitano" zu wiederholen und ihn dann so vor die Tür zu setzten ist billig. Wenn ich als Trainer Verbindlichkeit von meinen Spielern einfordere, muss ich das vorleben und kann mich nicht feige vor einer Entscheidung drücken. von MeisterallerKreisklassen

Der Umgang des DFB und Löw mit Ballack ist mehr als fragwürdig! Ein erfahrener Mann wie Ballack wäre bei der EM 2012 sicher ein wertvoller Trumpf und Rückhalt für die Jungspunds der Nationalelf! Bei den letzten Spielen wurde deutlich, dass Erfahrung fehlte! Herr Löw wird erneut bei der nächsten EM erfolglos sein, das deutet sich an! von moin-moin

Diesen Umgang hat Ballack nicht verdient. Es ist einfach nur beschämend, wie sich Löw verhalten hat. Von einem Bundestrainer hätte ich mehr Anstand und Charakter erwartet. Das er auf Ballack verzichten möchte ist sein gutes Recht. Aber das Wie ist eines Bundestrainers nicht würdig. Davon abgesehen hat Löw bis jetzt nicht einen Titel geholt. Es wird langsam Zeit, sonst sollte man über einen Trainerwechsel nachdenken. Menschlich wäre dieser schon lange überfällig. von BLau_weisses_zebra

Michael Ballack war jahrelang der einzige deutsche Spieler in der "erweiterten Weltklasse". Dass er nach seiner Verletzung nicht zurück in die Nationalelf gekommen ist, hat meiner Ansicht nicht rein sportliche Gründe. Ich vermute eher, dass er als Person keinen großen Rückhalt im Team hat. Zumindest hat seit Monaten kein einziger aktueller Nationalspieler öffentlich den Wunsch zur Rückkehr von Michael Ballack geäußert. von blauweissesblut

Hochachtung für Michael Ballack. Er hat das Almosenspiel das ihm dieser unfähige Nationaltrainer angeboten hat abgelehnt. Michael Ballack hat noch Ehre und Würde die im hoch anzurechnen ist. Herr Löw, war wohl doch nicht alles im Einvernehmen mit ihrem Ex-Kapitän wie Sie behaupten. Armselig ist und veraltet ist Ihr Führungsstil und ich wünsche mir, dass sie irgendwann genauso abserviert werden. von Die.Leserin

Schwache Leistung Herr Löw.... erinnert mich an den Abgang von Bernhard Dietz. Ich bin einfach sprachlos. von astor97

Nun ja, Ballacks beste Zeit ist rum. Aber der Ton macht die Musik. Das Verhalten Löws ist einfach link. Nicht erst seit dem Fall Ballack. Von ditku
(mit sid)