Mainz. . 90 Minuten Powerfußball und ein fulminanter Schlussspurt haben den deutschen Weltmeisterinnen eine erfolgreiche Generalprobe für die Heim-WM beschert. Im letzten Text vor der WM besiegte das Team von Bundestrainerin Silvia Neid Norwegen mit 3:0.

Silvia Neid gilt als Perfektionistin. Die Bundestrainerin der deutschen Frauen-Nationalmannschaft steht im Ruf, nichts dem Zufall zu überlassen. Wochenlang hat sie ihr Team für die Frauen-WM getrimmt, die am 26. Juni beginnt. Als die Sportschule in Bitburg erfahren hat, dass die Mannschaft zu einem Lehrgang kommt, ist der Rasen des Trainingsplatzes auf 28 Millimeter Länge gemäht worden, angeblich auch auf Wunsch der Trainerin. Und doch spielt ein kleines bisschen Aberglaube bei Silvia Neid mit. Es heißt, sie vertraue auf eine Kette als Glücksbringer. Und dass die Nationalmannschaft gestern Abend ihre WM-Generalprobe beim 3:0 (0:0) in Mainz und gegen Norwegen bestritten hat, ist wohl auch kein Zufall.

Schon vor vier Jahren hatte sich der DFB für den letzten Test vor der Frauen-WM in China die Norwegerinnen als Gegner ausgesucht. Wo? In Mainz. Das Spiel endete, was kaum noch jemand weiß, 2:2. Aber der Gedanke, dass Silvia Neid und ihr Team danach Weltmeister geworden sind, der hat sich tief ins Bewusstsein eingebrannt.

So gesehen stehen die Chancen für die Titelverteidigung bestens. Was das Team gestern Abend in Mainz geboten hat, war zwar lange Zeit ausbaufähig. Aber auch danach wird nach einem tollen Schlussspurt mit drei Toren innerhalb von fünf Minuten kaum noch jemand fragen. Doch im Gegensatz zu den Testspielgegnern Italien und Niederlande, die beide mit 5:0 geschlagen wurden, die aber beide auch nicht für die WM qualifiziert sind, tat sich das Team von Silvia Neid gegen den WM-Teilnehmer aus Norwegen durchaus schwer.

Das galt überraschenderweise auch für die Abwehr, in der Neid ihre Stammformation gefunden hat. Nicht, dass Norwegen übertrieben gefährlich gewesen wäre: Die Fehler produzierte Deutschland mit einigen Querschlägern schon selber. Die Missverständnisse setzten sich auch im Spielaufbau fort, obwohl die Trainerin nur auf der Position im linken Mittelfeld experimentierte. Dort steht Glamour-Girl Lira Bajramaj im Zweikampf mit der eher kernig-robusten Melanie Behringer. In Mainz überraschte Neid mit der Variante, beide erst gemeinsam nach der Pause zu bringen.

Den Mainzern war’s egal, die 13 812, die gekommen waren, feierten das Team, das sich spät nach der Pause mit drei schönen Treffern bedankte. Weil die Ausgeglichenheit des deutschen Kaders als großes Plus gilt und Silvia Neid noch einmal experimentieren wollte, wechselte die Trainerin nach einer durchwachsenen ersten Halbzeit munter durch. Vor allem Behringer und die junge Duisburger Stürmerin Alexandra Popp sorgten für mächtig Schwung. Lange roch’s trotzdem nach einem 0:0, einmal musste sogar Torhüterin Nadine Angerer eingreifen, um mit einem Reflex das 0:1 gegen Leni Larsen Kaurin zu verhindern.

Dann aber kam die große Show der kleinen Alexandra Popp: Direkt nach dem umjubelten 1:0 von Simone Laudehr per Kopf nach einer Behringer-Ecke (79.) tankte sich Alexandra Popp durch – perfekt war das 2:0. Und weil’s so schön war, legte Popp mit einem Flugkopfball auch noch das 3:0 drauf. Weil Silvia Neid dazu neigen dürfte, an Birgit Prinz und Inka Grings festzuhalten, dürfte Popp nur die Jokerrolle bleiben. Die aber besetzt die 21-Jährige nahezu perfekt.

Joker gefunden, wieder die Generalprobe in Mainz gespielt, wieder gegen Norwegen und dann noch gewonnen: Was soll da eigentlich noch schief gehen? Sieht aus, als könnte die WM beginnen.